Entscheidungsstichwort (Thema)

Kranken- und Pflegeversicherung. freiwilliges Mitglied. Beitragsbemessung. Berücksichtigung des Erziehungsbeitrags im Pflegegeld nach § 39 SGB 8

 

Leitsatz (amtlich)

Der im Pflegegeld enthaltene Erziehungsbeitrag ist als beitragspflichtiges Einkommen in voller Höhe bei der Beitragsbemessung zur freiwilligen Krankenversicherung zu berücksichtigen.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 22.08.2019 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander Kosten auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob das Erziehungsgeld, das die Klägerin für drei Pflegekinder bezieht, bei der Berechnung der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung zu berücksichtigen ist.

Die 1969 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 14. April 2009 freiwillig kranken- und pflegeversichert. Seit dem 14. April 2009 betreut sie die Pflegekinder D (geboren 2004) und F (geboren 2008) und seit dem 1. Juni 2014 zudem das Pflegekind M (geboren 2013). Die Klägerin erhielt neben den Leistungen für materielle Aufwendungen der Pflegekinder für ihre Tätigkeit als Pflegemutter Leistungen der Jugendhilfe nach den §§ 39, 27 und 33 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) im Zeitraum Januar bis März 2016 in Höhe von 1.892,00 EUR monatlich. Die Beklagte zog dieses Erziehungsgeld bei der Beitragsberechnung zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung heran. Für den Zeitraum Januar bis März 2016 ergab sich unter Einbeziehung des erhaltenen Erziehungsgeldes ein monatlicher Gesamtbetrag für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 335,83 EUR.

Mit Schreiben vom 14. August 2016 beantragte die Klägerin die Überprüfung der Beitragshöhe rückwirkend ab März 2016. Zur Begründung verwies sie auf die Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 11. März 2016 (L 1 KR 140/14), woraus sich ergebe, dass der Erziehungsbeitrag von den Krankenversicherungen nicht als Einkommen bestimmt werden dürfe.

Mit Bescheid vom 22. September 2016 stufte die Beklagte den Beitrag der Klägerin im Zeitraum vom 1. September 2016 bis zum 31. März 2017 in Höhe des gesetzlichen Mindestbeitrags in Höhe von 171,89 EUR, bzw. ab dem 1. Januar 2017 in Höhe von 178,00 EUR ein.

Nach erneuter Überprüfung ging die Beklagte wiederum davon aus, dass das Erziehungsgeld für die Ermittlung der Beitragshöhe zu berücksichtigen sei und teilte der Klägerin mit Bescheid vom 29. März 2017 mit, dass noch kein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) über die Verbeitragung der Einnahmen in Form des Erziehungsgeldes vorliege und daher ab dem 1. April 2017 die Beiträge wiederum auf der Grundlage von nunmehr 1.896,00 EUR Erziehungsgeld berechnet würden. Der Beitrag betrage 340,33 EUR. Ab dem 1. September 2017 erhob die Beklagte aufgrund eines höheren Erziehungsgeldes in Höhe von monatlich 2.046,00 EUR Beiträge in Höhe von 344,14 EUR.

Die Klägerin legte am 6. April 2017 Widerspruch ein, den sie dahingehend begründete, dass eine Entscheidung des BSG nicht abgewartet werden müsse. Immerhin handele es sich bei dem LSG Berlin-Brandenburg ebenfalls um ein Obergericht. Auch sei ihr Antrag, rückwirkend die zu viel gezahlten Beiträge erstattet zu erhalten, nicht beantwortet worden. Das Erziehungsgeld diene nicht der Finanzierung des allgemeinen Lebensbedarfs oder einer Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Pflegepersonen, sondern der Finanzierung der Erziehungskosten. Die Höhe der Leistungen nach § 39 SGB VIII richte sich daher auch nach den Kosten der Erziehung und nicht etwa nach den Kosten des Lebensbedarfs der Pflegepersonen.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2017 als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, dass anders als die pauschalierten Leistungen für den Unterhalt des jeweiligen Pflegekindes das nach dem SGB VIII gewährte Erziehungsgeld als beitragspflichtige Einnahme der Pflegeperson zu berücksichtigen sei. Daher sei die Beitragsfestsetzung bis zum 31. August 2016 und ab dem 1. April 2017 korrekt erfolgt. Im Zeitraum vom 1. September 2016 bis zum 31. März 2017 sei es hingegen fehlerhaft zu einer zu geringen Beitragsfestsetzung gekommen, woraus sich jedoch aufgrund des Vertrauensschutzes keine Forderung gegenüber der Klägerin ergebe.

Dagegen hat die Klägerin am 12. Januar 2018 Klage vor dem Sozialgericht Schleswig erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 3. Juli 2013 - B 12 KR 27/12 R) Sozialleistungen beitragsfrei seien, die nicht in erster Linie auf die Befriedigung des allgemeinen Lebensunterhaltes ausgerichtet seien, sondern denen eine besondere Zweckbestimmung innewohne und bei denen die Gefahr bestünde, dass die Erfüllung des mit ihnen verfolgten Zwecks nicht mehr gewährleistet wäre, wenn dem Betroffenen die Leistung nicht ungekürzt zur Verfügung stünde.

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,

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