Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Hilfebedürftigkeit. Vermögensberücksichtigung. selbst genutztes Hausgrundstück. Verwertung. lebenslanges Nießbrauchsrecht. mehrere Wohneinheiten
Leitsatz (amtlich)
Die Verwertung (Verkauf, Beleihung) eines unangemessenen Hausgrundstücks ist auch bei Belastung mit einem lebenslangen Wohnrecht möglich (entgegen BSG vom 6.12.2007 - B 14/7b AS 46/06 R).
Orientierungssatz
Zur Frage der Schutzwürdigkeit eines selbst genutzten Hausgrundstückes iS von § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB 2, wenn dieses aus mehreren Wohneinheiten besteht.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 11. September 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Umwandlung von darlehensweise gewährten Leistungen in einen Zuschuss.
Der 1960 geborene Kläger ist Eigentümer eines Hausgrundstücks mit einer Größe von 1.190 qm. Das Haus hat eine Wohnfläche von 128 qm. Das Hausgrundstück wurde dem Kläger im Jahre 2001 unentgeltlich von seinem Vater übertragen; an seinen Bruder und seine Schwester hatte er jeweils 10.000,00 EUR auszubezahlen. Eine Hypotheken- oder Grundschuldbelastung besteht nicht. Zugunsten der 1939 geborenen Stiefmutter besteht jedoch ein Wohnrecht. Der ursprünglich ebenfalls durch das Wohnrecht begünstigte Vater des Klägers ist zwischenzeitlich verstorben. Die Stiefmutter bewohnt in einer abgeschlossenen Wohneinheit die rechte Hälfte des Hauses mit ca. 70 qm Wohnfläche. Die linke Hälfte des Hauses wird vom Kläger und seiner geschiedenen Ehefrau genutzt. Er selbst bewohnt das Erdgeschoss mit einer Größe von ca. 40 qm; an die geschiedene Ehefrau ist ein Zimmer im Obergeschoss von ca. 18 qm Größe einschließlich der Mitbenutzung von Küche und Bad zu einem Mietzins von 55,- € vermietet.
Unter dem 3. Dezember 2004 beantragte der Kläger erstmals Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II). Dabei gab er an, dass er neben dem Hausgrundstück über Geldvermögen in Form eines Sparkassenvorsorgeplans in Höhe von 3.800,00 EUR verfüge. Der von der Beklagten eingeschaltete Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Kreis S. teilte unter dem 6. April 2005 mit, dass das Grundstück einen Verkaufswert von 147.692,00 EUR habe und eine rückwärtige Bebauung nicht in Betracht komme. Der Kläger selbst legte ein Gutachten des Diplomingenieurs E. vom 12. Februar 2001 vor, in dem ein Wert von 291.307,00 DM ermittelt worden war. Die Beklagte bewertete das Hausgrundstück als ungeschontes Vermögen und bot dem Kläger mit Schreiben vom 20. April 2005 die darlehensweise Hilfegewährung an. In dem gleichzeitig übersandten Darlehensvertrag war die Gewährung von Leistungen abhängig gemacht von der Eintragung einer Sicherungsgrundschuld über 25.000,00 EUR nebst 10 % Zinsen zugunsten der Beklagten. Mit Schreiben vom 2. Mai 2005 lehnte der Kläger Leistungen in Form von Darlehen ab.
Am 31. Mai 2005 beantragte der Kläger bei dem Sozialgericht Schleswig, ihm im Rahmen des Erlasses einer einstweiligen Anordnung Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren (Az.: S 7 AS 207/05 ER). In einem Erörterungstermin am 20. Juni 2005 schlossen die Beteiligten einen Vergleich u.a. mit folgendem Inhalt:
1. Die Antragsgegnerin bewilligt Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der Einnahmen aus Vermietung.
2. Der Antragsteller stimmt der Eintragung einer Grundschuld in Höhe von 25.000,00 EUR zu.
3. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass diese Vereinbarung in Abhängigkeit vom Hauptsacheverfahren steht.
4. Die Antragsgegnerin erklärt bereits jetzt ihre Zustimmung zur Löschung der Grundschuld, soweit im Hauptsacheverfahren rechtskräftig festgestellt wird, dass es sich bei dem Haus des Klägers um Schonvermögen handelt.
Daraufhin wurde am 11. August 2005 eine Sicherungshypothek auf das Grundstück des Klägers in Höhe von 25.000,00 EUR eingetragen.
Mit Bescheid vom 30. August 2005 gewährte die Beklagte für die Zeit von Januar bis Juni 2005 und mit Bescheid vom 21. September 2005 für die Zeit von Juli bis Dezember 2005 monatliche Leistungen in Höhe von 412,84 EUR, ohne diese ausdrücklich als Darlehen auszuweisen. In den Bescheiden war jeweils aufgeführt, dass der Kläger nicht versichert sei. Mit Schreiben vom 7. September 2005 legte der Kläger Widerspruch ein mit der Bitte zu klären, warum kein Versicherungsschutz bestehe. Mit Änderungsbescheiden vom 25. Oktober 2005 wurden für die Zeiträume Januar bis Juni 2005 und Juli bis Dezember 2005 die Leistungen jeweils ausdrücklich als Darlehen gewährt. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2005 unter Einbeziehung der Änderungsbescheide vom 25. Oktober 2005 zurückgewiesen.
Der Kläger hat am 14. November 2005 Klage erhoben. Er hat darauf verwiesen, dass er keinen Kranken- und Pflegeversicherungsschutz habe und nach dem Vergleich in dem Verfahren S 7 AS 207/05...