Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Erstattungspflicht des Arbeitgebers. Befreiungstatbestand. Ermittlung von Beschäftigungszeiten. konzernartige Verflechtung. Transfergesellschaft. betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der konzernartigen Verflechtung einer Transfer- bzw Beschäftigungsgesellschaft als betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit iS von § 175 SGB 3 aF mit der Ausgangsgesellschaft (§ 147a Abs 5 SGB 3).

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. März 2007 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Arbeitslosengeld (Alg) und geleisteter Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für H- G F(F.).

Der … 1942 geborene F. war von 1992 bis zum 31. Oktober 2000 bei der im Bereich der Schiffbauzulieferung tätigen R M GmbH in K als Leiter der Funkmontage beschäftigt. Die R M GmbH plante im Jahre 2000 aufgrund tiefgreifender Strukturveränderungen im Schiffbau den Abbau von ca. 90 Arbeitsplätzen. Hierzu vereinbarten die Geschäftsführung der R M GmbH und der Betriebsrat dieser Gesellschaft einen Interessenausgleich vom 29. September 2000 und einen Sozialplan vom selben Tage. Zur Vermeidung von Entlassungen war darin die Gründung einer externen betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit (beE) im Sinne von § 175 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der damals geltenden Fassung (a.F.) vorgesehen. Als Ziel der beE wurde angegeben, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglichst rasch zu befähigen, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Auf der Grundlage von Interessenausgleich und Sozialplan wurde in der Folgezeit die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits, die N GmbH, als beE gegründet (vgl. Gesellschaftsvertrag vom 17. Oktober 2000). Dazu hatte die R M GmbH der Firma A GmbH einen entsprechenden Auftrag erteilt; die R M GmbH hatte zur Durchführung der Transfergesellschaft der Rechtsanwältin Ha als Treuhänder ein Treuhandvermögen zur Verfügung gestellt. Gesellschafter der Klägerin sind zu gleichen Anteilen der Verein Aa e.V. und Herr D Ra, der gleichzeitig Personalleiter und Prokurist der R M GmbH ist.

Entsprechend den im Interessenausgleich/Sozialplan getroffenen Vereinbarungen schlossen F. und die R M GmbH einen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis zum 31. Oktober 2000 endete. Gleichzeitig unterzeichneten F. und die N GmbH einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. November 2000 bis zum 31. Oktober 2001. Insgesamt wurden 68 Arbeitnehmer der R M GmbH in der beE zusammengefasst.

In der N GmbH wurde die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit für die Zeit vom 1. November 2000 bis 31. Oktober 2001 auf Null Stunden herabgesetzt; die Beklagte gewährte insoweit Kurzarbeitergeld (Kug). Im Oktober 2001 zeigte die Klägerin der Beklagten die Verlängerung des Arbeitsausfalls für den Zeitraum vom 1. November 2001 bis 31. Oktober 2002 an. Mit den von der weiteren Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmern - darunter F. - verlängerte sie das befristete Beschäftigungsverhältnis bis zum 2. November 2002. Mit Bescheid vom 21. November 2001 verlängerte die Beklagte die Bezugsfrist für Kug bis zum 31. Oktober 2002.

Nachdem F. vom 3. bis 15. November 2002 Krankengeld bezogen hatte, meldete er sich am 15. November 2002 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg, das die Beklagte ihm antragsgemäß bewilligte (Leistungssatz zunächst 336,28 EUR und ab 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2003 333,41 EUR). Für die Zeit vom 9. bis 30. Juli 2003 wurde die Bewilligung in der Folgezeit wegen eines Anspruchs auf Übergangsgeld gegen die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte aufgehoben (Bescheid vom 17. September 2003). Wegen des Bezugs von Krankengeld hob die Beklagte die Alg-Bewilligung ab 31. Oktober 2003 auf. Ab 16. Dezember 2003 erfolgte eine Wiederbewilligung von Alg (Leistungssatz zunächst wiederum 333,41 EUR und ab 1. Januar 2004 340,90 EUR); ab 1. März 2004 hob die Beklagte die Leistungsbewilligung auf, weil F. ab diesem Tag Altersrente bezog.

Mit Schreiben vom 10. November 2003 hörte die Beklagte die Klägerin zur Frage einer Erstattung des F. für die Zeit vom 16. November 2002 bis 8. Juli 2003 und vom 31. Juli 2003 bis 30. Oktober 2003 geleisteten Alg einschließlich der hierauf entfallenden Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung an. Eine Reaktion der Klägerin erfolgte zunächst nicht.

Mit Bescheid vom 17. Dezember 2003 forderte die Beklagte die Klägerin auf, das F. für die in dem Anhörungsschreiben genannten Zeiträume geleistete Alg einschließlich der hierauf entfallenden Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung in Höhe von insgesamt 26.578,48 EUR gemäß § 147a SGB III zu erstatten. Sie führte aus, dass das Arbeitsverhältnis von F. nach Vollendung des 56. Lebensjahres beendet worden sei. Der Arbeitnehmer sei im Unternehme...

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