Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Differenzierung des Grundrentenbetrages nach Ost und West. rückwirkende Neufassung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB idF durch Art 1 Nr 19 RVNG ermächtigt den Rentenversicherungsträger nicht, bei der Einstellung des Freibetrags zwischen unfallverletzten Rentenberechtigten in den alten und neuen Bundesländern zu differenzieren.
2. Durch die Unvereinbarkeitserklärung mit dem GG und die Nichtigkeitserklärung des § 84a des BVG iVm Anlage I Kap VIII K III Nr 1 Buchst a des EinigVtr durch das BVerfG geht die Verweisung in § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB 6 auf § 84a BVG, jedenfalls für die Zeit ab dem 1.1.1999 ins Leere; denn es steht mit Gesetzeskraft fest, dass die in § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB 6 in Bezug genommenen Gesetzestexte, welche die Kürzung des Freibetrags rechtfertigen sollen, nichtig sind und Rechtsfolgen hieraus für die Absenkung der Beiträge der Beschädigten-Grundrente nach § 31 Abs 1 S 1 BVG seit dem 1.1.1999 nicht hergeleitet werden können.
3. Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundessozialgerichts: Nachdem die Klage vor dem BSG zurückgenommen wurde, ist dieses Urteil sowie das vorinstanzliche Urteil des SG Schleswig wirkungslos.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 24. Mai 2005 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung der ablehnenden Entscheidung im Bescheid vom 21. September 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2004 verpflichtet, die Festsetzungen der Anrechnungsbeträge in den Bescheiden vom 19. September 1996 und vom 14. Dezember 2001 für Bezugszeiten ab 1. Januar 1997 zurückzunehmen und bei deren Neufeststellung Freibeträge in Höhe der sich aus § 31 Bundesversorgungsgesetz ergebenden Beträge zu Grunde zu legen. Die Beklagte wird verurteilt, entsprechend höhere monatliche Geldbeträge zu zahlen
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Altersrente des Klägers unter Berücksichtigung eines einheitlichen Grundfreibetrages nach § 31 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) bei der Anrechnung seiner Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 93 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) für die Vergangenheit und Zukunft neu zu berechnen.
Der 1931 geborene Kläger, der im Jahre 1992 vom Beitrittsgebiet in das Gebiet der alten Bundesländer umgezogen ist, bezog in der ehemaligen DDR und alsdann im Beitrittsgebiet eine Invalidenversorgung der Deutschen Reichsbahn von 1983 bis Ende 1991 sowie bereits seit 1961 eine Unfallrente wegen eines 1959 erlittenen Arbeitsunfalls. Seit Januar 1991 bezieht er Renten der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, der Bahnversicherungsanstalt, zunächst bis Juni 1996 eine späterhin in eine Altersrente für Schwerbeschädigte, Berufsunfähige und Erwerbsunfähige umgewandelte Erwerbsunfähigkeitsrente, seit Juli 1996 eine Regelaltersrente. Auf diese Renten ist jeweils die seit Januar 1992 als Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer MdE um von 20 v. H. gezahlte Rente wegen des Arbeitsunfalls angerechnet worden, und zwar unter Berücksichtigung eines Freibetrages in Höhe von 2/3 eines gekürzten Betrages der Mindestgrundrente nach § 31 Abs. 1 des BVG. Die Kürzung des sich aus letzterer Vorschrift ergebenden Betrages der Mindestgrundrente erfolgte, weil der Kläger am 18. Mai 1990 seinen Wohnsitz im Beitrittsgebiet gehabt hatte. Bei der Anrechnung auf die Regelaltersrente wurden mit Bescheid vom 16. September 1996, ab 1. Juli 1996, und mit Neufeststellungsbescheid vom 14. Dezember 2001, ab 1. Januar 1998 (bzw. auf der Grundlage dieser Bescheide) folgende nach dem Verhältnis der verfügbaren Standardrenten in den alten Bundesländern zu denjenigen des Beitrittsgebiets errechnete gekürzte Beträge der Mindestgrundrente nach § 31 Abs. 1 BVG zu 2/3 als Freibeträge zugrunde gelegt, und zwar jeweils für die Zeiträume vom 1. Juli des in der folgenden Tabelle in der ersten Spalte angegebenen Jahres bis zum 30. Juni des Folgejahres:
|
Mindestgrundrente nach § 31 Abs. 1 BVG |
gekürzter Betrag |
1996 213,- DM |
175,- DM |
1997 216,- DM |
184,- DM |
1998 217,- DM |
185,- DM |
1999 220,- DM |
191,- DM |
2000 221,- DM |
192,- DM |
2001 225,- DM |
196,- DM |
(115,- €) |
(100,- €) |
2002 117,- € |
103,- € |
2003 118,- € |
104,- € |
2004 118,- € |
104,- € |
2005 118,- € |
104,- € |
Es ergaben sich bei der Anrechnung der Rente aus der Unfallversicherung unter Zugrundelegung der gekürzten Grundrentenbeträge für die Ermittlung der Freibeträge monatliche Beträge von zumindest 267,28 DM bis 2001 und 140,59 € ab 2002, um welche die monatliche Altersrente gemindert wurde.
Mit Bescheid vom 21. September 2004 lehnte die Beklagte unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Klägers vom 3....