Entscheidungsstichwort (Thema)

Landesschiedsamt. Schiedsspruch. Nichtberücksichtigung der Mengenentwicklung. Verstoß gegen Grundsatz der Beitragssatzstabilität

 

Orientierungssatz

Der Schiedsspruch eines Landesschiedsamtes bezüglich der Vergütung von zahntechnischen Leistungen im Jahr 2001 verstößt gegen den Grundsatz der Beitragssatzstabilität, wenn er die Mengenentwicklung des Vorjahres unberücksichtigt läßt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 19.07.2006; Aktenzeichen B 6 KA 44/05 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. Januar 2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beigeladene zu 1) den Klägerinnen deren Kosten für beide Instanzen zu erstatten hat.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des Schiedsspruchs der Beklagten vom 26. März 2001 hinsichtlich der Festsetzung der Vergütung für zahntechnische Leistungen des Jahres 2001; streitig ist insbesondere die Berücksichtigung der Mengenentwicklung bei der Vergütungsfestsetzung.

Die zu 1) beigeladene Zahntechniker-Innung hatte mit den klagenden Krankenkassenverbänden für das Jahr 2000 eine Vergütungsregelung abgeschlossen, mit der die Vergütungen für die Zeit vom 1. März bis 31. Dezember 2000 um 1,5 % im Verhältnis zu der vorangegangenen Vergütungsvereinbarung angehoben wurde. Die Beigeladene zu 1) kündigte die Vereinbarung fristgemäß zum 31. Dezember 2000. Im Rahmen der anschließenden Vergütungsverhandlungen für eine Anschlussvereinbarung des Jahres 2001 kam es zu keiner Einigung, die Krankenkassenverbände erklärten die Verhandlungen für gescheitert. Am 23./26. Januar 2001 beantragte daraufhin die Beigeladene zu 1) in dem sich anschließenden Schiedsamtsverfahren zwischen ihr und den Klägern sowie den Beigeladenen zu 2) bis 4), die Preise für die zahntechnische Leistungen der Zahntechniker für die Zeit von Januar bis Dezember 2001 um 1,63 % anzuheben und die zu erwartende rückwirkende Vergütungsanhebung auf die Restlaufzeit des Vertrages anzurechnen. Sie begründete ihren Antrag im Wesentlichen damit, das Zahntechniker-Handwerk befinde sich noch immer in einer tiefen wirtschaftlichen Krise. Zwar hätten die Ausgaben für Zahntechnik in den ersten drei Quartalen des Jahres 2000 um 14,1 % höher als im Vergleichszeitraum 1999 gelegen. Auf der anderen Seite seien jedoch Ausgaben der Krankenkassen beim Zahnersatz 1998 gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Zu berücksichtigen sei, dass die gewerblichen zahntechnischen Laboratorien mit Kostensteigerungen konfrontiert worden seien. Die Vergütungsanhebung von 1,63 % reiche bei weitem nicht aus, um diese entstandenen Mehrkosten auszugleichen. Ausgehend von den im Jahr 2000 gegenüber dem Vorjahr gestiegenen Lebenshaltungskostenindex um 2,4 % benötigten die Zahntechniker eine Vergütungsanhebung von 1,67 %. Der Anteil der Kosten von zahntechnischen Leistungen am Gesamtbudget der Kassen betrage nur ca. 1,7 %, eine Belastung durch Anhebung der Ausgaben in diesem Bereich sei daher nur unwesentlich. Das Argument der Kläger, Mengensteigerungen seien zu berücksichtigen, greife nicht. Mengenlimitierungen seien als Budgetierungen zu verstehen. Wo der Gesetzgeber diese gewollt habe, habe er sie auch geregelt. Im Bereich der Zahntechniker habe der Gesetzgeber keine solchen Mengenbegrenzungsregelung getroffen. Das folge daraus, dass die Zahntechniker keine eigenständigen Leistungserbringer seien und sie die Menge nicht steuern könnten.

Die Kläger und Beigeladenen zu 2) und 4) beantragten, die am 1. Januar 2001 gültigen Preise für das Jahr 2001 fortzuschreiben. Sie wiesen zur Begründung auf deutliche Ausgabensteigerungen im Bereich der Material- und Laborkosten gewerblicher Labore im Vergleichszeitraum der Jahre 1999/00 hin. So ergebe sich im Vergleich der Jahre für die Klägerin zu 1) eine Steigerung pro Mitglied von 16,74 % und für den Kläger zu 2) pro Mitglied eine Steigerung von 18,11 %. § 71 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V) verpflichte jedoch, Beitragssatzerhöhungen bei Vereinbarungen über die Vergütungen auszuschließen. Würde man bei dieser angesprochenen Mengenentwicklung noch eine Preiskomponente für 2001 in Höhe von 1,63 % hinzufügen, so hätte dies mit Sicherheit Auswirkungen auf die Beitragssatzstabilität der schleswig-holsteinischen Krankenkassen. Beim Preisvergleich der durchschnittlichen Preise aller 12 Vertragsbereiche liege das Preisniveau in Schleswig-Holstein um 1,29 % über dem Bundesdurchschnitt West. Zudem sei Schleswig-Holstein eines der wirtschaftlich schwächsten Bundesländer mit der Folge, dass die Krankenkassen deutlich geringere Beitragseinnahmen zu verzeichnen hätten als der Durchschnitt in den übrigen westlichen Bundesländern. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei der Grundsatz der Beitragssatzstabilität kein unverbindlicher Programmsatz. Der Einwand von Vertragspartnern im Hinblick auf den geringen Anteil der Leistungen an der Gesamtheit der Ausgaben der Krankenkasse könne nicht überzeuge...

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