Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss einer Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung trotz notwendiger gesundheitsbedingter Arbeitsunterbrechungen des Versicherten - Abgrenzung zur Arbeitsunfähigkeit
Orientierungssatz
1. Ist ein auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbarer Versicherter noch in der Lage, unter den dort üblichen Bedingungen sechs Stunden täglich zu arbeiten, so besteht kein Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB 6.
2. Besteht aufgrund einer Diabetes-Erkrankung des Versicherten die Notwendigkeit der Unterbrechung der Arbeitszeit mit einer Dauer von 15 bis 20 Minuten pro Woche, so stellt dies keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. keine spezifische Leistungsbehinderung dar.
3. Soweit wegen einer Unterzuckerung eine längere Unterbrechung der Arbeitszeit entsteht und die zur Verfügung stehende persönliche Verteilzeit während der Arbeitszeit erschöpft ist, liegt ein Fall der Arbeitsunfähigkeit vor, welcher nicht zu einer rentenrechtlich dauerhaften Einschränkung des Leistungsvermögens führt.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 26. Februar 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung. Dabei geht es maßgeblich darum, ob ihr der Arbeitsmarkt verschlossen ist, weil sie aus gesundheitlichen Gründen betriebsunübliche Pausen einlegen muss.
Die Klägerin ist 1964 geboren. Sie durchlief von August 1984 bis Januar 1987 eine Ausbildung als Floristin und arbeitete bis Mai 1994 in ihrem erlernten Beruf. Nach Kindererziehungszeiten war sie von April bis Oktober 1999 als Verkäuferin und von April 2002 bis April 2003 als Schulbetreuerin tätig. Seitdem arbeitet sie bei dem D... Werk auf einem Campingplatz als Servicekraft auf Basis einer sozialversicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung. Daneben bezieht sie laufend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Mit Bescheid vom 9. September 1991 wurde der Klägerin wegen eines Diabetes mellitus Typ 1 ein Grad der Behinderung von 50 zuerkannt, der seit 1967 besteht.
Am 20. Februar 2014 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Rentenantrag, den sie mit dem schwer einstellbaren Diabetes mellitus begründete. Es sei ihr noch möglich, leichte Arbeiten 3 bis unter 6 Stunden täglich zu verrichten, wenn sie die Möglichkeit habe, regelmäßig Pausen einzulegen.
Die Beklagte zog Befundunterlagen der die Klägerin behandelnden Ärzte bei und ließ die Klägerin am 3. Juni 2014 durch den Arzt für Innere Medizin und Sozialmedizin Dr. K… gutachterlich untersuchen. Gegenüber dem Gutachter gab sie an, es komme im Durchschnitt einmal wöchentlich zu Unterzuckerungen. Sie kontrolliere ihren Blutzucker fünf- bis sechsmal täglich. Der Gutachter diagnostizierte einen Diabetes mellitus vom Typ 1 seit dem 3. Lebensjahr mit Neigungen zu Unterzuckerungen und geringen Folgeschäden, ferner einen medikamentös regulierten Bluthochdruck. Die Klägerin könne noch regelmäßig täglich über 6 Stunden leichte und mittelschwere Arbeiten im Stehen, Gehen und Sitzen verrichten und dabei in Tages-, Früh- und Spätschicht arbeiten. In Nachtschicht solle sie nicht arbeiten, die Arbeitszeiten sollten auch nicht häufig wechseln. Die Klägerin solle nicht plötzlichen stärkeren körperlichen oder Stressbelastungen ausgesetzt werden. Sie könne nicht auf Leitern und Gerüsten arbeiten.
Mit Bescheid vom 26. Juni 2014 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da die medizinischen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllt seien.
Mit ihrem Widerspruch vom 7. Juli 2014 legte die Klägerin eine sozialmedizinische Stellungnahme des ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit vom 18. Februar 2014 vor, der zufolge sie nur noch täglich 3 bis 6 Stunden arbeiten könne. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. September 2014 zurück.
Gegen die Entscheidung hat die Klägerin am 1. Oktober 2014 beim Sozialgericht Schleswig Klage erhoben. Sie hat eine Bescheinigung des behandelnden Internisten Dr. B… vom 8. November 2012 vorgelegt und vorgetragen, der Blutzucker sei nur sehr schwer einstellbar. Dies führe zu depressiven Episoden und sie sei schnell erschöpft. Daher sei es ihr nur noch möglich, halbtägig zu arbeiten. Außerdem müsse ein Arbeitsplatz den besonderen Anforderungen der Krankheit gerecht werden. Die Klägerin hat eine Bestätigung von Dr. M… vom ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit vorgelegt.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. September 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 1. März 2014 eine Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf den Inhalt der ange...