Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. tatsächliche Aufwendungen. Mietminderung. nachträgliche Feststellung des Nichtbestehens eines Minderungsrechts
Leitsatz (amtlich)
1. Mindert ein Leistungsberechtigter gegenüber seinem Vermieter die Unterkunftskosten, sind dies gemäß § 22 Abs 1 S 1 SGB II die tatsächlich zu berücksichtigenden Kosten, sofern die Mietminderung nicht offensichtlich unwirksam ist.
2. Wird nachträglich festgestellt, dass dem Mieter kein Minderungsrecht zugestanden hat und kommt es zu Nachforderungen, gehören solche dann einmalig geschuldeten Zahlungen als weiterer Unterkunftsbedarf zum aktuellen Bedarf des Monats, in dem die Nachforderung fällig geworden ist.
Normenkette
SGB II § 22 Abs. 1 S. 1, Abs. 8 S. 4; BGB § 536 Abs. 1 Sätze 1-2
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 12. Januar 2018 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt 10 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um höhere Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Monat Februar 2015.
Der 1970 geborene Kläger, der bis März 2013 und nach kurzfristiger versicherungspflichtiger Beschäftigung erneut ab Juni 2013 bei dem Beklagten im Leistungsbezug stand, bewohnte eine im J in E gelegene Wohnung, für die er eine Nettokaltmiete in Höhe von 365,00 EUR zzgl. 35,64 EUR Nebenkostenvorauszahlung zu zahlen hatte. Den Heizkostenabschlag in Höhe von monatlich 55,00 EUR zahlte der Kläger direkt an den Energieversorger. Zum 1. Januar 2013 erhöhte sich die Kaltmiete auf 409,07 EUR, nachdem die Vermieterin Modernisierungskosten auf die Mieter umgelegt hatte. Der Nebenkostenabschlag blieb unverändert, so dass die von der Vermieterin verlangte Bruttokaltmiete seitdem 444,71 EUR betrug.
Am 30. Oktober 2014 beantragte der Kläger die Fortzahlung von Leistungen. Die Kosten der Unterkunft gab er mit 365,00 EUR nettokalt zzgl. 35,64 EUR Nebenkosten zzgl. 61,00 EUR Heizkosten an. Seit Juni 2012 und auch in dem hier streitigen Monat Februar 2015 zahlte der Kläger tatsächlich lediglich 335,20 EUR monatlich an die Vermieterin. Hintergrund waren Mietkürzungen wegen Mängel bzw. wegen seiner Ansicht nach nicht zulässiger Umlage der Modernisierungskosten.
Mit Bescheid vom 18. November 2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis 30. November 2015 Leistungen in Höhe von 735,13 EUR für Dezember 2014 und in Höhe von 683,13 EUR monatlich für die Zeit vom 1. Januar 2015 bis 30. November 2015. Für die Unterkunft berücksichtigte der Beklagte wie in der Vergangenheit auch nur die aus seiner Sicht und nach seinen Richtlinien angemessenen Kosten in Höhe von 247,50 EUR nettokalt, 35,64 EUR Nebenkosten (= 272,64 bruttokalt) und 52,00 EUR für Heizung. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass die Abschläge für Gas ab Januar 2015 vorerst bis zur Vorlage der Stadtwerke - Abrechnung für 2014 nicht berücksichtigt werden könnten. Mit Bescheid vom 30. November 2014 passte der Beklagte die monatlichen Leistungen des Klägers aufgrund der Erhöhung des Regelbedarfs zum 1. Januar 2015 an. Nach Erhalt der Jahresabrechnung für Heizkosten 2015 im Februar 2016 bewilligte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 1. März 2016 für die Zeit vom 1. Februar 2015 bis 28. Februar 2015 höhere Unterkunftskosten, in dem er nunmehr neben einer Grundmiete in Höhe von 247,50 EUR und Nebenkosten in Höhe von 35,64 EUR den geleisteten Heizkostenabschlag in Höhe von 55,00 EUR berücksichtigte.
Mit seinem dagegen am 4. März 2016 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass ihm für Februar 2015 weitere Heizkosten in Höhe von 19,88 EUR zustünden.
Mit Urteil vom 22. März 2016 (rechtskräftig seit dem 11. August 2016) hat das Amtsgerichts Eckernförde den Kläger zur Nachzahlung ausstehender Mietanteile in Höhe von 2411,79 EUR verurteilt. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einer Nachzahlung für Januar bis Dezember 2013 in Höhe von 528,84 EUR, weiteren Mietrückständen für Januar bis Dezember 2013 in Höhe von 785,28 EUR, von Juni bis Dezember 2012 in Höhe von 458,08 EUR, für Juni 2010 in Höhe von 280,45 EUR sowie Nachzahlungen für die Nebenkostenabrechnungen 2010-2012 in Höhe von 359,05 EUR (Bl. 11 des Urteils und Bl. 1298 der Verwaltungsakte). Das Amtsgericht hat zudem auf die Widerklage des Klägers festgestellt, dass der Kläger ab November 2014, nicht jedoch früher, zu einer Mietminderung von 15 %, also um 66,71 EUR auf 378,00 EUR bruttokalt berechtigt gewesen war. Mit Schreiben vom 27. Oktober 2016 forderte die Vermieterin Mietrückstände für 2014 in Höhe von 1180,70 EUR, für 2015 in Höhe von 513,60 EUR, für 2016 in Höhe von 385,20 EUR sowie Nachzahlungen aufgrund von Nebenkostenabrechnungen der Jahre 2013, 2014 und 2015 in Höhe von insgesamt 516,57 EUR vom Kläger mit Fristsetzung bis zum 18. November 2...