Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen überlanger Dauer eines Kostenerinnerungsverfahrens
Orientierungssatz
1. Nach § 198 Abs. 1 S. 1 GVG wird entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet; Voraussetzung ist, dass er die Dauer des Verfahrens gerügt hat.
2. Ein Kostenerinnerungsverfahren zeichnet sich weder durch eine besondere Schwierigkeit noch durch eine besondere Bedeutung aus. Es besteht kein Grund, die von der Rechtsprechung allgemein eingeräumte Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 12 Monaten zu verkürzen.
3. Ist unter Berücksichtigung einer zwölfmonatigen Vorbereitungs- und Bedenkzeit eine überlange Verfahrensdauer von 18 Monaten festzustellen, so rechtfertigen diese Umstände keine Entschädigung in Geld; vielmehr ist eine Wiedergutmachung durch gerichtliche Feststellung der überlangen Verfahrensdauer ausreichend und angemessen.
Nachgehend
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Dauer des vor dem Sozialgericht Kiel unter dem Aktenzeichen S 21 SF 168/14 E geführten Erinnerungsverfahrens unangemessen war. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat das beklagte Land zu einem Drittel, der Kläger zu zwei Dritteln zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 1.800,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung einer Entschädigung wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Kiel geführten Verfahrens wegen einer Kostenerinnerung (Az. S 21 SF 168/14 E [im Folgenden: Ausgangsverfahren]).
Der Kläger vertrat als Prozessbevollmächtigter Herrn T. K. in einer am 9. Mai 2011 vor dem Sozialgericht Kiel erhobenen Klage gegen das Jobcenter Kiel (Az. S 33 AS 653/11 Sozialgericht Kiel) wegen eines Sanktionsbescheides vom 22. Dezember 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2011 mit vollständiger Absenkung der Herrn K. bewilligten Regelleistung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Monate November 2010 bis Januar 2011 (Sanktionssumme monatlich 359,00 EUR). Mit Beschluss vom 11. September 2012 bewilligte das Sozialgericht Herrn K. für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten. Im Verhandlungstermin am 20. Mai 2014 beendeten die Beteiligten das Klageverfahren durch Abschluss eines Vergleichs, wobei das Jobcenter sich verpflichtete, die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Herrn K. zu tragen. Am 4. Juni 2014 ging bei dem Sozialgericht der von Rechtsanwalt P. im Namen des Herrn K. gestellte anwaltliche Antrag auf Festsetzung von Kosten für das Widerspruchsverfahren in Höhe von insgesamt 309,40 EUR gegen das Jobcenter ein. Geltend gemacht wurden eine Geschäftsgebühr in Höhe von 240,00 EUR sowie eine Post- und Telekommunikationspauschale von 20,00 EUR und Umsatzsteuer. Mit am 10. Juli 2014 bei Gericht eingegangenem Schreiben vom selben Tag erkannte das Jobcenter die beantragten Kosten an und kündigte an, die Kosten auf das Konto des Rechtsanwalts P. zu überweisen. Das Sozialgericht übersandte Rechtsanwalt P. das Schreiben vom 10. Juli 2014 und kündigte an, den Kostenfestsetzungsantrag aufgrund der Zahlung als erledigt zu betrachten, wenn nicht bis zum 14. August 2014 ein gegenteiliger Hinweis eingehe.
Bereits am 5. Juni 2014 hatte Rechtsanwalt P. bei dem Sozialgericht Kiel im eigenen Namen zu dem vorstehend bezeichneten Klageverfahren eine Antrag auf Festsetzung der Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts gestellt und dabei Kosten in Höhe von insgesamt 690,20 EUR geltend gemacht (Verfahrensgebühr 170,00 EUR, Terminsgebühr 200,00 EUR, Einigungsgebühr 190,00 EUR sowie Post- und Telekommunikationspauschale und Umsatzsteuer auf die Vergütung).
Mit Beschluss vom 16. Juni 2014 setzte das Sozialgericht die dem Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 612,85 EUR fest. Zur Begründung der Kürzung heißt es in dem Beschluss, dass die geltend gemachte Terminsgebühr als überhöht angesehen werde. Insoweit erschienen 2/3 der Mittelgebühr, also 135,00 EUR, als angemessen.
Hiergegen legte Rechtsanwalt P. mit einem am 1. Juli 2014 bei dem Sozialgericht eingegangenen Schriftsatz im eigenen Namen Erinnerung ein und beantragte mit sechsseitiger Begründung, die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung in der mit Vergütungsfestsetzungsantrag vom 4. Juni 2014 begehrten Höhe festzusetzen. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle half der Erinnerung nicht ab (Verfügung vom 7. Juli 2014). Die Erinnerung wurde der Kostenkammer vorgelegt und dort unter dem Az. S 21 SF 168/14 E eingetragen. Mit Verfügung vom 8. Juli 2014 verfügte der Vorsitzende die Übersendung eines Doppels des Erinnerungsschreibens zur Kenntnis und Stellungnahme an den Erinnerungsgegner. Gleichzeitig wurde dem Erinnerungsführer mitgeteilt, dass er nach Eingang der Stellungnahme des Erinnerungsgegners diese zur Kenntnis erhalte. Mit Schreiben vom 24. Ju...