Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Interessenabwägung bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung bzw der Außervollzugsetzung eines Bescheides über die Beendigung der Zulassung
Orientierungssatz
1. Zur Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Bescheides bzw zu deren Aufhebung muss ein gewichtiger Grund vorliegen. Dazu muss das Individualinteresse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegen.
2. Hat der Zulassungsausschuss bei der Kassenärztlichen Vereinigung auf eine Verzichtserklärung des Vertragsarztes festgestellt, dass dessen Zulassung mit Ablauf eines bestimmten Tages endet und ergeben sich im summarischen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keine nachvollziehbaren Hinweise dafür, dass der erklärte Verzicht weder wirksam widerrufen noch wirksam angefochten wurde, so überwiegt das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Beendigung der Zulassung das Individualinteresse des Vertragsarztes an der Aufhebung des ergangenen Bescheides.
Tenor
Der Antrag, die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 09.01.2013 anzuordnen, wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens, zu denen auch die Kosten der Beigeladenen zu 6) gehören, trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird auf 20.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der am 00.00.0000 geborene Antragsteller ist als Facharzt für Laboratoriumsmedizin für den Vertragsarztsitz in B. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Schreiben vom 27.08.2012 (eingegangen am 28.08.2012) teilte er der Bezirksstelle der Beigeladenen zu 6) Folgendes mit:
"Betr.: Beendigung der Laborarztpraxis zum 02.01.2013
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit teile ich Ihnen mit, dass ich meine Laborpraxis in B., KV-Nr. 0000 zum 02.01.2013 schließe. Zu diesem Termin verzichte ich ebenfalls auf die Zulassung."
Durch Beschluss vom 19.09.2012 (abgesandt am 08.11.2012) stellte der Zulassungsausschuss für Ärzte L. fest, die Zulassung des Antragstellers ende mit Ablauf des 31.12.2012. Hiergegen legte der Antragsteller am 19.11.2012 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, wie er bereits mit Schreiben vom 26.10.2012 mitgeteilt habe, sei es ihm bisher nicht möglich gewesen, einen Nachfolger für seine Laborpraxis in B. zu finden. Er sehe sich deshalb gezwungen, die Praxis über den 02.01.2013 hinaus zu betreiben. Auf die damit verbundene Zulassung könne er ebenfalls nicht verzichten. Nachdem der Antragsteller dem Antragsgegner sein Schreiben vom 26.10.2012 am 02.01.2013 zugesandt hatte, hob der Antragsgegner mit Beschluss vom 09.01.2013 den Beschluss des Zulassungsausschusses auf. Zur Begründung führte er aus, es könne dahin stehen, ob es sich bei dem Schreiben des Antragstellers vom 27.08.2012 um eine unbedingte Verzichtserklärung handele. Denn es habe sich die Nachfrage aufdrängen müssen, ob eine Veräußerung der Praxis in Betracht kam und deshalb eine Verzichtserklärung mit einer aufschiebenden Bedingung in Betracht kam. Überdies habe der Antragsteller nach seiner unwiderlegt gebliebenen schriftlichen Darstellung unter dem 26.10.2012 mitgeteilt, er könne nicht auf seine Zulassung verzichten, weil noch kein Nachfolger gefunden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei der Beschluss des Zulassungsausschusses noch nicht wirksam gewesen, weil er erst am 08.11.2012 zu Post gegeben worden sei. Der Zulassungsausschuss habe sich erneut mit der Sache befassen müssen, weil das Schreiben des Antragstellers als Widerruf der Verzichtserklärung zu werten sei. Jedenfalls bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem Widerspruchsauschuss sei ein Widerruf als zulässig zu erachten, zumal im vorliegenden Fall nur die Interessen des Vertragsarztes betroffen seien.
Gegen den Beschluss des Antragsgegners hat die Beigeladene zu 6) am 15.02.2013 Klage erhoben, die unter dem Az. S 7 KA 1/13 geführt wird.
Mit Schreiben vom 11.04.2013 hat der Antragsgegner dem Antragsteller mitgeteilt, er sehe keine Veranlassung, die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung vom 09.01.2013 anzuordnen. Am 29.04.2013 hat sich der Antragsteller an das Gericht gewandt und Eilrechtsschutz begehrt. Er führt aus, nach der Entscheidung des Antragsgegners vom 09.01.2013 habe er weiterhin vertragsärztliche Leistungen erbracht und abgerechnet. Dies sei mit der Klage der Beigeladenen zu 6), welche aufschiebende Wirkung habe, nicht mehr möglich. Die Entscheidung des Antragsgegners sei nicht zu beanstanden. Die Beigeladene zu 6) habe Veranlassung gehabt, bei dem Antragsteller nachzufragen, ob er tatsächlich auf seine Zulassung ohne Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens verzichten wolle. Wenn der Antragsteller seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht fortsetzen könne, bestehe die Gefahr, dass sich die zuweisenden Ärzte anderweitig orientierten.
Der Antragsteller beantragt, die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 09.01.2013 anzuordnen.
Der Antragsgegner stellt keinen Antrag.
Die Beigeladenen zu 1) bis 5) stellen keinen eigenen A...