Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlehensweise Übernahme von Stromschulden durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Zur darlehensweisen Übernahme von Stromschulden durch den Grundsicherungsträger im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ist die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes erforderlich.
2. Nach § 22 Abs. 8 S. 1 SGB 2 können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder Behebung einer vergleichbaren Notlage notwendig ist.
3. Eine vergleichbare Notlage wie der Verlust der Unterkunft mit drohender Obdachlosigkeit ist u. a. dann gegeben, wenn für eine Wohnung die Sperrung der Energiezufuhr droht.
4. Ein Eingreifen des Grundsicherungsträgers wird erst dann notwendig, wenn zumutbare Möglichkeiten des Leistungsempfängers ergebnislos ausgeschöpft worden sind, eine Fortsetzung der Energielieferung aus eigenem Vermögen zu erreichen.
5. Hierzu hat der Leistungsberechtigte sich sowohl um Ratenzahlungsvereinbarungen mit dem bisherigen Energieversorger als auch um einen Vertragsabschluss mit einem anderen Stromanbieter zu bemühen.
6. Hat der Antragsteller hinreichende Selbsthilfebemühungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht glaubhaft gemacht, so ist die darlehensweise Übernahme von Energieschulden durch einstweiligen Rechtsschutz mangels eines glaubhaft gemachten Anordnungsanspruchs zu versagen.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitgegenstand ist die darlehensweise Übernahme von Stromschulden in Höhe von 1300,00 EUR.
Nachdem sich ihr Ehemann von der Antragstellerin trennte und sie zunächst mit ihren drei Kindern (3, 12 und 16 Jahre) in der Wohnung "In den L. 1 in I." verblieb, steht die Antragstellerin seit Juli 2014 in Bedarfsgemeinschaft mit ihren Kindern im Leistungsbezug beim Antragsgegner nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) (Bescheid vom 11.08.2014).
Neben Mietrückständen bestanden bei Eintritt in den Leistungsbezug auch Rückstände aus einem Stromlieferungsvertrag mit der F. GmbH. Mit Schreiben vom 05.08.2014 mahnte die F. Rückstände von 823,61 EUR und drohte die Sperrung der Stromzufuhr zum 12.08.2014 an. Am 12.08.2014 wurde die Antragstellerin diesbezüglich durch den Antragsteller zu Selbsthilfemöglichkeiten beraten und suchte mit Unterstützung des Antragsgegners die Vereinbarung einer Ratenzahlung bei der F. zu erreichen. Unter dem 12.08.2014 forderte die F. die Zahlung von 940,26 zzgl. einer Kaution von 376,00 EUR und drohte an von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch zu machen.
Mit Beschluss vom 13.08.2014 ordnete das Amtsgericht Aachen (106 C 174/14) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes der Antragstellerin gegen die F. die Wiederherstellung der bereits unterbrochenen Stromzufuhr für die Wohnung "In den L. 1 in I." an. Hiergegen legte die F. unter dem 19.08.2014 Widerspruch ein.
Noch vor Abschluss Widerspruchsverfahrens beim Amtsgericht, ohne die Zustimmung des Antragsgegners und ohne den Energieversorger zu benachrichtigen zog die Antragstellerin mit ihren drei Kindern zum 01.09.2014 in eine 175,00 EUR monatlich teurere 92 Quadratmeter große Wohnung in der O Straße 00 in I. Weil der Antragsgegner die Miete aufgrund der verspäteten Mitteilung der Antragstellerin bereits an vormaligen Vermieter bereits (direkt) überwiesen hatte, bewilligte er der Antragstellerin ein Darlehen in Höhe der neuen Monatsmiete für den September 2014 (Bescheid vom 24.09.2014). Mit Schreiben vom 26.09.2014 teilte die F. der Antragstellerin mit durch Zufall erfahren zu haben, dass sie unter neuer (Strom-)abnahmestelle wohne. Aus den vorherigen Versorgungsverträgen bestünden nach Zahlungsrückstände in Höhe von 1028,54 EUR. Deshalb werde nach § 36 Abs. 1 S. 2 Energiewirtschaftsgesetz der Abschluss eines neuen Vertragsverhältnisses verweigert und die Einstellung der Versorgung noch am selben Tage durchgeführt.
Im Rahmen persönlicher Vorsprachen am 11.09.2014 und am 29.09.2014 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner die Übernahme von Energierückständen i.H.v. 1028,54 EUR. Bei einer erneuten Vorsprache am 30.09.2014 verwies der Antragsgegner die Antragstellerin - unter Hinweis auf das rechtshängige Verfahren - an das Amtsgericht.
Am 30.09.2014 hat die Antragstellerin um sozialgerichtlichen Eilrechtsschutz nachgesucht und vorgetragen, sie sei vom Rechtspfleger beim Amtsgericht zum Jobcenter und wieder zurück verwiesen worden. Sie hat ein Konvolut von Anlagen beigefügt; u. a. ein Schreiben des Rechtspflegers des Amtsgerichts, datiert auf den 25.08.2014, dem kein Adressat - wohl aber zu entnehmen ist, dass das Amtsgericht Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz in der vorliegenden Konstellation nur aufnimmt, wenn der Rechtsschutz gegen den Energieversorger Suchende Antragsgegner eine Bescheinigung des Antragsgegners über die Erfolgsaussichten durch Prüfun...