Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung: Anforderung an die Begründung eines Rentenbescheids. Notwendigkeit zur Mitteilung der Berechnung der Entgeltpunkte in einem Rentenbescheid. Kostenersatzpflicht für einen Widerspruch bei Heilung eines Formfehlers im Widerspruchsverfahren

 

Orientierungssatz

1. Zur Begründung eines Rentenbescheides gehört auch die Mitteilung, wie die Entgeltpunkte als Grundlage der Rentenberechnung berechnet wurden. Fehlen Angaben zur Berechnung der Entgeltpunkte, stellt dies einen Begründungsmangel und damit einen Formfehler dar.

2. Wird ein Formfehler im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens geheilt, sodass der Widerspruch dadurch unbegründet wird, so hat die Behörde dennoch die notwendigen Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten.

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 00.00.0000 verpflichtet, die Kosten für das Widerspruchsverfahren dem Grunde nach zu erstatten. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung im Widerspruchsverfahren gegen einen Altersrentenbescheid für besonders langjährig Versicherte streitig.

Auf einen entsprechenden Antrag vom 00.00.0000 hin bewilligte die Beklagte der am 00.00.0000 geborenen Klägerin mit Bescheid vom 00.00.0000 eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab dem 00.00.0000. Der Rentenbescheid enthielt die Anlage "Berechnung der Rente", wonach sich der Zahlbetrag aus persönlichen Entgeltpunkten von 20,8157, dem Rentenartfaktor von 1,0 und dem aktuellen Rentenwert von 33,05 EUR ermittelte. Nach Abzug von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung ergab sich ein monatlicher Zahlbetrag in Höhe von 612,15 EUR. Beigefügt war dem Rentenbescheid ferner die Anlage "Versicherungsverlauf". Die Anlagen zur "Berechnung der Entgeltpunkte aus den Beitragszeiten" und aus "beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten" waren nicht beigefügt. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin unter dem 00.00.0000 Widerspruch mit der Begründung ein, dass dieser nicht nachvollziehbar, da nicht hinreichend begründet, sei. Mit Schreiben vom 00.00.0000 übersandte die Beklagte die fehlenden Berechnungsgrundlagen und bat um Mitteilung, ob das Widerspruchsverfahren hiermit für erledigt erklärt werden könnte. Mit Schreiben vom 00.00.0000 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit, dass der Widerspruch aufrechterhalten bleibe. Zudem bat er, das Verfahren vor dem Hintergrund einer erwarteten Rechtsänderung (Mindestrente) zum Ruhen zu bringen. Mit Widerspruchsbescheid vom 00.00.0000 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und stellte fest, dass Kosten nach § 63 SGB X für das Widerspruchsverfahren nicht zu erstatten seien.

Hiergegen hat die Klägerin am 00.00.0000 unter Vertiefung ihres Vortrages aus dem Widerspruchsverfahrens Klage vor dem Sozialgericht erhoben. Sie verweist weiterhin auf die Regelung des § 35 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Der angegriffene Altersrentenbescheid würde den Anforderungen dieser Norm nicht genügen, da ihm nicht alle zu einer Prüfung notwendigen Berechnungsgrundlagen entnommen werden könnten. Die fehlenden Unterlagen, welche früheren Bescheiden zudem regelhaft beigefügt gewesen seien, seien indes wesentliche Elemente für die konkrete Berechnung der Rentenhöhe.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 00.00.0000 zu verurteilen, die Kosten für das Widerspruchsverfahren wegen der fehlenden Berechnungsgrundlage zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die von ihr erlassenen Bescheide.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

 

Entscheidungsgründe

Die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 00.00.0000 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung der ihr im Widerspruchsverfahren gegen den Altersrentenbescheid vom 00.00.0000 entstandenen notwendigen Aufwendungen.

Rechtsgrundlage der Erstattungsforderung ist die Regelung des § 63 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB X. Danach hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechen-den Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist.

Die Kammer geht vorliegend davon aus, dass die Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 S. 2 SGB X erfüllt sind. Der Widerspruch der Klägerin vom 00.00.0000 hatte nur deshalb keinen Erfolg, weil eine Verletzung ...

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