Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. stationäre Pflege. Vermögenseinsatz. nicht getrennt lebender Ehegatte. Barvermögen. Vermögensverbrauch. unangemessenes Hausgrundstück. Härte
Orientierungssatz
1. Für ein Getrenntleben im Sinne des § 19 Abs 3 SGB 12 kommt es allein darauf an, ob zumindest ein Ehepartner deutlich zum Ausdruck gebracht hat, die Lebensgemeinschaft zum anderen Ehepartner auf Dauer aufzugeben. Eine räumliche Trennung, etwa der Aufenthalt eines Ehepartners im Pflegeheim, begründet für sich genommen noch kein Getrenntleben.
2. Soweit es um die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit geht, dürfen aus verfassungsrechtlichen Gründen Umstände der Vergangenheit nur insoweit herangezogen werden, als sie eindeutige Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage der Anspruchsteller ermöglichen. Es sind deshalb nur solche Barabhebungen von Konten der Anspruchsteller zu berücksichtigen, die zeitnah zum Hilfefall erfolgt sind.
3. Die materielle Beweislast für den Verbrauch von Vermögen trägt der Anspruchsteller.
4. Weder die Tatsache, dass ein Hausgrundstück schon vor der Eheschließung im Alleineigentum des Ehegatten des Hilfebedürftigen stand, noch der Umstand, dass durch einen Einsatz dieses Vermögens das (eventuell spätere) Erbe der Kinder dieses Ehegatten aus erster Ehe geschmälert würde, stellen eine Härte im Sinne des § 90 Abs 3 S 1 SGB 12 dar.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Bewilligung von Hilfe zur Pflege in Einrichtungen als Zuschuss nach dem Siebten Kapitel des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) durch die Beklagte. Der 0000 geborene, verheiratete Kläger befindet sich seit dem 15.02.2016 in der Pflegeeinrichtung Senioren- und Betreuungszentrum (SBZ) der Städte-Region Aachen in Eschweiler. Die monatlichen Heimkosten belaufen sich auf ca. 3.200,00 EUR. Der Kläger bezieht eine monatliche Altersrente i.H.v. 1.379,36 EUR (Stand: Juli 2016). Zusätzlich erhält er durch seine Pflegekasse (AOK Rheinland/Hamburg) seit dem Aufnahmetag Leistungen der vollstationären Pflege entsprechend der Pflegestufe 1 (bzw. dem Pflegegrad 3 ab 01.01.2017) i.H.v. 1.064,00 EUR monatlich zuzüglich eines Zuschlages ab 01.10.2017 (Besitzstandschutz nach § 141 SGB XI) i.H.v. 233,44 EUR monatlich. Am 28.09.2016 beantragte die Einrichtung für den Kläger Pflegewohngeld und Sozialhilfe bei der Beklagten, weil die Heimkosten seit 26.09.2016 nicht mehr gedeckt werden könnten. Die Ehefrau des Klägers ist Alleineigentümerin eines Grundstücks unter der Anschrift in F. Das Grundstück ist bebaut mit einem Zweifamilienhaus, deren eine Wohnung die Ehefrau des Klägers bewohnt; die andere ist zu einem monatlichen Mietzins von 596,00 EUR (zzgl. einer Garagenmiete von 25,56 EUR) vermietet. Die Ehefrau bezieht eine monatliche Altersrente i.H.v. 548,17 EUR (Stand: Juli 2016). Die Eheleute sind zudem gemeinsame Inhaber eines Sparbuches mit der Nr. 3071897924, das am 25.04.2016 noch ein Guthaben von 15.262,19 EUR aufwies. Bis am 12.09.2016 erfolgten mehrere Abhebungen (insgesamt 5.200,00 EUR), die - nach eigenem Vortrag - größtenteils für die Pflegekosten des Klägers verwendet wurden. Am 19.09.2016 hob die Ehefrau des Klägers einen Betrag von 5.000,00 EUR für eigene Zwecke ab. Der nach einer weiteren Abhebung über 350,00 EUR am 10.10.2016 verbliebene Rest auf dem Sparbuch (4.341,19 EUR) stehe - so die Ehefrau - nunmehr allein dem Kläger zu. Das Girokonto der Eheleute bei der Sparkasse Aachen wies am 10.10.2016 ein Guthaben von 2.466,71 EUR aus. Die Ehefrau ist überdies Inhaberin eines weiteren Sparbuchs mit der Nr. 3070608132, das am 08.12.2014 noch ein Guthaben von 35.213,04 EUR aufwies. In der Folgezeit erfolgten diverse Barabhebungen, so etwa im Jahr 2015 i.H.v. insgesamt 34.000,00 EUR und im Jahr 2016 i.H.v. insgesamt 6.150,00 EUR, sodass am 03.01.2017 - offenbar nach Einzahlung der 5.000,00 EUR von dem gemeinsamen Sparbuch - noch ein Guthaben von 4.256,32 EUR vorhanden war. Der Kläger verfügt zudem über eine Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert zum 01.04.2017 i.H.v. 801,99 EUR. Mit Schreiben vom 17.03.2017 informierte die Beklagte den Bevollmächtigten des Klägers, dass dieser und seine Ehefrau über einzusetzendes Vermögen in Gestalt des Zweifamilienhauses verfügen würden. Es käme allerdings eine darlehensweise Gewährung von Pflegewohngeld und Sozialhilfeleistungen in Betracht. Am 03.04.2017 beantragte der Kläger den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der er darlehensfreie Leistungen der Hilfe zur Pflege in Einrichtungen begehrt. Mit Bescheid vom 10.04.2017 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Übernahme der ungedeckten Heimpflegekosten ab mit der Begründung, am 28.09.2016 hätten die Eheleute über ein Vermögen i.H.v. 11.419,02 EUR in Form von Giro- und Sparkonten sowie aus einer Kapitalversicherung verfügt; zudem sei nicht nachgewiesen, wofür die im Jahr 2015 von dem Sparkonto Nr. 3070608132 ausgezahlten 34.000,00 EUR verw...