Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung des Vergütungsanspruchs des Krankenhauses für eine stationäre Behandlung des Versicherten unter künstlicher Beatmung

 

Orientierungssatz

1. Die Vergütung des Krankenhauses für eine stationär erbrachte Leistung richtet sich gemäß §§ 109 Abs. 4, 39 Abs. 1 S. 2, 112 Abs. 2 SGB 5 nach deren Notwendigkeit und Dauer.

2. Bei erforderlicher künstlicher Beatmung des Versicherten mit einem Beatmungsgerät stellen die DRG-Kodierrichtlinien ein geeignetes Werkzeug dar, indem die Zählweise für Beatmungsstunden festgeschrieben ist. Die Berechnung der Dauer der Beatmung beginnt nach der DKR 1001 bei einer Maskenbeatmung zu dem Zeitpunkt, an dem die maschinelle Beatmung einsetzt. Sie endet mit der Extubation, der Beendigung der Beatmung nach einer Periode der Entwöhnung oder mit der Entlassung des Patienten.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Der Streitwert wird auf 12.233,79 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten (noch) über einen Anspruch der Klägerin auf (Rest-)Vergütung für Krankenhausbehandlungsleistungen in Höhe von 12.233,79 EUR. Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Dort wurde vom 11.03. bis 24.04.2015 die bei der Beklagten versicherte F.F., geb. 00.00.0000 (im Folgenden: Versicherte / E.E.) wegen einer bakteriellen Pneumonie stationär behandelt. Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten unter Zugrundelegung der Fallpauschale (DRG) A13D (Beatmung ) 95 Stunden, mit komplexer OR-Prozedur, ohne hochkompl. od. sehr kompl. Eingriff, ohne intensivmed. Komplexbeh. ) 1176 / 1104 / 1104 Punkte, ohne kompliz. Konst., ohne Eingr. bei angeb. Fehlbild. od. mit intensivmed. Komplexbeh. ) - / 828 / - P.) 31.510,077 EUR in Rechnung. Sie legte der Behandlung eine Beatmungsdauer einschließlich Entwöhnungsphase von 105,25 Beatmungsstunden zugrunde. Die Beklagte zahlte den Rechnungsbetrag zunächst an die Klägerin. Im Rahmen einer anschließenden Überprüfung der Abrechnung kam der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) in einer Stellungnahme vom 24.07.2015 zu dem Ergebnis, dass nur 51 Beatmungsstunden nachvollzogen werden könnten. Danach bilde die DRG E05A (Andere große schwere Eingriffe am Thorax mit äußerst schweren CC) den Fall korrekt ab. Die Beklagte teilte dies der Klägerin mit Schreiben vom 29.07.2015 mit und forderte die Rückzahlung von 12.233,79 EUR. Da die Klägerin der Zahlungsaufforderung nicht nachkam, rechnete die Beklagte mit Schreiben vom 07.06.2016 den von ihr ermittelten Erstattungsanspruch gegen den Vergütungsanspruch der Klägerin aus weiteren (unstreitigen) Behandlungsfällen auf; dabei bezeichnete sie genau die (unstreitigen) Forderungen aus Behandlungsfällen, gegen den sie ihren (vermeintlichen) Erstattungsanspruch verrechnete. Am 02.01.2017 hat die Klägerin Klage auf Zahlung von weiteren 12.233,79 EUR erhoben. Sie hält die in der Rechnung angegebene Kodierungsdaten, insbesondere den Ansatz von mehr als 95 Beatmungsstunden und deshalb die abgerechnete DRG A13D für zutreffend. Das Gericht hat zur Klärung der medizinischen Umstände, insbesondere der zutreffenden Kodierung der DRG für den Behandlungsfall des Versicherten ein medizinisches Sachverständigengutachten nach Aktenlage und eine ergänzende gutachtliche Stellungnahme von dem Arzt für Anästhesie, Intensivmedizin, Schmerztherapie, Palliativmedizin und Notfallmedizin Dr. H. eingeholt. In einem Bearbeitungshinweis hat das Gericht dem Sachverständige aufgegeben, sich mit den Argumenten der Beteiligten, insbesondere deren Zählangaben in Bezug auf die anrechnungsfähigen Beatmungsstunden, den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) sowie der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 19.12.2017 – B 1 KR 18/17 R – auseinandersetzen. Der Sachverständige ist nach Auswertung der vorgelegten Behandlungsdokumentation zum Ergebnis gelangt, eine Anzahl von mehr als 95 Beatmungsstunden werde nicht erreicht; die Zahl der anrechenbaren Beatmungsstunden liege bei etwa 60. Damit sei die DRG A13D nicht abrechenbar, sondern die DRG E05A. Die Klägerin hat das Gutachten und die Rechtsprechung des BSG kritisiert. In dem genannten Urteil komme das BSG zu dem Ergebnis, dass im Falle einer Entwöhnungstherapie die Zeiten der beatmungsfreien Intervalle durchaus als Beatmungszeit zu erfassen seien. Wohl aus medizinischer Unerfahrenheit stelle es jedoch darauf ab, dass der Begriff der Entwöhnung eine vorherige Gewöhnung voraussetze. Dies möge – so die Klägerin – für ein rein germanistisches Begriffsverständnis zutreffend sein. Unter medizinischen Gesichtspunkten lasse sich der Wortlaut der Entwöhnung jedoch auch als Gegenstück einer vorher bestehenden Abhängigkeit verwenden. Von einer Entwöhnung sei also in Bezug auf Beatmungsmedizin dann zu reden, wenn der Patient vorab abhängig vom Respirator gewesen sei. Genau dies sei vorliegend der Fall gewesen. Die schwere Grunderkrankung habe zu einer respiratorischen Globalinsuffizienz geführt, die eine Beatmungstherapie mediz...

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