Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Abrechnung von Leistungen der geriatrisch frührehabilitativen Komplexbehandlungen bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems. Verstoß gegen das Gebot der zeitnahen Prüfung durch den MDK
Orientierungssatz
1. Zur Abrechnungsberechtigung eines Plankrankenhauses bezüglich Leistungen der geriatrisch frührehabilitativen Komplexbehandlungen bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems.
2. Der Verstoß gegen das Gebot einer zeitnahen Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) hat zur Folge, dass die Krankenkasse mit ihren Einwendungen ausgeschlossen ist (vgl LSG Saarbrücken vom 21.3.2012 - L 2 KR 57/11 = KHE 2012/12).
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 1.868,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.07.2012 zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Der Streitwert wird auf 1.868,56 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten weitere Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 1.868,56 EUR. Streitig ist insbesondere, ob die Klägerin anlässlich einer im Jahre 2012 durchgeführten Krankenhausbehandlung die Fallpauschale (DRG = Diagnosis Related Group) "F48Z" (laut Fallpauschalen-Katalog 2012: geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems) abrechnen kann.
Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus mit 93 Planbetten, von denen 55 Betten auf das Teilgebiet "Innere Medizin" entfallen (Feststellungsbescheid der Bezirksregierung Köln vom 24.08.2006). Ärztliche Leiterin der internistischen Abteilung ist und war auch zum Behandlungszeitraum Frau Dr. A.; diese ist Fachärztin für Innere Medizin mit der Zusatzbezeichnung "Klinische Geriatrie". Auf der internistischen Abteilung des Krankenhauses der Klägerin behandelte sie stationär vom 30.01. bis 15.02.2012 eine bei der Beklagten versicherte Patientin. Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten im Wege des elektronischen Datenaustausches am 23.02.2012 unter Angabe der DRG F48Z und des Operationsschlüssels (OPS) 8-550.1 sowie zusätzlicher OPS, u.a. des OPS 8-987.11 nach Abzug des von der Patientin zu zahlenden Eigenanteils 6.988,91 EUR in Rechnung.
Mit Schreiben vom 04.05.2012 an den MDK Nordrhein (BBZ Köln) übersandte die Beklagte dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Nordrhein die Unterlagen im Fall der Patientin über deren stationäre Behandlung vom 30.01. bis 15.02.2012 in der Klinik der Klägerin "mit der Bitte um Begutachtung". Gleichzeitig bat die Beklagte um "Einleitung des Verfahrens für eine Strukturprüfung zum Thema Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung (OPS 8-515.-)". Mit weiterem Schreiben vom 04.05.2012 an den MDK Nordrhein (MFB Stationäre Versorgung) informierte die Beklagte diese Abteilung des MDK von der Einleitung des Begutachtungsverfahrens und des Verfahrens für eine Strukturprüfung. In einer gutachtlichen Stellungnahme vom 06.06.2012 kam der MDK Nordrhein zum Ergebnis, eine allgemeine Aussage zur Erfüllung der Strukturmerkmale des OPS 8.550 könne nicht gemacht werden. Die Strukturvoraussetzungen würden formal dann erfüllt, "wenn Frau Dr. A. die Behandlungsleitung inne hat oder ein Vertreter (Honorararzt) mit der Zusatzbezeichnung Geriatrie, der zudem noch überwiegend in der geriatrischen Einheit tätig sein muss".
Die Beklagte teilte der Klägerin mit, die in der Rechnung angegebene Fallpauschale sei zwischen ihnen nicht vereinbart. Sie erstattete der Klägerin lediglich 5.119,65 EUR unter Zugrundelegung der DRG F77Z (Komplexbehandlung bei multiresistenten Erregern bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems).
Am 04.07.2012 hat die Klägerin Klage auf Zahlung der Restvergütung erhoben. Sie hält - von der Beklagten unwidersprochen - die Krankenhausbehandlung für notwendig. Sie ist der Auffassung, die Durchführung der geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung werde von ihrem Versorgungsauftrag erfasst; der zuletzt ergangene zum Behandlungszeitpunkt geltende Feststellungsbescheid der Bezirksregierung Köln vom 24.08.2006 grenze diese Leistung nicht aus; insoweit bedürfe es aber auch keiner ausdrücklichen Ausweisung im Feststellungsbescheid. Die Durchführung von geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlungen (OPS 8.550) im Rahmen einer kurativen stationären Behandlung gehöre zum Versorgungsauftrag eines Krankenhauses in Nordrhein-Westfalen (NRW), wenn eine Abteilung für Innere Medizin - wie bei der Klägerin - im Feststellungsbescheid ausgewiesen sei. Der Aufgabenbereich der inneren Medizin sei weit gefasst; dazu gehörten auch die bei der Patientin behandlungsbedürftigen Krankheitsbilder. Die geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung sei keine eigenständig planungsrechtlich zu erfassende Behandlungsform. Geriatrie sei auch kein eigenständiges Gebiet in den Weiterbildungsordnungen für Ärzte. Um diese Leistung erbringen und abrechnen zu können, sei es nicht erforderlich, dass...