Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Zuerkennung des Merkzeichens "aG"

 

Orientierungssatz

1. Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens "aG" - außergewöhnliche Gehbehinderung - hat nach § 69 Abs. 4 SGB 9 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG, wer sich wegen der Schwere seines Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeugs bewegen kann.

2. Die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs setzt zuallererst voraus, dass die Schwerbehinderteneigenschaft des Antragstellers mit einem GdB von wenigstens 80 festgestellt ist. Liegt diese Grundvoraussetzung nicht vor, ist ein Anspruch ausgeschlossen.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens aG streitig.

Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist niederländische Staatsangehörige. Nach ihrem Umzug nach Aachen stellte sie am 04.04.2013 einen Antrag auf Feststellung eines GdB sowie auf Feststellung des Merkzeichens aG. Sie gab an, seit Jahrzehnten chronisch an einer rheumatischen Erkrankung (rheumatoide Arthritis) erkrankt zu sein. Die Krankheit habe hauptsächlich die großen Gelenke, Füße, Knie und Becken befallen, weswegen sie nicht lange und weit gehen könne. Des Weiteren leide sei unter einer Eisenmangelanämie und arterieller Hypertonie. Dem Antrag beigefügt war eine durch die niederländische Gemeinde Nuth ausgestellte "parkeerkaart" (Parkausweis) für Behindertenparkplätze.

Der Beklagte wertete durch seinen ärztlichen Dienst einen Befundbericht des behandelnden Internisten Dr. X sowie verschiedene Arztberichte der Klinik für Internistische Rheumatologie des Medizinischen Zentrums der Städte-Region B GmbH, Dr. C, aus Mai 2011, September 2011, Februar 2012, Juni 2012, November 2012 und März 2013, einen Bericht der Ambulanz der Medizinischen Klinik des Marienhospitals aus Februar 2012 sowie einen radiologischen Bericht betreffend eine MR-Untersuchung des rechten Knies aus Februar 2013 aus und kam zu der Einschätzung, der GdB der Klägerin sei bei bestehender rheumatoiden Arthritis, Fibromyalgie, rezidivierenden Schmerzen, Abgeschlagenheit, Zustand nach Meniskus-Operation November 2011, HWS-Syndrom - unter Therapie wenig Einschränkungen und Beschwerde - mit 30 zu bewerten.

Mit Bescheid vom 02.05.2013 stellte der Beklagte ab dem 04.04.2013 einen GdB von 30 fest. Hiergegen legte die Klägerin am 03.06.2013 Widerspruch ein, den sich nicht näher begründete.

Mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2013 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch als unbegründet zurück.

Am 30.10.2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat sie, vertreten durch ihre Nichte, Frau Dr. S, vorgetragen, sie leide seit über 12 Jahren an einer Rheumaerkrankung, die bleibende Schäden an den Gelenken verursacht hätte. Seit sie eine Therapie bei Dr. C im Medizinischen Zentrum der Städte-Region B begonnen habe, gehe es ihr phasenweise besser. Trotzdem sei sie eine chronisch kranke Frau, die Krankheit schreite aber nicht mehr so schnell voran. Sie nehme täglich Schmerzmittel, um einigermaßen beweglich zu bleiben, zusätzlich das Chemotherapeutikum Methotrexat und in regelmäßigen Abständen Rituximab 1000mg. Bei einem Schub hülfen aber auch starke Schmerzmedikamente nicht weiter, sie sei depressiv und wünsche es ginge bald zu Ende mit ihr. Sie habe aber auch gelernt, in einer solchen Phase sich besser zu helfen. Sie gehe unter Menschen. Zu Hause verschlimmere sich ihr Zustand, weswegen sie in die Stadt gehe, sich ins Café setze und das bunte Geschehen beobachte. Diese Ablenkung helfe ihr, sich von ihren Schmerzen abzulenken. Dort sei sie, bis sie wieder Kraft gesammelt habe. In einer solchen Phase könne sie aber nicht weit gehen und müsse irgendwo am Café parken. Dies sei der einzige Grund, worum es ihr gehe. Sie benötige einen Behindertenausweis, damit sie in der Stadt trotz allem mobil bleibe und am Leben teilhaben könne. Andere Vorteile wolle sie nicht geltend machen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Facharztes für Innere Medizin und Rehabilitationsmedizin Dr. K, welches dieser - nach Untersuchung der Klägerin am 18.12.2013 - gegenüber dem Gericht erstattet hat.

Die Klägerin hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 02.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2013 zu verurteilen, bei ihr einen GdB von mindestens 50 ab dem 04.04.2013 sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens aG festzustellen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren und verweist auf das Gutachten des Dr. K.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerich...

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