Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeld. kein Ruhen bei verspäteter oder verlorengegangener Meldung einer (fortbestehenden) Arbeitsunfähigkeit, wenn die Krankenkasse dem Arzt Freiumschläge zur Verfügung stellt, um Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen direkt an die Kasse zu senden. Vertrauensschutz des Versicherten
Orientierungssatz
1. Stellen Krankenkassen den Ärzten Freiumschläge zur Verfügung, damit diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen direkt an die Krankenkasse übersenden, so tritt bei verspäteter oder verlorengegangener Meldung einer (fortbestehenden) Arbeitsunfähigkeit kein Ruhen des Krankengeldes ein, denn mit dieser Verfahrensweise hat die Krankenkasse dem Versicherten die Verpflichtung/Obliegenheit zur Meldung der Arbeitsunfähigkeit abgenommen.
2. Es darf einem Versicherten nicht zum Nachteil gereichen, wenn er seiner Krankenkasse bzw den für sie handelnden vertragsärztlichen Leistungserbringern vertraut und sich nach ihren Informationen richtet (vgl BSG vom 28.10.1981 - 3 RK 59/80 = BSGE 52, 254 = SozR 2200 § 216 Nr 5).
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 06.05.2016 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 12.09.2016 wird insoweit aufgehoben, als dadurch das Ruhen des Krankengeldanspruches für die Zeit vom 02.04. bis 25.04.2016 festgestellt worden ist. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger auch für diesen Zeitraum Krankengeld zu zahlen.
Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Ruhen des Krankengeldanspruchs vom 02. bis 25.04.2016; der Kläger begehrt die Nachzahlung der Leistung für diesen Zeitraum in Höhe von kalendertäglich 41,93 EURO, insgesamt 1.006,32 EURO.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger war seit 12.11.2015 arbeitsunfähig krank. Nach dem Ende der 6-wöchigen Entgeltfortzahlung erhielt er von der Beklagten ab 24.12.2015 Krankengeld. Die Beklagte bewilligte die Leistung zuletzt durch Bescheid vom 23.03.2016 bis 01.04.2016 in Höhe von kalendertäglich 41,93 EURO, nachdem der Allgemeinmediziner E am 14.03.2016 weitere Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis 01.04.2016 festgestellt und bescheinigt hatte.
Ausweislich von in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen Formularen, die dort mit "Duplikat" gekennzeichnet sind, bescheinigte der behandelnde Arzt des Klägers, er habe am 01.04.2016 weitere Arbeitsunfähigkeit bis 15.04.2016 und am 18.04.2016 weitere Arbeitsunfähigkeit bis 30.04.2016 festgestellt. Diese Duplikat-Bescheinigungen versandte die Arztpraxis per Fax am 26.04.2016 an die Beklagte, bei der sie an diesem Tag eingingen. Am 02.05.2016 bescheinigte der Arzt weitere, am selben Tag festgestellte Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis 20.05.2016; diese Bescheinigung ging am 03.05.2016 per Post bei der Beklagten ein.
Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger durch Bescheid vom 06.05.2016 Krankengeld erst wieder für die Zeit vom 26.04. bis 20.05.2016. Zugleich stellte sie das Ruhen des Krankengeldanspruchs vom 02.04. bis 25.04.2016 fest mit der Begründung, die erneute Attestierung der Arbeitsunfähigkeit sei erst am 26.04.2016 und damit nicht innerhalb einer Woche nach ärztlicher Feststellung angezeigt worden.
Dagegen erhob der Kläger am 03.06.2016 Widerspruch. Er trug vor, die Attestierung der Arbeitsunfähigkeit sei jeweils fristgerecht beigebracht worden. Er verwies hierzu auf eine beigefügte Bescheinigung seines behandelnden Arztes vom 11.05.2016, wonach die Krankmeldungen vom 01.04.2016 und 18.04.2016 an die Knappschaft gefaxt worden seien.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 12.09.2016 zurück. Sie verwies auf § 49 Abs. 1 Nr. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), wonach der Krankengeldanspruch ruhe, solange die weitere Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht innerhalb von einer Woche nach Feststellung gemeldet werde. Im Falle des Klägers sei die erneute Meldung der Arbeitsunfähigkeit ab 02.04.2016 erst am 26.04.2016 erfolgt, weshalb der Krankengeldanspruch vom 02.04. bis 25.04.2016 ruhe.
Dagegen hat der Kläger am 08.10.2016 Klage erhoben. Er hat zuletzt ein Schreiben seines behandelnden Arztes vom 15.01.2017 sowie einen Auszug aus dessen Patientenkartei vorgelegt. In dem Schreiben hat der Arzt u. a. erklärt: "Krankmeldungen (Exemplar für die Kasse) werden hier grundsätzlich am selben oder am Folgetag in Freiumschlägen der Knappschaft an die Knappschaft geschickt. Seit Mitte 2016 bekommt der Patient beide Exemplare (Arbeitgeber und Kasse) persönlich, dies ist eine Anweisung der Knappschaft. Die Krankmeldungen vom 1.4. und 18.04.16 sind als DUPLIKAT an die Knappschaft gefaxt worden, da die Originale per Post verschickt wurden, dies taten wir, da angeblich bei der Knappschaft keine Originale angekommen seien. Per Post versendete Originale werden nicht in der Patientenakte gesondert dokumentiert, da die Erstellung und der Ausdruck schon dokumentiert sind. Die Kassenexemplare gehen nur einen Weg und der war bis Mitte 2016 die Post per Freiumschlag an die KN. Die AU...