Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Wartezeiterfüllung. Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses der rentenrechtlichen Anrechnung von Zeiten des Arbeitslosengeldbezuges nach betriebsbedingter Kündigung gem § 51 Abs 3a SGB 6
Orientierungssatz
1. Bei der Prüfung der Bedingtheit (Verursachung) des Bezuges von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung gem § 51 Abs 3a SGB 6 ist eine Kausalität sowohl in sachlicher als auch in zeitlicher Hinsicht zu fordern. Die Insolvenz bzw die vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers muss demnach maßgeblicher Anlass für den Bezug der Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung sein und darüber hinaus dem Bezug vorangehen (vgl SG Stade vom 14.9.2015 - S 9 R 5/15).
2. Die Regelung in § 51 Abs 3a SGB 6 bzw § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 Buchst a SGB 6 verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG.
3. Die besondere Regelung in § 51 Abs 3a SGB 6 bzw § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 Buchst a SGB 6 verstößt auch nicht gegen die Eigentumsgarantie nach Art 14 Abs 1 S 2 GG.
4. Ein Verstoß der besonderen Regelung in § 51 Abs 3a SGB 6 bzw § 51 Abs 3a S 1 Nr 3 Buchst a SGB 6 gegen das Rechts- und das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 und 3 GG) ist ebenfalls nicht ersichtlich.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der am … geborene Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer abschlagsfreien Altersrente für besonders langjährig Versicherte im Sinne von § 38 Sozialgesetzbuch VI und § 236b Abs. 1, Abs. 2 SGB VI in gesetzlicher Höhe.
Der Arbeitgeber des Klägers kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 31. August 2011 ordentlich mit Ablauf zum 30. September 2011. Der Arbeitgeber des Klägers kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger aus betriebsbedingten Gründen, weil die Fördermittel nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) gekürzt worden seien, sodass die Zahl der Teilnehmer zurückgegangen sei. Somit müsse die Zahl der Arbeitnehmer reduziert werden.
Der Kläger bezog ab dem 1. Oktober 2011 bis zum 30. Juni 2014 Arbeitslosengeld I nach dem Sozialgesetzbuch III (SGB III) von der Bundesagentur für Arbeit.
Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 14. April 2014 die Gewährung einer abschlagsfreien Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach § 38 SGB VI und § 236b Abs. 1, Abs. 2 SGB VI.
Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 13. Mai 2014 einen Vorschuss auf seine Altersrente und gewährte dem Kläger mit einem endgültigen Rentenbescheid vom 25. September 2014 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteizeitarbeit gemäß § 237 Abs. 1 SGB VI ab dem 1. Juli 2014.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 24. September 2014 die Gewährung einer abschlagsfreien Altersrente für besonders langjährig Versicherte im Sinne von § 38 SGB VI und § 236b Abs. 1, Abs. 2 SGB VI ab.
Der Kläger legte am 23. Oktober 2014 gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 24. September 2014 Widerspruch ein.
Die Beklagte wies den Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 24. September 2014 mit Widerspruchsbescheid vom 27. November 2014 als unbegründet zurück. Die Beklagte führte zur Begründung aus, dass der Kläger die nach § 38 SGB VI und § 236b Abs. 1, Abs. 2 SGB VI in Verbindung mit § 51 Abs. 3a SGB VI gesetzlich geforderte Wartezeit von 45 Jahren (540 Kalendermonaten) nicht erfülle. Der Kläger habe nach seinem Versicherungsverlauf nur insgesamt 531 Kalendermonate mit Beitragszeiten im Sinne von § 51 Abs. 3a SGB VI nachgewiesen. Dabei sei die Zeit des Bezuges von Arbeitslosengeld I nach dem SGB III als Entgeltersatzleistung der Arbeitsförderung vom 1. Juli 2012 bis zum 30. Juni 2014 nach § 51 Abs. 3a Satz 1 Nr. 3a SGB VI auf die gemäß § 38 SGB VI und § 236b Abs. 1 Nr. 2 SGB VI in Verbindung mit § 51 Abs. 3a SGB VI gesetzlich erforderliche Wartezeit von 45 Jahren (540 Kalendermonaten) nicht anzurechnen, da das Arbeitslosengeld I nach dem SGB III als Entgeltersatzleistung der Arbeitsförderung in den letzten zwei Jahren vor dem Rentenbeginn gezahlt worden sei, wobei dieser Leistungsbezug nicht durch eine Insolvenz oder eine vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt (verursacht) worden sei (§ 51 Abs. 3a Satz 1 Nr. 3a SGB VI).
Der Kläger hat am 15. Dezember 2014 Klage vor dem Sozialgericht Altenburg erhoben.
Der Kläger ist der Ansicht, dass ihm die Beklagte eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte im Sinne von § 38 SGB VI und § 236b Abs. 1, Abs. 2 SGB VI in gesetzlicher Höhe gewähren müsse. Der Kläger habe die nach § 38 SGB VI und § 236b Abs. 1, Abs. 2 SGB VI in Verbindung mit § 51 Abs. 3a SGB VI gesetzlich geforderte Wartezeit von 45 Jahren (540 Kalendermonaten) erfüllt. Dabei sei die Zeit des Bezuges von Arbeitslosengeld I nach dem SGB III als Entgeltersatzleistung der Arbeitsförderung vom 1. Juli 2012 bis zum 30. Juni 2014 nach § 51 Abs. 3a Satz 1 Nr. 3a SGB VI auf die gemäß § 38 SGB VI und § 236b Abs. 1...