Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte
Orientierungssatz
1. Versicherte der Geburtsjahrgänge bis einschließlich 1952, welche die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben, können nach §§ 38, 2366b SGB 6 die abschlagsfreie Altersrente in Anspruch nehmen.
2. Als anrechenbare Zeiten sieht § 51 Abs. 3a SGB 6 u. a. Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung, d. h. des Bezugs von Arbeitslosengeld vor, sofern diese Zeiten Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind. Allerdings werden derartige Zeiten in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, es sei denn, der Bezug war durch Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt.
3. Danach muss die Insolvenz bzw. Geschäftsaufgabe maßgeblicher Anlass für den Bezug der Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung sein und darüber hinaus dem Bezug vorangehen.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Zeitpunkt, ab dem dem Kläger Altersrente für besonders langjährig Versicherte zusteht. Es geht um die Frage, inwieweit der Bezug von Arbeitslosengeld I durch eine Insolvenz des Arbeitgebers des Klägers bedingt war.
Der im Dezember 1950 geborene Kläger, der bei der Beklagten gesetzlich rentenversichert ist, stand zuletzt als Mitarbeiter im Rechnungswesen in einem Beschäftigungsverhältnis bei der "H." (im Folgenden: Arbeitgeber). Am 12. Dezember 2013 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 31. Januar 2014. Die Bundesagentur für Arbeit (I.) zahlte dem Kläger für die Zeit ab dem 1. Februar 2014 Arbeitslosengeld I (Leistungsbetrag zunächst kalendertäglich 37,99 EUR, monatlicher Zahlbetrag 1.139,70 EUR). Unter dem 10. Juni 2014 stellte der Arbeitgeber eine Bescheinigung des Inhalts aus, die Kündigung zum 31. Januar 2014 sei im Rahmen von Kostensenkungsmaßnahmen ausgesprochen worden, um eine Insolvenz zu verhindern. Gleichwohl habe am 31. März 2014 der Insolvenzantrag gestellt werden müssen.
Am 26. August 2014 ging bei der Beklagten der streitgegenständliche Antrag des Klägers ein, ihm Altersrente für besonders langjährig Versicherte für die Zeit ab dem 1. September 2014 zu gewähren. Die Beklagte ermittelte daraufhin aus dem Versicherungsverlauf des Klägers, in der Zeit bis einschließlich August 2014 seien von den für die gewünschte Rentenart erforderlichen 540 Monaten Wartezeit (45 Jahre) lediglich 533 Monate zurückgelegt worden.
Mit ihrem Bescheid vom 2. Oktober 2014 lehnte die Beklagte sodann den Antrag des Klägers ab. Die Zeit des Bezuges von Arbeitslosengeld I von Februar bis August 2014, also die noch erforderlichen sieben Monate, ließ die Beklagte bei der Ermittlung der Wartezeit (bzw. Mindestversicherungszeit) außer Betracht. Sie bezog sich dabei auf die gesetzliche Vorgabe in § 51 Abs. 3a Satz 1 Nr. 3a) Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), wonach Zeiten des Bezuges von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht zur Anrechnung kämen, es sei denn, der Leistungsbezug sei durch eine Insolvenz oder eine vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt. Eine Ursächlichkeit im Sinne der Rückausnahme könne hier nicht festgestellt werden.
Der Kläger erhob Widerspruch und trug vor, die Anforderungen des SGB VI betreffend die Erfüllung der Wartezeit lägen auch in seinem Fall vor. Der Arbeitgeber habe die Kündigung in Anbetracht der drohenden Insolvenz ausgesprochen. An den Maßgaben des § 51 Abs. 3a SGB VI hätten sich die Beteiligten zum Zeitpunkt der Kündigung und zum Zeitpunkt der Insolvenz noch gar nicht orientieren können, weil das Gesetz zur abschlagsfreien Rente mit 63 erst am 1. Juli 2014 in Kraft getreten sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch ihren Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2014 zurück. Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung könnten nur dann auf die Wartezeit angerechnet werden, wenn die Kündigung dem Insolvenzereignis zeitlich nachgefolgt sei.
Dagegen richtet sich die am 7. Januar 2015 beim erkennenden Gericht eingegangene Klage. Der Kläger betont, mit der Herausnahme der Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld I aus der Berücksichtigung für die Wartezeit nicht gerechnet zu haben. Wären ihm die gesetzgeberischen Vorgaben und die Konsequenzen früher bewusst geworden, so würde er - zur hilfsweisen Erfüllung der Wartezeit - nicht erst zum September 2014, sondern bereits zu einem früheren Zeitpunkt einen Minijob unter Verzicht auf die Versicherungsfreiheit angenommen haben.
Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 2. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
2. ihm schon für die Zeit ab dem 1. September 2014 Altersrente für besonders langjährig Versicherte zu gewähren - unter Einbeziehung einer Wartezeit von 45 Jahren und unter An...