Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Auszahlung einer Verletztenrente
Orientierungssatz
§ 61 Abs. 1 SGB VII erfasst die Fälle, in denen ein aktiver Beamter einen Versicherungsfall in der Gesetzlichen Unfallversicherung erleidet, also - wie hier - der Unfall bei einer außerdienstlichen Tätigkeit eingetreten ist. Dem Beamten muss wegen des Unfalls ein Rentenanspruch aus der gesetzlichen Unfallversicherung zukommen, er darf wegen desselben Unfalls gerade keinen Anspruch auf Unfallfürsorge nach beamtenrechtlichen Vorschriften haben, auch wenn - und dies meint das Wort "sonst" in dem in Bezug genommenen § 82 Abs. 4 Satz 1 SGB VII - er für Dienstunfälle Unfallfürsorge durch den Dienstherrn erhalten würde.
2.§ 61 SGB VII stellt darauf ab, dass ein aktives Dienstverhältnis als Beamter besteht, aus dem ein Anspruch auf Unfallfürsorge resultiert. Dieser Anspruch hängt gerade vom Bestehen eines statusrechtlichen Beamtenverhältnisses ab. Daraus folgt, dass auch im SGB VII kein anderer Beamtenbegriff anzuwenden ist, sondern es auf die statusrechtliche Stellung als Beamter ankommt.
3.Beamte erhalten - anders als Nichtbeamte - regelmäßig nach einem Unfall ihre vollen Bezüge weiter, so dass sie keine wirtschaftlichen Einbußen erleiden. Es liegt somit ein vernünftiger, sich aus der Sache ergebender Grund für ein unterschiedliche Behandlung vor und keine willkürliche Ungleichbehandlung, die Art. 3 Abs. 1 GG verletzten könnte.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Umfang der Auszahlung einer Verletztenrente.
Der 1973 geborene Kläger ist Beamter des Freistaats Bayern. Am 12. November 2008 erlitt er einen Unfall mit seinem Motorrad, als er als Vertreter der Gemeinde A-Stadt zu einer Sitzung eines Arbeitskreises der Regionalentwicklung unterwegs war. Der Durchgangsarzt diagnostizierte u.a. eine Rippenserienfraktur rechts, eine Lungenkontusion rechts, eine Clavicula- und Scapulafraktur, eine Aortenbogenverletzung und einen Bruch des Brustwirbelkörpers 9 mit Hinterkantenbeteiligung. Der Kläger wurde im Klinikum B-Stadt stationär behandelt, wobei eine Stenprothese implantiert wurde und sich eine Plegie des rechten Armes zeigte.
Mit Bescheid vom 9. März 2009 erkannte der Beklagte den Unfall als Arbeitsunfall an und gewährte dem Kläger Pflegegeld.
Vom Dienstherrn des Klägers wurde dem Beklagten mitgeteilt, dass die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge des Klägers am Unfalltag sich auf insgesamt 3.120,03 EUR belaufen.
Anfang Mai 2009 erfolgte die Neurolyse und Teilrekonstruktion des supra- und infraclaviculären Plexus rechts. Die komplette motorische Plexusläsion rechts bestand allerdings unverändert fort. Ab 22. März 2010 wurde dem Kläger wieder Arbeitsfähigkeit bescheinigt.
Im Gutachten vom 21. April 2010 ging der Chirurg Dr. K. von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 v.H. für einen Totalausfall des Plexus brachialis rechts, eine deutliche Verschmächtigung der Armmuskulatur, eine deutliche Verformung der Brustwirbelsäule und Implantation einer Stentprothese bei traumatischer Aortenisthmusruptur aus. In dem von Dr. B. erstellten neurologischen Zusatzgutachten vom 7. Mai 2010 wurde die MdE für den Plexus-Totalausfall mit 75 v.H. eingeschätzt. Dr. K. nahm schließlich eine Gesamt-MdE von 100 v.H. an.
Darauf gestützt bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 25. August 2010 Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 100 v.H. ab 22. März 2010. Die Vollrente betrage 2.130,15 EUR; sie werde anteilig in Höhe des Unfallausgleichs in Höhe der Grundrente nach § 31 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) gezahlt. Es ergab sich ein monatlicher Zahlbetrag von 646 EUR.
Im Widerspruch wurde geltend gemacht, die Beschränkung der Verletztenrente auf den Unfallausgleich sei nicht gerechtfertigt, weil dem Kläger bei einem außerdienstlichen Unfall nicht "sonst" Unfallfürsorge zustehe und die Regelung verfassungswidrig sei.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 2010 zurück. Die unterschiedliche Behandlung von Beamten und Nichtbeamten sei nicht willkürlich, sondern solle Beamte hinsichtlich der Schäden aus einem Dienstunfall oder einem Arbeitsunfall gleichstellen. Daher sei die Gewährung der Rente in Höhe des Unfallausgleichs nicht zu beanstanden.
Dagegen hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten am 30. November 2010 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als Programmentwickler sei nicht originär hoheitlich, sie könne genauso gut durch einen Angestellten ausgeübt werden. Der Unfall des Klägers am 12. November 2008 habe mit seiner dienstlichen Tätigkeit nichts zu tun. Dem Kläger stehe deswegen nicht "sonst" Unfallfürsorge zu und es finde keine beamtenrechtliche Versorgung und somit keine Doppelversorgung statt. Auch sei der Kläger wohl Beamter im statusrechtlichen Sinn, nicht aber im Sinn des § 61 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII). Diese Vorschri...