Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. endgültige Leistungsbewilligung nach vorläufiger Entscheidung. keine Umdeutung einer Klage in einen Widerspruch

 

Orientierungssatz

Eine "Klage auf Unterbindung der falschen Anrechnungsfälle" kann nicht in einen Widerspruch gegen eine endgültige Leistungsbewilligung umgedeutet werden.

 

Tenor

I. Die Klage gegen die Bescheide vom 28. Januar 2016 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. Februar 2016 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Erstattungsbescheide des Beklagten vom 28.01.2016 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18.02.2016.

Die Kläger, geboren 1981 bzw. 1983, sind verheiratet und leben zusammen. Sie stehen seit Januar 2009 - mit kurzen Unterbrechungen - im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beim Beklagten.

Mit Bescheid vom 23.02.2015 war für den Zeitraum vom 01.03.2015 bis 31.08.2015 eine vorläufige Leistungsbewilligung gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) erfolgt.

Mit Bescheid vom 27.01.2016 erfolgte die endgültige Leistungsbewilligung für den vorgenannten Zeitraum. Der Beklagte setzte den Leistungsanspruch der Bedarfsgemeinschaft der Kläger gegenüber der vorläufigen Bewilligung für März 2015 um 93,42 €, für Mai 2015 um 129,84 € und für Juli 2015 um 160,00 € niedriger fest. In der Rechtsbehelfsbelehrung nannte der Bescheid zutreffend den Widerspruch als statthaften Rechtsbehelf. Die Kläger haben gegen den Bescheid vom 27.01.2016 keinen Widerspruch eingelegt.

Mit weiteren Bescheiden vom 28.01.2016 forderte der Beklagte die Kläger zur Erstattung zu viel gezahlter Leistungen für den genannten Zeitraum in Höhe von jeweils 191,63 € auf (jeweils 46,71 € für März 2015, 64,92 € für Mai 2015 und 80,00 € für Juli 2015).

Mit Schreiben vom 30.01.2016, beim Beklagten eingegangen am 01.02.2016, erhoben die Kläger "Widerspruch gegen Erstattungsbescheide vom 28.01.2016."

Ebenfalls am 01.02.2016 erhoben die Kläger zum Sozialgericht Augsburg "Klage auf Unterbindung der falschen Anrechnungsfälle". Der Beklagte habe für den Bewilligungszeitraum vom 01.03.2015 bis 31.08.2015 "wieder einen falschen Anrechnungsfall ohne Berechnungsbogen generiert". Das Gericht müsse dies unterbinden und korrigieren.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 18.02.2016 wies der Beklagte die Widersprüche der Kläger gegen die Bescheide vom 28.01.2016 als unbegründet zurück.

Hiergegen erhoben die Kläger am 22.02.2016 eine weitere Klage zum Sozialgericht Augsburg (ursprüngliches Az.: S 14 AS 192/16). Sie forderten "erneut die Unterbindung von falschen und nicht nachprüfbaren Anrechnungsfällen".

Mit Beschluss vom 16.06.2016 verband das Gericht die Streitsachen S 14 AS 104/16 und S 14 AS 192/16 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung.

Die in der mündlichen Verhandlung nicht anwesenden und auch nicht vertretenen Kläger beantragen schriftsätzlich sinngemäß,

die Bescheide vom 28.01.2016 in der Gestalt de Widerspruchsbescheides vom 18.02.2016 aufzuheben.

Der in der mündlichen Verhandlung ebenfalls nicht vertretene Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Kammer konnte den Rechtsstreit auch in Abwesenheit der Beteiligten verhandeln und entscheiden. Die Beteiligten waren ordnungsgemäß geladen und wurden in der Ladung jeweils auf die Möglichkeit der Entscheidung auch im Falle des Ausbleibens hingewiesen (§§ 110, 126, 132 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die zunächst unzulässige Klage ist mit Erlass der Widerspruchsbescheide vom 18.02.2016 zulässig geworden. In der Sache ist die Klage unbegründet. Die angefochtenen Bescheide vom 28.01.2016 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18.02.2016 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten.

Gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB III sind aufgrund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit mit der endgültigen Entscheidung ein Leistungsanspruch nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, sind aufgrund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten.

So liegt der Fall hier: Mit endgültiger Entscheidung vom 27.01.2016 hat der Beklagte den Klägern für den Zeitraum vom 01.03.2015 bis 31.08.2015 um insgesamt 383,26 € geringere Leistungen zuerkannt als mit der vorläufigen Entscheidung vom 23.02.2015. Die Kläger haben dem Beklagten daher jeweils einen Betrag von 191,63 € zu erstatten.

Ob der Bescheid vom 27.01.2016 rechtmäßig ist, muss das Gericht im vorliegenden Klageverfahren nicht prüfen, da die Kläger gegen diesen Bescheid nicht innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben haben und der Bescheid somit für die Be...

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