Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungspflicht der Krankenkasse für eine nicht zugelassene Behandlungsmethode
Orientierungssatz
1. Der Versicherte hat nach § 13 Abs. 3 SGB 5 Anspruch auf Kostenerstattung für eine selbstbeschaffte Leistung, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringt oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Ein Behandlungsanspruch mit einer nicht zugelassenen Behandlungsmethode setzt nach § 2 Abs. 1a SGB 5 voraus, dass eine lebensbedrohliche Erkrankung vorliegt. Das ist u. a. bei einem Pankreasschwanz-Karzinom der Fall.
2. Steht eine zugelassene Behandlungsmethode zur Verfügung, so ist eine Leistungspflicht der Krankenkasse für eine nicht zugelassene Methode ausgeschlossen. Für die Behandlung eines Pankreasschwanz-Karzinoms steht als zugelassene Behandlungsmethode die adjuvante Chemotherapie mit Gemcitabine zur Verfügung. Dagegen handelt es sich bei einer Behandlung mit dendritischen Zellen primär um eine experimentelle palliative Therapie. Deren Kosten sind von der Krankenkasse nicht zu tragen.
Tenor
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 10. April 2013 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 3. April 2014 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist ein Kostenerstattungsanspruch für eine alternative Krebsbehandlung in Höhe von 16.632,75 EUR streitig.
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin ihres am …2013 verstorbenen Ehemanns P... Dieser war Mitglied der Beklagten und hatte mit Schreiben seines behandelnden Arztes T. vom 13.03.2013 am 21.03.2013 bei der Beklagten wegen seines Pankreasschwanz-Karzinoms einen Antrag auf Kostenübernahme für eine kombinierte Chemo-Immuntherapie mit kombinierter Hyperthermie, onkolytischen Viren, dendritischen Zellen und Thymuspräparaten beantragt.
Hierzu holte die Beklagte eine medizinische Stellungnahme des MDK ein und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10.04.2013 ab. Bei der kombinierten Chemo-Immuntherapie handele es sich um keine anerkannte Behandlungsmethode. Es stünden auch vertragliche Behandlungsmöglichkeiten in Form einer Chemotherapie mit Gemcitabine zur Verfügung.
Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Bevollmächtigten vom 08.05.2013. Nach Einholung einer weiteren medizinischen Stellungnahme des MDK wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03.04.2014 zurück.
Dagegen hat der Bevollmächtigte am 07.05.2014 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Klagebegründung ist vorgetragen worden, dass der Ehemann der Klägerin sich zunächst am 15.01.2013 einer operativen Therapie unterzogen habe. Daraufhin habe er bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine alternative Chemo-Immuntherapie mit kombinierter Hyperthermie, onkologischen Viren, dendritischen Zellen und Thymuspräparaten beantragt, nachdem sein behandelnder Arzt Herr T. - Facharzt für Allgemeinmedizin - ihm dies empfohlen habe. Der Ehemann der Klägerin habe sich sodann in die Behandlung von Herrn T. begeben und sei dort letztmalig am 15.04.2013 behandelt worden. Für die Behandlungsmethode habe er insgesamt Kosten in Höhe von 16.632,75 EUR verauslagt. Gegenüber der Beklagten bestehe jedoch ein Anspruch auf Kostenübernahme gemäß § 2 Abs. 1a SGB V. In dieser Vorschrift habe der Gesetzgeber den Nikolaus-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 mit Wirkung vom 01.01.2012 nämlich kodifiziert. Die in § 2 Abs. 1a SGB V genannten Voraussetzungen seien im Fall des Ehemanns der Klägerin auch erfüllt gewesen. Entgegen der Ansicht der Beklagten habe dem Ehemann der Klägerin keine zugelassene Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung gestanden. Bei einer Chemotherapie mit Gemcitabine handele es sich nämlich lediglich um eine palliative Therapie. Die beantragte Behandlungsmethode habe dagegen einen kurativen Ansatz. Auch sei zu beachten, dass eine anerkannte Behandlungsmethode auch dann nicht zur Verfügung stehe, wenn keine der anerkannten Methoden geeignet sei, ein gleiches oder besseres Behandlungsziel zu erreichen wie die nicht anerkannte Methode. In aktuellen Studien zur Behandlung mit dendritischen Zellen werde über mediane Überlebenszeiten von bis zu 14 Monaten in fortgeschrittenen Stadien berichtet und somit eine Verlängerung des Gesamtüberlebens bei Beibehaltung der Lebensqualität nahegelegt. Vor diesem Hintergrund sei jedenfalls nicht davon auszugehen, dass anerkannte schulmedizinische Methoden, die zu einer Heilung der Krankheit des Ehemanns der Klägerin hätten führen können, zur Verfügung gestanden hätten. Weiter habe auch im Fall des Ehemanns der Klägerin mit der beantragten Behandlungsmethode eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestanden. Es werde dabei nicht verkannt, dass die Tiefenhyperthermie durch Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) aus dem Jahr 2005 ausdrücklich vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen worden sei. Das Bundesverfassungsgericht habe jedoch in seinem ...