Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistung. Einstiegsgeld. Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit im Ausland
Leitsatz (amtlich)
Kein Einstiegsgeld für Tätigkeit als Arzt in England.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Einstiegsgeld vom Beklagten zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit.
Der 1956 geborene Kläger, der unter Betreuung steht, ist Facharzt für Allgemeinmedizin und war unter anderem von 2006 bis 2008 als Arzt in England tätig. Zwischen April 2012 und Mai 2015 erhielt er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Beklagten. Von Mitte Mai 2015 bis Mitte November 2015 war er als angestellter Arzt in einer Praxis im Landkreis D. beschäftigt.
Im September 2016 beantragte der Kläger beim beklagten Jobcenter Einstiegsgeld für eine Tätigkeit als Honorararzt in England.
Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 14. November 2016 eine Förderung einer Selbstständigkeit in England ab. Es seien ausreichend Stellen als Arzt vorhanden oder Praxisübernahmemöglichkeiten. Wenn der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland habe, könnten keine Leistungen bewilligt werden. Andernfalls seien die Fahrtkosten unverhältnismäßig.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2016 zurückgewiesen. Ergänzend wurde noch ausgeführt, es bestehe keine Notwendigkeit, als Arzt in England zu arbeiten.
Dagegen hat der Kläger am 8. Dezember 2016 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Es sei unerheblich, wo die Arbeit stattfinde, die gefördert werden soll. Im Oktober 2016 habe er die Anfrage einer englischen Honorararztagentur erhalten, die beweise, dass er dort gebraucht werde. In vier Jahren sei es ihm nur einmal gelungen, tatsächlich in Deutschland eine Stelle zu finden. Zudem solle eine möglichst unmittelbare Arbeitsaufnahme vorrangig sein. Dies wäre in England gegeben. Es wäre auch zu fragen, ob das Jobcenter bereit sei, 100.000 EUR für die Übernahme einer Arztpraxis in Deutschland aufzubringen. Sinnvoller dürfte es doch sein, nur einmal 5.000 EUR zu leisten.
Der Kläger beantragt:
Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheids vom 14. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2016 verpflichtet, dem Kläger Einstiegsgeld in Höhe von 5.000 EUR zur Förderung einer Selbstständigkeit als Honorararzt in England zu bewilligen.
Für den Beklagten wird beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom 14. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn der Kläger hat weder Anspruch auf Einstiegsgeld für eine Tätigkeit als Honorararzt in England noch auf eine diesbezügliche Neuverbescheidung (§ 131 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).
Zur Begründung wird gemäß § 136 Abs. 3 SGG auf den angefochtenen Bescheid und Widerspruchsbescheid verwiesen.
Ergänzend ist noch anzuführen, dass sich aufgrund des gerichtlichen Verfahrens keine andere Beurteilung ergeben hat. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger geschildert, dass er die Tätigkeit, für die er Einstiegsgeld erhalten will, grundsätzlich in England ausüben wolle. Bei fehlendem Bedarf wolle er wieder nach Deutschland kommen und dazu seine jetzige Wohnung behalten. Daraus leitet das Gericht ab, dass der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) i.V.m. § 30 Abs. 3 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) nicht mehr in Deutschland hätte, sondern im Ausland, hier im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland. Dies kollidiert mit dem Grundprinzip des SGB II, dass Leistungen nur an im Inland aufhältige Personen erbracht werden. Daraus kann auch abgeleitet werden, dass Tätigkeiten im Ausland nur dann gefördert werden sollen, wenn damit keine Verlagerung des gewöhnlichen Aufenthalts ins Ausland verbunden ist.
Hinzu kommt, dass auch nach dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung das Einstiegsgeld dafür verwendet würde, die für eine ärztliche Tätigkeit in England erforderliche Prüfung und Zulassung zu bezahlen. Das bedeutet, dass sich mit dem Einstiegsgeld der Kläger erst die Chance erkaufen würde, überhaupt eine Tätigkeit als Arzt in England aufnehmen zu dürfen. Offen bliebe demnach, ob er tatsächlich eine Stelle erhielte und welches Einkommen er daraus erzielen könne. Nach der Rechnung des Klägers würde dies wohl zur Bestreitung seines Lebensunterhalts, auch unter Berücksichtigung von Fahrtkosten, genügen. Allerdings ist keine konkrete Stelle in Aussicht, schon allein weil der Kläger die besagte Zulassung noch nicht hat. Es bleibt also offen, ob der ...