Entscheidungsstichwort (Thema)
Waisenrentenanspruch bei Unterbrechung einer Ausbildung wegen Erziehung eines Kindes
Leitsatz (amtlich)
Auch während des Bezuges von Elterngeld in der Elternzeit ist eine Hinterbliebenenrente fortzuzahlen (Anschluss an BSG vom 26.1.2000 - B 13 RJ 53/99 R = SozR 3-2600 § 48 Nr 3).
Orientierungssatz
Zum Leitsatz: Vgl BSG vom 17.4.2008 - B 13/4 R 49/06 R = BSGE 100, 210 = SozR 4-2600 § 48 Nr 3; Ablehnung von LSG Stuttgart vom 1.2.2011 - L 11 R 813/10.
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid vom 24.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2012 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Berechtigung der Beklagten, eine Bewilligung einer Hinterbliebenenrente für die Klägerin aufzuheben und bereits ausbezahlte Beträge ab dem Aufhebungszeitpunkt zurückzufordern.
Die Klägerin ist am G. geboren und die Tochter des am H. verstorbenen Herrn I.. Sie erhielt nach Bescheid vom 12.07.2010 auf Grund Ihres Antrages vom 23.06.2010 eine Halbwaisenrente nach ihrem verstorbenen Vater. Ausweislich des Bescheides wurden ab dem 01.08.2010 monatlich 201,27 € an sie ausbezahlt. Der Beginn der Rente war mit dem 01.08.2010 festgelegt und die Auszahlung war bis zum 30.06.2012 befristet. Die Befristung erfolgte auf Grund der Tatsache, dass der Rentenanspruch voraussichtlich nur bis zum Abschluss einer von der Klägerin durchgeführten Schulausbildung oder Berufsausbildung bestand. Die Klägerin befand sich zu dieser Zeit in einer Ausbildung im Rahmen der zweijährigen Fachschule Sozialpädagogik an den Berufsbildenden Schulen.
Die Klägerin wurde im Jahr 2010 schwanger und befand sich vom 11.02. bis 26.05.2011 in Mutterschutz. Ihr Sohn wurde am J. geboren. Ab dem 27.05.2011 war die Klägerin auf Grund von Elternzeit vom Unterricht freigestellt. Nach Bescheid vom 28.04.2011 bezog sie in der Zeit vom 27.03.2011 bis 26.03.2012 Elterngeld in Höhe von monatlich 300,00 €.
Mit Schreiben vom 26.09.2011 fragte die Beklagte bei der Klägerin an, ob die Schulausbildung weiter fortgeführt würde. Unter dem 06.10.2011 teilte die Klägerin mit, dass sie am 11.02.2011 auf Grund der Mutterschutzzeit die Ausbildung zunächst beendet habe, um sich um Ihren Sohn zu kümmern.
Infolge dieser Mitteilung wurde die Klägerin mit Schreiben vom 31.10.2011 zu einer Aufhebung und Erstattung der Halbwaisenrente ab dem 01.06.2011 angehört.
Die Rechtsgrundlage dieser Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung sollte § 48 Abs. 1, S. 2 Nr. 2 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches Verwaltungsverfahren (SGB X) sein. Begründet wurde die beabsichtigte Aufhebung damit, dass der Klägerin ab Ende der Mutterschutzzeit kein Anspruch auf Bewilligung und Auszahlung einer Halbwaisenrente mehr zustände. Die Erstattungsforderung wurde in Höhe von 1010,96 € beziffert.
Nachdem die Klägerin sich im Verwaltungsverfahren hierzu geäußert hatte (Schreiben vom 06.11.2011) wurde mit hier streitigem Bescheid vom 24.11.2010 die Bewilligung der Rente und damit der Bescheid vom 12.07.2010 für die Zeit ab dem 01.06.2011 aufgehoben und Leistungen in Höhe von 1010,96 € für die Zeit ab dem 01.06.2011 als Erstattung gefordert. Diese Entscheidung wurde mit streitigem Widerspruchsbescheid vom 15.03.2012 bestätigt.
In der Zeit nach Ende des Elterngeldbezuges von März 2012 bis Juni 2012 bezog die Klägerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) in Höhe von ca. 180,00 - 190,00 € monatlich. Zum Schuljahr 2012/2013 nahm die Klägerin mit dem 03.September 2012 die zweijährige Fachschule Sozialpädagogik als Schulausbildung wieder auf und mit Bescheid vom 17.08.2012 wurde die Halbwaisenrente ab dem 01.09.2012 befristet bis zum 31.07.2014 in Höhe eines Auszahlungsbetrages von 207,09 € neu bewilligt und seitdem laufend ausbezahlt.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr auf Grund des Bescheides vom 12.07.2010 ein Anspruch auf Auszahlung der Halbwaisenrente über den 01.06.2011 hinaus zustehe. Sie stützt sich hierzu auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG vom 17.04.2008, Aktenzeichen: B 13/4 R 69/06 R). In jedem Fall habe Sie ihre Schwangerschaft und den voraussichtlichen Geburtstermin bei der Beklagten vor dem Oktober 2011 mitgeteilt, so dass eine Aufhebung für die Vergangenheit ausscheide.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 24.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung bezüglich der Halbwaisenrente der Klägerin rechtmäßig erfolgt sei. Der Klägerin stehe über den 01.06.2011 hinaus kein Anspruch auf Zahlung der Halbwaisenrente mehr zu, da sie sich ab diesem Zeitpunkt in Elternzeit befunden habe. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Hinterbliebenenrente in Erziehungsurlaub bzw. Elternzeit werde von der Beklagten nicht akzep...