Entscheidungsstichwort (Thema)
Absenkung des Arbeitslosengeld II. Verweigerung der Aufnahme eines 1-Euro-Jobs. Unbestimmtheit und Unzumutbarkeit des Arbeitsangebots. Bezug zur Eingliederungsvereinbarung. Vorrang der Vermittlung auf dem 1. Arbeitsmarkt. Berücksichtigung des Leistungsvermögens
Orientierungssatz
1. Das Angebot einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung muss bestimmt genug sein, um eine Sanktion gem § 31 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst c SGB 2 nach sich ziehen zu können. Der Grundsicherungsträger selbst muss die Art und die Bedingungen für die angebotene Tätigkeit festlegen. Diesem Bestimmtheitserfordernis ist nicht Genüge getan, wenn für die angebotene Arbeitsgelegenheit drei verschiedene Bereiche (Bücherprojekt, Schulprojekt, PC-Projekt) zur Auswahl standen und die Wahl des genauen Einsatzbereiches des Hilfebedürftigen dem Maßnahmeträger überlassen gewesen wäre.
2. Das Angebot einer Arbeitsgelegenheit muss einen Bezug auf die Vereinbarungen in der Eingliederungsvereinbarung erkennen lassen. Insbesondere muss erkennbar sein, dass der Grundsicherungsträger von einer mangelnden Vermittelbarkeit des Hilfebedürftigen auf dem ersten Arbeitsmarkt ausging.
3. Zur Unzumutbarkeit der angebotenen Arbeitsgelegenheit im Hinblick auf die Arbeitszeit von 30 Wochenstunden unter Berücksichtigung der eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Hilfebedürftigen.
Tenor
Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 22. August 2008 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 15. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2008 wird angeordnet.
Soweit dieser Bescheid bereits vollzogen ist, wird die Aufhebung der Vollziehung angeordnet.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt M A, K.. Straße, B, bewilligt.
Gründe
I.
Der 1971 geborene Antragsteller bezieht seit dem 01. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Zuvor bezog er Sozialhilfe und Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Der Antragsteller hat eine Lese- und Rechtschreib- sowie eine Sehschwäche. Es besteht eine Alkoholabhängigkeit. Der Antragsteller lebt in einer rund 43 m² großen Wohnung in R.. Seine drei Kinder leben bei ihren Müttern. Eine Einzelfallhelferin unterstützt den Antragsteller bei Behördengängen und der Erstellung von Bewerbungen. Zeiten längerer Erwerbstätigkeit lagen in den letzten Jahren nicht vor. Zuletzt war der Antragsteller im Jahr 2006 für einige Monate als Glas- und Gebäudereiniger beschäftigt.
Mit Sanktionsbescheid vom 11. April 2008 wurden die Leistungen an den Antragsteller im Zeitraum Mai bis Juli 2008 um 30 % abgesenkt. Zur Begründung wurde angeführt, der Antragsteller habe sich nicht um eine Arbeitsgelegenheit als Hilfsarbeiter bei der Firma A.. e.V. beworben. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Unter Berücksichtigung der Absenkung gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bewilligungsbescheid vom 23. Mai 2008 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende für den Bewilligungszeitraum vom 01. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2008.
Im April 2008 unterbreitete der Antragsgegner dem Antragsteller mit Schreiben vom 15. April 2008 einen Vermittlungsvorschlag für eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung (MAE) als “Hilfsarbeiter ohne nähere Tätigkeitsangabe„ bei der “C W- und A. GmbH„. Die Arbeitszeit sollte “30,0 Stunden/Woche, Teilzeit - flexibel„ betragen. Die Tätigkeit war in einer Anlage näher beschrieben. Danach sollte sich die Maßnahme in drei Projekte - ein Bücherprojekt, ein Schulprojekt und ein PC-Projekt - aufteilen. Der Antragsteller bewarb sich nicht. Mit Schreiben vom 22. April 2008 kündigte der Antragsgegner dem Antragsteller daraufhin die Verhängung einer weiteren Sanktion an und gab ihm Gelegenheit, seine Bewerbung bei der “C. GmbH„ bis zum 30. April 2008 nachzuholen.
In einem Brief, der vom 01. Mai 2008 datierte und am 06. Mai 2008 bei dem Antragsgegner einging, erklärte der Antragsteller, den Brief des Antragsgegners erst am 30. April 2008 in seinem Briefkasten vorgefunden zu haben. Den Brief von “C.„ habe er erst am 29. April 2008 im Briefkasten gehabt. Er bitte um Einräumung einer weiteren Frist zur Bewerbung.
Mit Sanktionsbescheid vom 15. Juli 2008 teilte der Antragsgegner mit, dass die Leistungen des Antragstellers im Zeitraum vom 01. August bis zum 31. Oktober 2008 wegen einer wiederholten Pflichtverletzung um 60 %, mithin 211,- € monatlich, gekürzt würden.
Hiergegen erhob der Antragsteller fristgerecht Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 10. August 2008 zurückgewiesen wurde.
Bereits am 24. Juli 2008 hat der Antragsteller unter Bezugnahme auf den Sanktionsbescheid einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Am 07. August 2008 hat er beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Sanktionsbescheid anzuordnen. Am 22. August 2008 hat er Klage gegen den Sanktionsbescheid in der Gestalt des i...