Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Höhe der Verfahrens- und fiktiven Terminsgebühr bei einer Untätigkeitsklage wegen Bescheidung im Kostenerstattungsverfahren nach § 63 SGB 10
Orientierungssatz
1. Der Umstand, dass es in einem Untätigkeitsklageverfahren nicht um eine Entscheidung bzw um den Erlass eines Verwaltungsaktes zur Erlangung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, sondern um die Bescheidung im Kostenerstattungsverfahren nach § 63 SGB 10 ging, ist bei der Beurteilung der Bedeutung der Angelegenheit für den Auftrageber zu berücksichtigen.
2. Bei solchen Untätigkeitsklageverfahren ist eine Verfahrensgebühr in Höhe von 25 vH der Mittelgebühr als angemessene Gebühr nach Nr 3102 RVG-VV anzusehen. Die Höhe der fiktiven Terminsgebühr folgt der Höhe der Verfahrensgebühr, dh 25 vH der Nr 3106 RVG-VV.
Tenor
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Sozialgerichts Berlin vom 6. Januar 2009 wird zurückgewiesen.
Kosten des Erinnerungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die zulässige Erinnerung ist im Ergebnis nicht begründet.
Zur Frage der Verfahrens- und (fiktiven) Terminsgebühr und deren Höhe bei Untätigkeitsklagen halten die seit Januar beim Sozialgericht Berlin eingerichteten Kostenkammern zwar grundsätzlich (seit - S 164 SF 12/09 E - vom 21. Januar 2009 bzw. - S 165 SF 11/09 E - vom 2. Februar 2009, in juris , www.sozialgerichtsbarkeit.de sowie http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/page/sammlung.psml/bs/10 aus den dort genannten Gründen) 40% der Mittelgebühren für angemessen, was vorliegend aufgrund nachstehender Berechnung einem Gesamtbetrag von 238,00 EUR entspräche (wie es auch in der Begrenzung der Erinnerung im Schriftsatz der Erinnerungsführer vom 23. März 2009 zum Ausdruck kommt):
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Verfahrensgebühr Nr. 3102, 1008 VV RVG |
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130,00 EUR |
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG |
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80,00 EUR |
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG |
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20,00 EUR |
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19%) |
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43,70 EUR |
Summe |
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273,70 EUR |
Vorliegend greift dieser Grundsatz jedoch nicht ein, da es im Rahmen des hier zu beurteilenden Untätigkeitsklageverfahrens nicht um eine Entscheidung bzw. um den Erlass eines Verwaltungsaktes zur Erlangung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ging, sondern um die Bescheidung im Kostenerstattungsverfahren nach § 63 SGB X. Dieser Umstand ist angemessen bei dem Kriterium der Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber zu berücksichtigen. Die 164. Kammer, deren Rechtsprechung die erkennende Kammer folgt, führt dazu in - S 164 SF 232/09 E - vom 26. Februar 2009 aus:
“Unter Würdigung all dieser Umstände ist das Gericht zu der Ansicht gelangt, dass in dem hier vorliegenden Fall einer Untätigkeitsklage, die sich nach Klageerhebung ohne weiteres durch Erlass des Kostenerstattungsbescheides nach § 63 SGB X unstreitig erledigt hat, ein deutlich unterdurchschnittliches Klageverfahren gegeben ist. Diesem Umstand trägt die streitgegenständliche Gebührenrechnung des klägerischen Prozessbevollmächtigten nicht hinreichend Rechnung. Seine Bestimmung der Verfahrensgebühr ist daher nicht verbindlich, weil sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 S. 4 RVG). Auf der anderen Seite würde die von der Urkundsbeamtin vorgenommene Festsetzung lediglich in Höhe der doppelten Mindestgebühr nach Nr. 3103 VV RVG (entspricht der Mindestgebühr nach Nr. 3102 VV RVG) keine angemessene Vergütung der anwaltlichen Tätigkeit bedeuten. Die Kammer meint vielmehr, dass eine Gebühr in Höhe von25% der Mittelgebührals angemessene Gebühr nach Nr. 3102 VV RVG für dieses Untätigkeitsklageverfahren zu bezeichnen ist . Dabei ist entscheidend zu beachten, dass die Untätigkeitsklage des § 88 SGG eine reine Bescheidungsklage ist. Gegenstand des Verfahrens ist also allein der Erlass des begehrten Verwaltungsakts. Auf die materielle Rechtslage kommt es folglich nicht an; sie muss vom Rechtsanwalt weder geprüft noch dargelegt werden. Der anwaltliche Arbeitsaufwand beschränkt sich daher auf die vorgerichtliche Überwachung der Frist des § 88 SGG, die Fertigung der Klageschrift, die Abgabe der nach Eintritt des erledigenden Ereignisses angezeigten Prozesserklärung sowie den Kostenantrag. Dabei handelt es sich um anwaltliche Tätigkeiten einfacher Art. Andererseits ist aber nicht zu verkennen, dass die Untätigkeitsklage dem betroffenen Anspruchsinhaber mittelbar zur Erreichung seines eigentlichen Ziels dient. Dazu ist der von dem Beklagten begehrte Erlass des Verwaltungsakts ein notwendiger Zwischenschritt, da er zwingende Voraussetzung für die Klageerhebung in der Sache ist. Unnötige zeitliche Verzögerungen auf diesem Weg können daher auch ein Haftungsrisiko des Rechtsanwalts begründen, allerdings kein besonderes Haftungsrisiko, welches vorliegend zu berücksichtigen wäre. Der vorliegende Rechtsstreit lässt keine Besonderheiten erkennen (insbesondere auch nicht in den Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Erinnerungsführers), d...