Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunftskosten für die neue Unterkunft bei Umzug. Genossenschaftsanteile als Kosten der Wohnungsbeschaffung. vorherige Zusicherung als Anspruchsvoraussetzung. einstweiliger Rechtsschutz
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Beurteilung der Angemessenheit der Unterkunftskosten der neuen Wohnung kommt es im Rahmen des § 22 Abs 2 S 2 SGB 2 auf die Heizkosten nicht an.
2. Bei Genossenschaftsanteilen handelt es sich um Wohnungsbeschaffungskosten iS des § 22 Abs 3 S 1 SGB 2.
3. Im Rahmen des § 22 Abs 3 S 1 SGB 2 ist die vorherige Zusicherung Anspruchsvoraussetzung für die Übernahme von Wohnungsbeschaffungskosten, so dass auch im Eilverfahren bei Fehlen dieser Zusicherung nur eine Verpflichtung zur Erteilung der Zusicherung nach § 22 Abs 3 S 2 SGB 2, nicht aber eine Verpflichtung zur Übernahme der Wohnungsbeschaffungskosten in Betracht kommt.
Tenor
1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern bezüglich der beantragten Wohnung, Sch…straße ... in 1… B… (1. OG, Wohnungsnummer …) die Erbringung von Leistungen für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zuzusichern.
2. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung weiter verpflichtet, den Antragstellern die Übernahme des Genossenschaftsanteils in Höhe von 1.200,- € für die unter 1. bezeichnete Wohnung zuzusichern.
3. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
4. Der Antragsgegner hat den Antragstellern deren außergerichtliche Kosten zu erstatten.
5. Den Antragstellern wird für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin J B,S… Str. ... 1… B, bewilligt.
Gründe
Der zulässige Antrag ist auch begründet.
Statthaft ist ein Antrag nach § 86b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Insoweit gilt § 920 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist damit die Glaubhaftmachung von Tatsachen, die einen Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch begründen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO). Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Zwischen beiden besteht eine Wechselbeziehung derart, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit oder Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (vgl. Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. März 2007 - L 1 ER 32/07 AY -). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenwertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine abschließende Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) müssen sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05).
Die Antragsteller haben im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens Anspruch auf die begehrte Zusicherung der Erbringung von Leistungen für die Kosten der Unterkunft sowie auf die Zusicherung der Übernahme eines Genossenschaftsanteils in Höhe von 1.200,- €.
Anspruchsgrundlage für die begehrte Zusicherung ist § 22 Abs. 2 Satz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II). Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Zum einen ist der Umzug aufgrund des Schimmelproblems notwendig, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Auch sind die Aufwendungen für die neue Unterkunft in Höhe von monatlich 490,- € (ohne Heizko...