Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit der Beitragsnachforderung von Zeitarbeitsfirmen wegen Tarifunfähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP). keine Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen die rückwirkende Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen für Leiharbeitnehmer. Feststellung der (bislang nur) gegenwartsbezogenen Tarifunfähigkeit der CGZP durch das Bundesarbeitsgericht (BAG)
Orientierungssatz
1. Die mit Beschluss des BAG vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 = AP Nr 6 zu § 2 TVG festgestellte Tarifunfähigkeit der CGZP hat zur Folge, dass Arbeitnehmer, deren Beschäftigungsverhältnis auf einem mit der CGZP geschlossenen Tarifvertrag begründet wurde, zumindest seit dem Zeitpunkt der Entscheidung des BAG einen höheren Entgeltanspruch aufgrund des Equal-Pay-Grundsatzes nach §§ 9 Nr 2, 10 Abs 4 AÜG geltend machen und entsprechend auch die Sozialversicherungsträger Beiträge nachfordern können.
2. Angesichts der Tatsache, dass nach den Feststellungen des BAG in seinem Beschluss vom 14.12.2010 (aaO) viel dafür spricht, dass die fehlende Tariffähigkeit der CGZP bereits von Beginn der Tätigkeit vorlag (also auch vor dem Beschluss von 14.12.2010) und darüber hinaus das LArbG Berlin-Potsdam vom 20.9.2011 -7 SA 1318/11- und das LArbG Halle vom 2.11.2011 - 4 Ta 130/11, festgestellt haben, dass die fehlende Tariffähigkeit der CGZP auf Satzungsmängeln beruht, ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nicht gerechtfertigt.
Tenor
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 22.12.2011 wird abgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die gerichtlichen Kosten des Verfahrens.
Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Der Streitwert wird auf 22.733,64 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom 09.01.2012, mit dem die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 22.12.2011 gegen den Nachforderungsbescheid der Antragsgegnerin vom 14.12.2011 bezüglich einer Beitragsforderung in Höhe von 45.467,28 EUR für den Zeitraum vom 16.07.2007 bis 31.12.2009 begehrt, hat keinen Erfolg.
Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Hierunter fällt das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin. Die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 22.12.2011 ist nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfallen, da der Bescheid der Antragsgegnerin vom 14.12.2011 die Beitragspflicht und -höhe zur gesetzlichen Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung feststellt und die Antragstellerin zur entsprechenden Nachzahlung verpflichtet.
Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
Das Gericht entscheidet über den Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nach pflichtgemäßem Ermessen aufgrund einer Interessenabwägung. Voraussetzung für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht ist, dass das private Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung das öffentliche Interesse am Vollzug eines Bescheides überwiegt. Der Gesetzgeber hat dabei durch den ausdrücklichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das öffentliche Interesse an einem Sofortvollzug höher eingeschätzt als das Privatinteresse an der vorläufigen Befreiung von der Leistungspflicht. Hat daher ein Widerspruch nicht schon von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung, soll gemäß § 86a Abs. 3 SGG die Behörde diese bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen, oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Diese Maßstäbe gelten in gleicher Weise mit Blick auf die Abwägungsentscheidung für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage durch das Gericht nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG - Kommentar, 9. Aufl. 2008, § 86b Rn. 12b).
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen nicht. Sie bestehen nur dann, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs nach der im vorliegenden Verfahren allein gebotenen summarischen Prüfung wahrscheinlicher ist als sein Misserfolg (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.09.2007 - L 9 B 374/07 KR ER). Dies ist vorliegend nicht der Fall, da sich die Erfolgsaussichten des Widerspruchs gegen den Beitragsnachforderungsbescheid der Antragsgegnerin derzeit als bestenfalls offen darstellen. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens verbleibt es bei der durch den ...