Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt. Vergütung. antrags- und genehmigungspflichtige psychotherapeutische Leistungen. Erbringung von Weiterbildungsassistenten. Ursachenzusammenhang zwischen Vergrößerung der Vertragsarztpraxis und Assistentenbeschäftigung. Nichterweislichkeit geht zu Lasten der Kassenärztlichen Vereinigung
Orientierungssatz
1. Zur Vergütung von antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen, die von Weiterbildungsassistenten erbracht werden (hier: Quartale IV/2005 und I/2006).
2. Dem Wortlaut des § 32 Abs 3 Ärzte-ZV ist zu entnehmen, dass zwischen der Vergrößerung der Kassenpraxis oder dem Aufrechterhalten eines übergroßen Praxisumfangs und der Beschäftigung eines Assistenten zumindest ein Ursachenzusammenhang bestehen muss (“dienen„) (vgl SG Berlin vom 25.9.2013 - S 83 KA 323/12).
3. Die Nichterweislichkeit eines kausalen Zusammenhangs zwischen der Beschäftigung von Weiterbildungsassistenten und der Aufrechterhaltung des Praxisumfangs geht zu Lasten der betreffenden Kassenärztlichen Vereinigung.
4. Aktenzeichen beim LSG L 7 KA 76/14.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 30.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.08.2013 wird aufgehoben und die Beklagte wird verpflichtet, über den Honoraranspruch der Klägerin in den Quartalen IV/2005 und I/2006 erneut unter der Maßgabe zu entscheiden, dass die von Weiterbildungsassistenten erbrachten antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen im Quartal IV/2005 im Umfang von 180.950 Punkten und im Quartal I/2006 im Umfang von 43.935 Punkten anstatt mit dem bislang zur Berechnung des Honorars herangezogenen Punktwert nunmehr mit dem Punktwert von 4,423 Cent zu vergüten sind.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung für die von Weiterbildungsassistenten erbrachten antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen. Streitig ist dabei, ob die im Quartal IV/2005 erbrachten Leistungen im Umfang von 180.950 Punkten und im Quartal I/2006 erbrachten Leistungen im Umfang von 43.935 Punkten mit dem Mindestpunktwert von 4,423 Cent zu vergüten sind.
Die Klägerin ist seit dem 01.10.1992 als Fachärztin für Psychotherapie und Physiotherapie im Verwaltungsbezirk P. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Seit dem Quartal II/1997 wurden der Klägerin Weiterbildungsassistenten bewilligt. Vom 01.04.2003 bis zum 31.03.2007 war die Weiterbildungsassistentin S. halbtags für die Klägerin tätig. In der Zeit vom 01.06.2005 bis zum 31.05.2009 beschäftigte die Klägerin zudem die Weiterbildungsassistentin D. (ebenfalls halbtags).
Die Fallzahlen der Klägerin stellten sich wie folgt dar:
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Quartal |
Klägerin |
Durchschnitt Fachgruppe |
I/1997 |
298 |
108 |
II/1997 |
322 |
117 |
IV/2005 |
180 |
30 |
I/2006 |
212 |
31 |
Dabei reichte die Klägerin Gruppen- und Einzeltherapien in folgendem Umfang zur Abrechnung ein:
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Quartal |
Gruppentherapie gesamt |
Gruppentherapie/ 6 Teilnehmer |
Einzeltherapie gesamt |
IV/2005 |
537 |
90 |
272 |
I/2006 |
798 |
133 |
251 |
Gegen die Honorarfestsetzungen für die Quartale III/2005 bis I/2006 legte die Klägerin erfolglos Widerspruch ein. Mit Urteil vom 10.11.2010 (S 79 KA 1498/06) verpflichtete das Sozialgericht Berlin die Beklagte unter Aufhebung der Honorarfestsetzungsbescheide für die Quartale IV/2005 und I/2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts die Honoraransprüche der Klägerin neu zu bescheiden. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Soweit die Klägerin erstinstanzlich unterlag, wurde bei LSG Berlin-Brandenburg Berufung eingelegt (L 7 KA 121/10). Der Rechtsstreit wurde durch beidseitige Erledigungserklärung beendet.
In Umsetzung des Urteils vom 10.11.2010 und der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17.03.2010 - B 6 KA 13/09 R) unterzog die Beklagte die Praxis der Klägerin einer Überprüfung.
Mit Bescheid vom 30.12.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die von den Weiterbildungsassistenten erbrachten Leistungen ihr als persönliche Leistungen zuzurechnen seien. Die Überprüfung habe jedoch eindeutig ergeben, dass durch die Beschäftigung von Weiterbildungsassistenten ein übergroßer Praxisumfang aufrechterhalten worden sei. Eine Änderung des ärztlichen Honorars für die Quartale III/2005 bis I/2006 werde nicht vorgenommen, da die Klägerin in allen streitgegenständlichen Quartalen eine Vergütung erhalten habe, die oberhalb der Vergütungsobergrenze liege. Die Vergütungsobergrenze errechne sich durch die Multiplikation der Punktzahl i.H.v. 561.150 mit dem Mindestpunktwert (4,423 Cent) und belaufe sich auf 24.819,66 Euro.
Der dagegen eingelegte Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 06.8.2013 zurückgewiesen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergebe sich der geltend gemachte Vergütungsanspruch nicht aus dem Urteil des SG Berlin vom 10.11.2010. Das Gericht habe Zweifel dahingehend geäußert, ob die von den Weiterbildungsassistenten erbrachten Leistungen der Klägerin zugere...