Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungssystem im Beitrittsgebiet. Ermittlung und Feststellung des tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts. Verpflegungsgeld und Reinigungszuschlag für Angehörige der Zollverwaltung der DDR

 

Leitsatz (amtlich)

Verpflegungsgeld und Reinigungszuschlag, die nach Maßgabe der Besoldungsordnungen der Zollverwaltung der DDR an Mitarbeiter der Zollverwaltung der DDR gezahlt worden sind, sind Arbeitsentgelt iS des § 6 Abs 1 S 1 AAÜG.

 

Orientierungssatz

Der Begriff des Arbeitsentgelts iS des § 6 Abs 1 S 1 AAÜG ist nach § 14 SGB 4 zu bestimmen. Dagegen ist rechtlich nicht an das DDR-Recht anzuknüpfen (vgl BSG vom 4.5.1999 - B 4 RA 6/99 R = SozR 3-8570 § 8 Nr 3 und vom 23.8.2007 - B 4 RS 4/06 R = SozR 4-8570 § 6 Nr 4).

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 15. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2009 wird abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, den Bescheid vom 5. März 1998 insoweit zurückzunehmen, als Arbeitsentgelt nach § 8 AAÜG wie folgt zu bescheinigen ist:

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Reinigungszuschuss in Höhe von monatlich 3,50 Mark für die Zeit vom 1. Januar 1969 bis zum 30. Juni 1990,

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Verpflegungsgeld

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in Höhe von 3,35 Mark pro Tag in der Zeit vom 1. April 1965 bis zum 31. Dezember 1968,

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in Höhe von monatlich 101,90 Mark vom 1. Januar 1969 bis zum 28. Februar 1970,

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in Höhe von 67,90 Mark vom 1. März 1970 bis 31. März 1970,

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in Höhe von monatlich 101,90 Mark vom 1. April 1970 bis 31. März 1971,

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in Höhe von monatlich 114,12 Mark vom 1. April 1971 bis 31. Dezember 1972,

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in Höhe von monatlich 114,06 Mark vom 1. Januar 1973 bis 31. August 1973,

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in Höhe von monatlich 129,27 Mark vom 1. September 1973 bis 28. Februar 1982,

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in Höhe von 50,04 Mark vom 1. März 1982 bis 31. März 1982,

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in Höhe von monatlich 129,27 Mark vom 1. April 1982 bis 31. August 1987,

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in Höhe von monatlich 136,97 Mark vom 1. September 1987 bis 31. Juli 1988,

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in Höhe von 30,93 Mark vom 1. August 1988 bis 31. August 1988,

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in Höhe von 136,97 Mark vom 1. September 1988 bis 30. Juni 1990.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten zu drei Viertel zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung von weiterem Arbeitsentgelt nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG).

Der 1939 geborene Kläger trat zum 1. April 1965 in ein Dienstverhältnis bei der Zollverwaltung der DDR ein. Von seinem Bruttogehalt wurden zehn Prozent abgezogen und in einen Versorgungsfonds gezahlt. Zu dem sich daraus ergebenden Betrag wurden weitere Zahlungen geleistet, unter anderem Wohn- und Verpflegungsgeld, ab dem 1. Januar 1969 zudem ein Reinigungszuschuss. Diese Zahlungen waren nicht rentenversicherungspflichtig; auf sie wurde auch keine Lohnsteuer erhoben. Wegen ihrer Höhe wird Bezug genommen auf teilweise in Kopie, teilweise im Original in den Verwaltungsakten der Beklagten befindliche “Einweisung[en] zur Zahlung der Vergütung„ und “Besoldungsstammkarte[n]„. Seit dem 1. Juli 1990 wurde dem Kläger eine befristete erweiterte Versorgung nach der Versorgungsordnung der Zollverwaltung der DDR gewährt.

Mit Bescheid vom 5. März 1998 stellte die Oberfinanzdirektion Berlin (OFD) nachgewiesene Zeiten der Zugehörigkeit zur Sonderversorgung der Angehörigen der Zollverwaltung der DDR vom 1. April 1965 bis 30. Juni 1990 fest und bescheinigte für diesen Zeitraum nachgewiesene Arbeitsentgelte. Sie berücksichtigte nicht die dem Kläger geleisteten zusätzlichen Zahlungen mit Ausnahme des Wohngeldes.

Am 21. Dezember 2007 beantragte der Kläger die Überprüfung des Feststellungsbescheides und hier die Berücksichtigung unter anderem des Verpflegungsgeldes und des Reinigungszuschusses als Arbeitsentgelt. Mit Bescheid vom 15. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2009 lehnte die Beklagte dies ab. Der Arbeitsentgeltbegriff nach § 6 Abs. 1 AAÜG nehme zwar auch Bezug auf § 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV). Der Klammerzusatz in § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, der § 256a Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in Bezug nehme, zeige indes, dass der Gesetzgeber eine Verzahnung des Arbeitsentgeltes als Begriff des SGB IV mit dem dem Grunde nach versicherbaren rentenrechtlichen Verdienst der Versicherten der Sozialversicherung habe herstellen wollen. Daraus folge, dass Leistungen, die dem Grunde nach nicht rentenrechtlich versicherbar waren und nach dem Versorgungsrecht keine Bedeutung hatten, nicht überführt werden könnten. Die Beklagte wies auf den Aufwandsersatzcharakter der streitigen Zahlungen hin.

Hiergegen hat der Kläger am 8. Oktober 2009 Klage erhoben. Er verweist darauf, dass ausweislich eines Schreibens des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom Dezember 1990 zum 1. Januar 1991 Einkommensteuer auch auf das Verpflegungsgeld erhoben worden sei. Alle Bezügebestandteile, auch das Verpflegungsgeld, seien dem steuer- und versicherungspflichtigen Einkommen zugerechnet worden. Es handele sich bei den streitigen Zahlungen um...

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