Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Vergrößerung der Praxis iS des § 32 Abs 3 Ärzte-ZV. sachlich-rechnerische Richtigstellung
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage der Vergrößerung der Kassenpraxis iS des § 32 Abs 3 Ärzte-ZV bei kooperativer Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit.
2. Liegt eine Vergrößerung der Kassenpraxis iS des § 32 Abs 3 Ärzte-ZV vor, muss die Beklagte (hier: Kassenärztliche Vereinigung) nachweisen, dass die Beschäftigung des Weiterbildungsassistenten der Vergrößerung der Kassenpraxis dienen soll.
Orientierungssatz
Sachlich-rechnerische Richtigstellungen können auch darauf gestützt werden, dass ein Vertragsarzt mit Hilfe von Weiterbildungsassistenten Leistungen in einem Umfang erbracht hat, der nicht mit § 32 Abs 3 Ärzte-ZV vereinbar ist. Dabei ist es ohne Bedeutung, dass die Beschäftigung des Weiterbildungsassistenten genehmigt war (vgl BSG vom 17.3.2010 - B 6 KA 13/09 R = SozR 4-2500 § 85 Nr 51 RdNr 31 mwN).
Tenor
Die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale I/2014 und II/2014 geändert durch den Bescheid vom 29.02.2014, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2015, geändert durch das Teilanerkenntnis vom 13.09.2017 werden aufgehoben, soweit darin Honorarkürzungen in Höhe von 8.889,30 Euro für das Quartal I/2014 und 21.233,35 Euro für das Quartal II/2014 vorgenommen wurden und die Beklagte wird verurteilt, weitere 8.889,30 Euro für das Quartal I/2014 und 21.233,35 Euro für das Quartal II/2014 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Honorarkürzungen wegen der Beschäftigung von Weiterbildungsassistenten zur Vergrößerung der Kassenpraxis für die Quartale I/2014 und II/2014 in Höhe von nunmehr noch 30.122,65 Euro (8.889,30 Euro für das Quartal I/2014 und 21.233,35 Euro für das Quartal II/2014).
Der Kläger nimmt seit dem 01.10.2011 als Facharzt für Orthopädie im Verwaltungsbezirk Friedrichshain-Kreuzberg an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Die Zusammensatzung der Praxis (angestellte Ärzte, Weiterbildungsassistenten) stellte sich ab dem Quartal IV/2011 wie folgt dar:
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Quartal |
Ärzte |
WBA (Zugeordneter Arzt) |
IV/11 |
J. (1,0 Zulassung) F. (angestellte 1,0 Arztstelle) L. (Angestellter im Job-Sharing) |
S. (J.) |
I/12 |
J. (1,0 Zulassung) F. (angestellte 1,0 Arztstelle) L. (Angestellter im Job-Sharing) |
S. (J.) |
II/12 |
J. (1,0 Zulassung) F. (angestellte 1,0 Arztstelle) |
S. (J.) |
III/12 |
J. (1,0 Zulassung) F. (angestellte 1,0 Arztstelle) F (1) (angestellte 1,0 Arztstelle) |
D. (J.) |
IV/2012 |
J. (1,0 Zulassung) F. (angestellte 1,0 Arztstelle) F (1) (angestellte 1,0 Arztstelle) |
D. (J.) |
I/13 |
J. (1,0 Zulassung) F. (angestellte 1,0 Arztstelle) F (1) (angestellte 1,0 Arztstelle) |
D. (J.) |
II/13 |
J. (1,0 Zulassung) F. (angestellte 1,0 Arztstelle) F(1) (angestellte 1,0 Arztstelle) |
D. (J.) S. (F.) |
III/13 |
J.(1,0 Zulassung) F. (angestellte 1,0 Arztstelle) F (1) (angestellte 1,0 Arztstelle) |
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IV/13 |
J. (1,0 Zulassung) F. (angestellte 1,0 Arztstelle) F (1) (angestellte 1,0 Arztstelle) |
T. (F.) |
I/14 |
J. (1,0 Zulassung) F. (angestellte 1,0 Arztstelle) F (1) (angestellte 1,0 Arztstelle) M. (angestellte 1,0 Arztstelle) |
T. (F.) B. (ab 01.02.14 J.) |
II/14 |
J.(1,0 Zulassung) F. (angestellte 1,0 Arztstelle) F (1) (angestellte 1,0 Arztstelle) M. (angestellte 1,0 Arztstelle) |
B. (J.) |
III/14 |
J. (1,0 Zulassung) F. (angestellte 1,0 Arztstelle) F (1) (angestellte 1,0 Arztstelle) |
B.(01.07.-31.07 und ab 01.09. J.) P. (ab 01.09. F.) |
Im Honorarfestsetzungsbescheid für das Quartal I/2014 nahm die Beklagte Honorarkürzungen aufgrund der Beschäftigung eines Weiterbildungsassistenten bei dem beim Kläger angestellten Arzt Dr. F. i.H.v. 14.322,50 Euro vor . Dabei legte sie die historische Fallzahl aus dem Basisquartal I/2013 zugrunde (1.151,00 Fälle). Die errechnete maximale Fallzahl (125%) i.H.v. 1438,75 Fällen wurden nach den Berechnungen der Beklagten um 421,25 Fällen überschritten. Auf den daraufhin eingelegten Widerspruch stellte die Beklagte klar, dass für die Berechnung die absoluten Fallzahlen des Dr. F. i.H.v. 1.860,00 zugrunde gelegt worden seien (Schreiben der Beklagten vom 23.09.2014). Mit Bescheid vom 29.09.2014 erfolgte eine Neuberechnung des Honorars für das Quartal I/2014 aufgrund einer bewilligten RLV-Fallzahlerhöhung und dem Kläger wurde eine Nachvergütung i.H.v. 2.962,70 Euro gutgeschrieben.
Im Honorarfestsetzungsbescheid für das Quartal II/2014 nahm die Beklagte Honorarkürzungen aufgrund der Beschäftigung eines Weiterbildungsassistenten beim Kläger i.H.v. 71.586,97 Euro vor. Dabei legte sie für die Prüfung der Praxisausdehnung die historische Fallzahl aus dem Basisquartal II/2011 (471,00 Fälle) zugrunde. Die errechnete maximale Fallzahl (125%) i.H.v. 588,75 Fällen wurde nach den Berechnungen der Beklagten um 1.419,25 Fälle überschritten.
Mit Bescheid vom 08.01.2015 teilte die Beklagte mit, dass dem Widerspruch für das Quartal II/2014 teilweise abgeholfen werde. Der Vorstand habe beschlossen, dass statt des Quartals II/2011 das Quartal II/2...