Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Honorarrückforderung. Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung durch vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung (hier: Urkundenfälschung, Missbrauch von Titeln und Berufsbezeichnungen, Betrug). kein Vergütungsanspruch
Orientierungssatz
1. Es besteht kein Anspruch auf Vergütung ärztlicher Leistungen, wenn die Voraussetzungen für eine Zulassung und damit die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung (hier: Urkundenfälschung, Missbrauch von Titeln und Berufsbezeichnungen, Betrug) erfüllt werden.
2. Auch der Umstand, dass ein Versorgungsauftrag und eine Abrechnungsgenehmigung erteilt wurden, ändert daran nichts.
Tenor
1. Die Forderung der Klägerin in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten beim Amtsgericht Charlottenburg - Insolvenzgericht - zum Aktenzeichen 36v IN 4535/21 unter der laufenden Tabellennummer 6 wird in Höhe von 417,05 EUR zur Insolvenztabelle festgestellt.
2. Es wird festgestellt, dass die zur laufenden Tabellennummer 6 zur Insolvenztabelle in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten beim Amtsgericht Charlottenburg - Insolvenzgericht - zum Aktenzeichen 36v IN 4535/21 angemeldete Forderung der Klägerin sich aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung begründet.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
4 Der Streitwert wird festgesetzt auf 417,05 EUR.
Tatbestand
Streitig ist eine Honorar-Rückforderung.
Der Beklagte wurde am 29. November 2018 vom Amtsgericht Mannheim wegen Urkundenfälschung, Missbrauch von Titeln und Berufsbezeichnungen und Betrug zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Gericht hat dabei folgenden Sachverhalt festgestellt:
Der Beklagte verschaffte sich folgende gefälschte Unterlagen: Abschlusszeugnis für den Diplomstudiengang Psychologie, Diplom über die Verleihung des Doktorgrades „Ph. D.“, Diplom über den erfolgreichen Abschluss der Fachprüfungen und Erhalt von Urkunde und Titel eines Kinder- und Jugendpsychologen „stationär und im Bereich Mental-Hygiene“. Im Jahr 2013 legte der Beklagte diese Unterlagen beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung Rheinland-Pfalz vor. Er beantragte damit die Erteilung einer Approbation als Psychotherapeut für Kinder und Jugendliche. Nach den Feststellungen des Gerichts wusste der Beklagte, dass es sich bei diesen Urkunden um Totalfälschungen handelte, die er sich zuvor gegen Entgelt verschafft hatte. Wie von ihm beabsichtigt, wurde ihm am 13. Mai 2014 die beantragte Approbation erteilt worden im Vertrauen darauf, dass der Beklagte die besagten Abschlüsse und Qualifikationen tatsächlich erlangt habe.
Mit Wirkung vom 1. Oktober 2015 wurde der Beklagte für einen Vertragsarztsitz als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut zugelassen und in das Arztregister Baden-Württemberg eingetragen. Er eröffnete in M. eine Praxis für Psychosomatik und Psychotherapie, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Er nannte sich „Dr. med. Dipl.-Psych.“, obwohl er hierzu, wie er wusste, nicht befugt war.
In der Folge reichte der Beklagte bei der kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg Sammelerklärungen zur Abrechnung der von ihm erbrachten „Behandlungsleistungen“ ein. Daraufhin wurden ihm Honorare in Höhe von insgesamt 111.726 EUR ausgezahlt, auf die der Beklagte, wie er nach den Feststellungen des Amtsgerichts wusste, keinen Anspruch hatte.
Dieser Sachverhalt stand zur Überzeugung des Amtsgerichts fest aufgrund eines Geständnisses des Beklagten, welches durch Beweismittel in der Hauptverhandlung überprüft und ergänzt wurde.
Die Klägerin hat den Beklagten mit Schreiben vom 23. April 2021 zur Zahlung von 417,05 EUR aufgefordert. Die kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg habe diesen Anspruch an die Klägerin als Krankenkasse zur unmittelbaren Einziehung abgetreten. Für die Versicherte M seien ärztliche Leistungen vom Beklagten abgerechnet worden, obwohl der Beklagte die Voraussetzungen für eine Zulassung und damit die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung von Beginn an nicht erfüllt habe.
Der Beklagte hat die Forderung nicht erfüllt. Auf Antrag der Klägerin hat das Amtsgericht Uelzen mit Datum vom 13. Juli 2021 einen Mahnbescheid erlassen. Nach einem Widerspruch des Beklagten ist das Verfahren an das Amtsgericht Spandau abgegeben worden.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 10. September 2021 Klage vor dem Amtsgericht Spandau erhoben und beantragt, den Beklagten zur Zahlung des streitigen Betrags zu verurteilen.
Der Insolvenzverwalter K hat mit Schreiben vom 17. September 2021 mitgeteilt, dass das Amtsgericht Charlottenburg das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten mit Datum vom 30. August 2021 eröffnet habe.
Die Klägerin hat daraufhin mit Schreiben vom 4. Oktober 2021 mitgeteilt, dass sie die Forderung im Insolvenzverfahren anmelden werde. Der Beklagte hat der Forderung „dem Grunde und der Höhe der vorsätzlich begangenen unerlaubte...