Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbeziehung eines neuen Verwaltungsaktes. angefochtener Verwaltungsakt. Vorverfahren
Leitsatz (amtlich)
§ 86 SGG ist nicht auf den Fall der Ersetzung des angefochtenen Verwaltungsaktes anwendbar. § 96 Abs. 1 SGG findet im Falle der Ersetzung des angefochtenen Verwaltungsaktes während des Vorverfahrens keine analoge Anwendung.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Vormerkung weiterer Zeiten als Berufsmusiker in R vom 7. Oktober 1971 bis 9. Oktober 1974 unter Berücksichtigung der Einstufung in die Qualifikationsgruppe 2.
Der am 1944 in I (Russland) geborene Kläger beantragte am 11. April 2006 die Klärung seines Rentenkontos.
Mit Bescheid vom 1. April 2008 stellte die Beklagte in einem beigefügten Versicherungsverlauf enthaltene Daten verbindlich fest.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schriftsatz seiner späteren Prozessbevollmächtigten vom 29. April 2008 Widerspruch.
Mit Bescheiden vom 16. März 2009 und 27. Mai 2009 erkannte die Beklagte weitere Zeiten als glaubhaft gemacht an.
Auf den Antrag des Klägers vom 10. August 2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Regelaltersrente ab 1. August 2009 (Rentenbescheid vom 7. Oktober 2009). Der Rentenbescheid vom 7. Oktober 2009 enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach der Kläger Widerspruch gegen den Rentenbescheid erheben könne. Der Kläger erhob gegen den Rentenbescheid mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2009 Widerspruch. Die Beklagte stellte die Rente mit Bescheid vom 16. Februar 2010 neu fest. Mit Bescheid vom 28. Juni 2010 stellte die Beklagte eine Altersrente für langjährig Versicherte ab 1. Februar 2008 fest, die sie am 3. September 2010 neu feststellte und ab 1. Juli 2011 mit Bescheiden vom 7. Juni 2011 und 21. November 2011 sowie 7. Dezember 2012 neu berechnete.
Den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 1. April 2008 wies die Beklagte, soweit ihm nicht durch Bescheide vom 16. März 2009, 27. Mai 2009, 16. Februar 2010, 29. Juni 2010 und 8. Juni 2011 abgeholfen worden sei, zurück (Widerspruchsbescheid vom 11. März 2013). Der Kläger begehre noch Anerkennung einer Beschäftigung als Musiker von Oktober 1971 bis Oktober 1974. Diesem Begehren könne nicht entsprochen werden, da eine Beschäftigung als Musiker nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht worden sei. Es sei nicht eindeutig belegt, wer Arbeitgeber des Klägers gewesen sein soll. Es sei daher auch keine Anstellung und damit kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ausreichend glaubhaft gemacht.
Mit der am 3. April 2013 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 1. April 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Tätigkeit des Versicherten als Berufsmusiker in R im Zeitraum 7. Oktober 1971 bis 9. Oktober 1974 als glaubhaft gemachte Beitragszeit bei Einstufung in die Qualifikationsgruppe 2 vorzumerken und daraufhin den Rentenanspruch für die Zeit ab 1. Februar 2008 neu zu ermitteln.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf die Begründung des angefochtenen Bescheids.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die der Kammer bei Entscheidung vorlagen, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Beteiligten haben hierfür ihr Einverständnis erteilt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Die Klage ist unzulässig.
Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 1. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 11. März 2013.
Eine Anfechtungsklage ist nur zulässig, wenn objektiv ein Verwaltungsakt vorliegt (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 54 Rn. 8a; Böttiger, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl., § 54 Rn. 42). Die bloße Behauptung des Klägers, es liege ein Verwaltungsakt vor, genügt nicht (Keller, aaO). Der Verwaltungsakt muss noch bestehen. Erledigt sich der angefochtene Verwaltungsakt nach § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf sonstige Weise, ist die Anfechtungsklage unzulässig (vgl. Keller, aaO; Bötticher, aaO).
Bei dem angefochtenen Bescheid vom 1. April 2008 handelt es sich um einen Vormerkungsbescheid nach § 149 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Der angefochtene Vormerkungsbescheid hat sich durch den Erlass des (ersten) Rentenbescheides vom 7. Oktober 2009 auf sonstige Weise gemäß § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt (vgl. BSG, Urt. v. 14.12.2011 - B 5 R 36/11 R, Rn. 12; LSG Baden-Württemberg, Urt. v.23.09.2014 - L 13 R 2527/12, juris). Mit Erlass eines Rentenbescheids hat sich das Verfahren gegen einen Vormerkungsbescheid erledigt, weil es keiner bindenden Regelung der Versicherungszeiten mehr bedarf und der Streit um die Höhe der Rente ein anderer Streitgegenstand ist (Zeihe, SGG, § 96 Rn...