Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen. Finanzierungsanteile des Arbeitnehmers am Gesamtversicherungsbeitrag des Arbeitgebers zur kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung. Steuerfreiheit. Beitragsfreiheit
Leitsatz (amtlich)
1. Finanzierungsanteile des Arbeitnehmers am Gesamtversicherungsbeitrag des Arbeitgebers zur kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung sind steuer- und damit beitragsfrei.
2. Zur Beurteilung der Steuerfreiheit iS von § 1 Abs 1 S 1 Nr 9 SvEV kommt es auf die materielle Rechtslage nach dem EStG an.
3. In der SvEV ist kein ungeschriebener Grundsatz enthalten, wonach Zuwendungen iS von § 3 Nr 63 EStG nur dann nicht zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zu zählen seien, wenn diese im Rahmen der Entgeltabrechnung vom Arbeitgeber tatsächlich und rechtlich zulässig steuerfrei behandelt würden bzw worden seien (Anschluss an SG Dresden vom 8.7.2015 - S 15 KR 1000/12 - juris).
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 16. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2014 verurteilt, an den Kläger 97,10 € nebst Zinsen in Höhe von vier Prozent seit dem 1. Februar 2014 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Sprungrevision wird zugelassen, soweit der Klage stattgegeben worden ist. Im Übrigen werden Rechtsmittel nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die beklagte Einzugsstelle dem Kläger Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeberanteil) erstatten muss, die auf den Arbeitnehmeranteil von Gesamtversicherungsbeiträgen an die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) entrichtet wurden.
Der das klagende Land vertretende Eigenbetrieb erbringt operative Dienstleistungen im Rahmen der Unterhaltung und Bewirtschaftung von landeseigenen Berliner Liegenschaften. Die Beigeladenen sind Beschäftigte des Landesbetriebes. Sie waren ab Februar 2009 im Tarifgebiet Ost beschäftigt und bei der Beklagten krankenversichert. Für beide Arbeitnehmer besteht auf arbeits- und tarifvertraglicher Grundlage eine Zusatzversorgung bei der VBL (“Pflichtversicherung„). Vom Gesamtversicherungsbeitrag zur kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung im Abrechnungsverband Ost haben sie die Hälfte zu tragen (Arbeitnehmerbeitrag). Auf diesen Anteil, den der Arbeitgeber an die VBL abführt, wurden bis Ende 2012 Steuern und Sozialversicherungsbeiträge gezahlt. An Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung entfielen auf den Beigeladenen zu 1) in der Zeit von Februar bis Dezember 2009 insgesamt 65,16 € (Krankenversicherung 23,97 €, Pflegeversicherung 3,31 €, Rentenversicherung 33,19 € und Arbeitslosenversicherung 4,69 €). Für die Arbeitnehmerbeiträge der Beigeladenen zu 2) zur VBL-Ost trug der klagende Arbeitgeber im gleichen Zeitraum - ohne die Beiträge zur Krankenversicherung - insgesamt 31,94 € an Sozialversicherungsbeiträgen (Pflegeversicherung 2,54 €, Rentenversicherung 25,79 € und Arbeitslosenversicherung 3,61 €).
Der Kläger beantragte im Dezember 2013 bei der Beklagten unter Hinweis auf ein Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) die Erstattung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen auf die VBL-Beitragsanteile der Beigeladenen. Die Anträge waren unbeziffert und ausdrücklich beschränkt auf das Kalenderjahr 2009. Die Beklagte lehnte die Anträge für Zeiträume bis einschließlich 2010 ab. Eine Erstattung sei nicht möglich, wenn die Steuerfreiheit erst nachträglich im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung beantragt worden sei und der Arbeitnehmer diese erhalten habe. Angesichts der erst Ende 2011 bekannt gewordenen Umsetzungshinweise der Finanzverwaltung sei eine Korrektur der steuerlichen Behandlung der Eigenbeiträge des Arbeitnehmers nicht mehr im Rahmen der Entgeltabrechnung, sondern nur im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung möglich gewesen. Eine Beitragserstattung scheide daher für die Jahre 2010 und früher regelmäßig aus (Bescheid vom 16. Januar 2014, Widerspruchsbescheid vom 3. April 2014).
Mit der Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass die in Rede stehenden Finanzierungsanteile kein sozialversicherungspflichtiges Entgelt seien. Das notwendige Feststellungsinteresse sei u. a. wegen des Risikos von Nachforderungen im Rahmen einer Betriebsprüfung auch aktuell noch gegeben. Der Kläger verlangt ferner die Erstattung des Arbeitgeberanteils an den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen auf die VBL-Finanzierungsanteile für den Beitragszeitraum Februar bis Dezember 2009 in Höhe von zusammen 97,10 € (65,16 € + 31,94 €). Die Sozialversicherungsbeiträge seien insoweit zu Unrecht entrichtet worden, da der Arbeitnehmerbeitrag zur VBL-Pflichtversicherung Ost nicht dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen sei. Zur weiteren Darstellung des klägerischen Vorbringens wird auf die Klagebegründung vom 16. Oktober 2014...