Entscheidungsstichwort (Thema)
Genehmigungsfiktion eines Leistungsantrags des Versicherten bei nicht rechtzeitiger Bescheidung durch die Krankenkasse
Orientierungssatz
1. Die Genehmigungsfiktion eines Leistungsantrags nach § 13 Abs. 3a SGB 5 tritt dann nicht ein, wenn die Krankenkasse innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist dem Versicherten unter Darlegung der hinreichenden Gründe schriftlich mitteilt, dass sie die Frist nicht einhalten kann.
2. Die Mitteilung der Krankenkasse muss die taggenaue Mitteilung enthalten, welche zeitliche Verzögerung zu erwarten ist (BSG Urteil vom 8. 3. 2016, B 1 KR 25/15 R).
3. Als Folge der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB 5 besteht nicht lediglich ein Anspruch auf Kostenerstattung im Fall der Selbstbeschaffung, sondern auch ein Naturalleistungsanspruch. Der Versicherte kann dann den Eintritt der Genehmigungsfiktion zum Anlass nehmen, entweder von der Krankenkasse die Leistung zu verlangen oder sich gemäß § 13 Abs. 3a S. 7 SGB 5 die Leistung selbst zu beschaffen.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 23.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2015 verurteilt, der Klägerin eine Magenbypassoperation als Sachleistung zu gewähren.
Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Versorgung mit einer Magenbypass-Operation.
Die 1991 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Am 21.05.2015 ging bei der Beklagten ein Antrag der Klägerin auf eine Magenbypass-Operation ein. Eine ärztliche Verordnung von Krankenhausbehandlung der Allgemeinmedizinerin Dr. R. ärztliche Bescheinigungen und weitere Unterlagen waren beigefügt. Bei einer Größe von 1,63 m betrug das Körpergewicht der Klägerin zu dieser Zeit 115 kg.
Die Beklagte erklärte gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 21.05.2015, dass sie zur Beurteilung, ob der geplante Eingriff aus Krankheitsgründen notwendig sei, den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e.V. (MDK) um eine sozialmedizinische Stellungnahme bitten werde. Aufgrund der eingereichten Unterlagen könne der MDK jedoch keine Empfehlung abgeben. Damit der MDK den Antrag prüfen könne, würden ein detailliertes Bewegungsprotokoll oder eine Bescheinigung des Sportvereines oder Fitnessstudios über die leitliniengerechte Bewegungstherapie sowie der Gewichtsverlauf für den Zeitraum der durchgeführten multimodalen Therapie benötigt. Die Beklagte bat um Unterstützung, damit sie den Antrag zeitnah abschließend bearbeiten könne. Um Einreichung bis zum 18.06.2015 wurde gebeten. Das Schreiben enthielt ferner den Hinweis auf die Möglichkeit einer Leistungsversagung nach § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I).
Am 21.06.2015 ging bei der Beklagten ein Schreiben der Klägerin vom 18.06.2015 ein, in dem sie u.a. erklärte, dass die Forderungen der Beklagten für sie einen Eingriff in die Privatsphäre darstellten. Ein Gewichtsprotokoll und eine Schweigepflichtsentbindungserklärung waren beigefügt.
Mit Bescheid vom 23.06.2015 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für eine Magenbypass-Operation ab. Einen Nachweis bis Februar 2015 über die Teilnahme am Programm des Fitnessstudios habe die Klägerin nicht vorgelegt. Daher könne von der erforderlichen Ausschöpfung der konservativen Maßnahmen nicht ausgegangen werden.
Nach dem Widerspruch der Klägerin beauftragte die Beklagte den MDK mit der Erstellung eines Gutachtens. In seinem Gutachten vom 05.08.2015 gelangte der MDK nach einer körperlichen Untersuchung der Klägerin zu dem Ergebnis, dass die Kostenübernahme für einen bariatrisch-chirurgischen Eingriff nicht befürwortet werden könne.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2015 als unbegründet zurück. Der Nachweis der Ausschöpfung sämtlicher konservativer Therapie- und Behandlungsmethoden sei nicht erbracht worden. Ein Nachweis über eine durchgeführte Bewegungstherapie für den Zeitraum der multimodalen Therapie sei nicht vorgelegt worden. Dem MDK zufolge bestünden zudem Zweifel hinsichtlich der notwendigen psychischen Stabilität sowie postoperativen Belastbarkeit und Compliance der Klägerin.
Mit der am 21.11.2015 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Sie ist der Auffassung, dass der Antrag auf Versorgung mit einer bariatrischen Operation nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V als genehmigt gelte. Mit Eintritt der Genehmigungsfiktion bestehe ein Anspruch auf Sachleistung. Die Krankenkasse sei mit allen Einwendungen, insbesondere mit der Einwendung fehlender medizinischer Notwendigkeit, ausgeschlossen. Die Beklagte habe erst nach Ablauf der Dreiwochenfrist des § 13 Abs. 3a Satz 1, 1. Fall SGB V über den Antrag entschieden und zuvor keine Mitteilung nach § 13 Abs. 3a Satz 4 SGB V gemacht.
Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Norm könne eine Mitteilung, dass die Beklagte die normierten Fristen nicht einhalten könne, nicht konkludent erfolgen. Ein Hinweis auf d...