Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Krankenversicherung: Übernahme von Behandlungskosten. Genehmigungsfiktion bei nicht fristgerechter Sachentscheidung bei einem Sachleistungsanspruch. Anforderungen an die Ausgestaltung einer wirksamen Information zur Verlängerung der Entscheidungsfrist. Kostenübernahme für einen Magenbypass bei Übergewicht
Orientierungssatz
1. Die Genehmigungsfiktion wegen einer nicht rechtzeitigen Entscheidung einer gesetzlichen Krankenkasse tritt auch bei Sachleistungsansprüchen eines Versicherten ein (hier: Genehmigung der Magenbypass-Operation).
2. Die Regelung zur Genehmigungsfiktion einer Leistung zugunsten eines in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten wegen einer nicht rechtzeitigen Entscheidung tritt nicht nur bei Leistungen ein, die Gegenstand des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenversicherung sind. Nicht umfasst sind lediglich solche Leistungen, die nicht subjektiv erforderlich sind.
3. Bei einer nicht fristgerechten Entscheidung auf einen Leistungsantrag eines in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten tritt die Genehmigungsfiktion mit Fristablauf nur dann nicht ein, wenn die Krankenkasse zum einen die Gründe für die Verzögerung der Entscheidung mitteilt und zum anderen eine konkrete Frist benennt, innerhalb derer die Entscheidung erfolgen wird. Dabei muss die neue Frist mit einer taggenauen Prognose mitgeteilt werden.
4. Ein Antrag auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung kann nur dann durch Genehmigungsfiktion stattgegeben werden, wenn er hinreichend bestimmt ist und insbesondere die Leistung so genau beschreibt, dass keine Unklarheit über Art und Umfang der Leistung verbleibt.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 25.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2015 verurteilt, der Klägerin eine Magenbypass-Operation als Sachleistung zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Finanzierung einer Magenbypass-Operation hat.
Die am 00.00.1983 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Sie leidet seit ihrer Kindheit an einer massiven Adipositas. Bereits im Jahr 2012 hatte sie bei der Beklagten einen Antrag auf Kostenübernahme für eine Magenverkleinerungsoperation gestellt. In diesem Zusammenhang hatte sie angegeben, bei einer Körpergröße von 168 cm ein Körpergewicht von 154 kg zu haben. Am 06.03.2013 hatte eine Untersuchung bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung X-M (MDK) stattgefunden. Eine Indikation zu der beantragten operativen Therapiemaßnahme wurde nicht gesehen. Zunächst sei eine multimodalen Therapie über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten durchzuführen. Diese solle aus Ernährungs- und Bewegungstherapie bestehen. Die Beklagte solle der Klägerin beratend zur Seite stehen. Die Beklagte hatte daraufhin den Antrag der Klägerin mündlich abgelehnt. Die Erteilung eines schriftlichen Bescheides wurde von ihr nicht gefordert.
Am 18.05.2014 beantragte die Klägerin erneut die Genehmigung einer Magenbypass-Operation. Sie wies nochmals darauf hin, dass bei ihr weiterhin ein BMI von 59,17 kg/m2 bestehe. Sie habe inzwischen unzählige Versuche unternommen, ihr Übergewicht in den Griff zu bekommen. Nie sei sie in der Lage gewesen, die mühsam errungenen Erfolge langfristig zu sichern. Darunter leide sie auch in psychischer Hinsicht sehr. Die Klägerin legte Berichte über die zwischenzeitlich durchgeführten Maßnahmen vor.
Die Beklagte leitete den Vorgang am 28.05.2014 an den MDK weiter. Mit Schreiben vom 30.05.2014 wurde der zwischenzeitlich eingeschalteten Rechtsanwältin Akteneinsicht gewährt. Gleichzeitig erhielt die Bevollmächtigte Hinweis, dass sich die Unterlagen dem zuständigen Gutachter befinden.
Am 11.06.2014 kam der MDK zu dem Ergebnis, dass nach wie vor keine Indikation zur Durchführung einer adipositaschirurgischen Maßnahmen gegeben sei. Es sei zunächst der Verlauf der für den 18.06.2014 geplanten Rehabilitationsmaßnahme abzuwarten. Erst nach Abschluss könne über den weiteren Verlauf entschieden werden.
In der Zeit vom 18.06.2014 bis 23.06.2014 befand sich die Klägerin im Rehazentrum S in C C1 zur Durchführung einer psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme. Die Klägerin hatte dort jedoch bereits nach 5 Tagen den Wunsch geäußert, abzureisen, da sie sich nicht wohl fühlte und nicht überzeugt war, von der Behandlung zu profitieren. Sie verwies darauf, dass ihre Probleme nur mit dem Übergewicht zusammen hingen.
Am 15.07.2014 wandte sich die Bevollmächtigte der Klägerin an die Beklagte und wies darauf hin, dass sie bislang keine weitere Nachricht zu dem im Mai 2014 gestellten Antrag erhalten habe. Die Rehamaßnahme sei nicht hilfreich gewesen, zumal eine strukturierte Ernährungsberatung dort nicht stattgefunden habe. Der Aufenthalt sei allein psychosomatisch ausgerichtet gewesen.
Am 17.07.2014 wurde die Klägerin z...