Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vorverfahren als Klagevoraussetzung. Fahrkostenerstattung aus Anlass eines Meldetermins. Monatskarte statt Einzelfahrschein. fehlende Kausalität
Leitsatz (amtlich)
1. Dem Prozesserfordernis des Vorverfahrens ist auch dann genügt, wenn die Verwaltung nur unvollständig über den Widerspruch entschieden hat (Anschluss an BSG vom 15.11.1979 - 7 RAr 75/78 = BSGE 49, 114 = SozR 4100 § 100 Nr. 5).
2. Ist eine Zeitfahrkarte (hier Monatsfahrschein der Berliner S-Bahn) unabhängig vom Meldetermin nach § 59 SGB 2 iVm § 309 SGB 3 erworben worden, kommt eine auch nur anteilige Übernahme der Kosten für die Zeitfahrkarte nicht in Betracht. Denn solche Aufwendungen sind nicht aus "Anlass der Meldung" iS des § 309 Abs 4 SGB 3 entstanden.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Fahrtkosten.
Der Kläger bezog Leistungen vom Beklagten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Schreiben vom 17. Dezember 2007 und vom 8. Januar 2008 lud der Beklagte den Kläger zu zwei Meldeterminen nach § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III). Die Meldetermine fanden am 8. Januar 2008 und am 21. Januar 2008 statt und wurden vom Kläger auch wahrgenommen.
Am 24. Januar 2008 beantragte der Kläger beim Beklagten Fahrtkostenerstattung in Höhe von insgesamt 8,40 € (Preis für vier S-Bahn-Einzelfahrscheine á 2,10 €) und berief sich auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 6. Dezember 2007 (B 14/7b AS 50/06 R). Der Beklagte bat den Kläger um Übersendung der Original-Fahrscheine bis zum 7. März 2008.
Mit Bescheid vom 12. März 2008 versagte der Beklagte die Fahrtkostenerstattung, da der Kläger seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei. Der Kläger wendete sich hiergegen und teilte mit, nicht über Einzelfahrscheine zu verfügen. Er übersandte Kopien von Monatsfahrscheinen der Berliner S-Bahn, unter anderem für Januar 2008 (Preis 33,50 €). Zwischenzeitlich lud der Beklagte den Kläger zu einem Meldetermin am 10. April 2008 (Schreiben vom 19. März 2008). Nach Wahrnehmung des Termins beantragte der Kläger beim Beklagten mit Schreiben vom 11. April 2008 auch insoweit Fahrtkostenerstattung in Höhe von 4,20 €. Er übermittelte die Kopie eines Monatsfahrscheins für April 2008 (Preis 33,50 €). Die Monatsfahrscheine hatte der Kläger unabhängig von den Meldeterminen erworben.
Der Beklagte bat nunmehr um Übermittlung entsprechender Formanträge. Nachdem der Kläger diese eingereicht hatte, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 6. August 2008 die “am 21.01.2008 gestellten Anträge auf Erstattung von Reisekosten„ ab. Im Betreff wurde auch auf den Meldetermin am 10. April 2008 Bezug genommen. Da der Kläger Monatsfahrscheine der Berliner S-Bahn nutze, seien ihm keine weiteren Kosten entstanden. Zudem würden Kosten für öffentliche Verkehrsmittel prozentual durch den Regelsatz abgedeckt. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 22. September 2008 (W ….) zurück.
Der Kläger wendete sich außerdem gegen ein Schreiben des Beklagten vom 30. Juli 2008. Der Widerspruch hiergegen wurde durch Widerspruchsbescheid vom 22. September 2008 (W …../08) zurückgewiesen.
Gegen die Widerspruchsbescheide vom 22. September 2008 hat der Kläger am 17. Oktober 2008 Klage erhoben. In Bezug auf die Reisekosten führt er aus, ihm stünden nur 0,47 € Fahrgeld am Tag zur Verfügung. Er könne nicht schlechter stehen als ein Hilfebedürftiger ohne Monatsfahrschein. Wenigstens müssten ihm die Aufwendungen für den Monatsfahrschein anteilig (33,50 € geteilt durch 30 Tage) ersetzt werden.
Mit Bescheid vom 26. November 2008 hat der Beklagte einen Antrag auf Erstattung von Bewerbungskosten vom 18. November 2008 abgelehnt. Mit Schreiben an den Beklagten vom 28. November 2008 legte der Kläger hiergegen Widerspruch und auch “gleich„ Klage ein.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 28. Januar 2010 hat der Kläger die Klage gegen das Schreiben des Beklagten vom 30. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2008 (W …./08) zurückgenommen. Mit Beschluss vom gleichen Tag hat die Kammer das Verfahren gegen den Bescheid vom 26. November 2008 abgetrennt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 6. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2008 (W …./08) aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm die Fahrtkosten zu den Meldeterminen am 8. Januar 2008 und am 21. Januar 2008 sowie am 10. April 2008 in Höhe von 12,60 € zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte nimmt Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
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