Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Kostenerstattung der notwendigen Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren gegen die Leistungsbewilligung (hier nach SGB II)

 

Orientierungssatz

1. Der Antrag, festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes im Vorverfahren notwendig war, ist unzulässig, da darüber nicht im Hauptsacheverfahren entschieden wird. Die Entscheidung, ob die Hinzuziehung notwendig war, trifft der Urkundsbeamte im Rahmen des Verfahrens nach § 197 SGG.

2. Ein Antrag auf Feststellung, dass die Kosten des Vorverfahrens durch den Gegner zu übernehmen sind, kann grundsätzlich nicht mit einem Hauptsacheantrag geltend gemacht werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid isoliert angefochten wird.

3. Ein Widerspruchsbescheid kann alleiniger Gegenstand einer Klage sein, wenn und soweit er eine zusätzliche Beschwer enthält. Als zusätzliche Beschwer gilt die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift.Ebenso wie die Vorschrift über die Anhörung soll § 13 SGB X als eine wesentliche Verfahrensvorschrift den Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleisten. Der Betroffene ist berechtigt, dieses Recht nicht nur selbst wahrzunehmen, sondern sich der Hilfe eines Vertreters zu bedienen. Darin kommt zum Ausdruck, dass die Vorschrift auch dem Schutz des - insbesondere rechtlich nicht versierten - Beteiligten dient. Es besteht ein berechtigtes Interesse daran, dass sich die Behörde im Widerspruchsverfahren inhaltlich mit dem Vorbringen des Vertreters des Beteiligten auseinandersetzt, sofern dieser ordnungsgemäß zum Vertreter bestellt worden ist.  

4. Auch eine durch Telefax übermittelte Prozessvollmacht genügt den Anforderungen einer schriftlichen Vollmacht.

 

Tenor

Der Widerspruchsbescheid vom 3.August 2009 wird insoweit aufgehoben, als darin über die Widersprüche der Klägerin zu 1., der Klägerin zu 5 und des Klägers zu 6. entschieden wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat 50 % der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1., der Klägerin zu 5. und der Klägerin zu 6. zu erstatten.

Kosten des Klägers zu 2., der Klägerin zu 3. und der Klägerin zu 4. sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen einen als unzulässig abgewiesenen Widerspruch.

Die Klägerin zu 1. ist die Ehefrau des Klägers zu. 2. und die Mutter der volljährigen Klägerin zu 4., der minderjährigen Klägerin zu 5. sowie des minderjährigen Klägers zu 6.. Der Kläger zu 2. ist der Vater der volljährigen Klägerin zu 3.. Gemeinsame Kinder haben die Klägerin zu 1. und der Kläger zu 2 nicht.

Die Kläger beziehen von der Beklagten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch (SGB II).

Die Kläger führten gegen die Beklagte ein Widerspruchsverfahren gegen die Leistungsbewilligung für den Zeitraum Mai bis Oktober 2008, in dem sie teilweise obsiegen. Im Widerspruchsverfahren hatte der Prozessbevollmächtigte der Kläger eine Vollmacht im Original vorgelegt, die die Klägerin zu 1. unterschrieben hatte. Aus der Vollmacht ergab sich, dass diese auch für ein evtl. Kostenfestsetzungsverfahren gelten soll. Im Widerspruchsbescheid vom 23.12.2008 führte die Beklagte aus, dass die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen erstattet werden, soweit dem Widerspruch abgeholfen wurde. Ferner wird festgestellt, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes notwendig war. Gegen diesen Widerspruchsbescheid und den entsprechenden Ausgangsbescheid führen bzw. führten die Kläger ein gesondertes Klageverfahren (S 17 AS 3950/08).

Prozessbevollmächtigte der Kläger stellten bei der Beklagten einen Antrag auf Erstattung der Kosten für das Widerspruchsverfahren .

Mit Bescheid vom 11.05.2009 bewilligte die Beklagte Vorverfahrenskosten in Höhe von 157,08 € und lehnte darüber hinaus die Übernahme der beantragten Kosten ab. In dem Kostenfestsetzungsbescheid legte die Beklagte nicht ausdrücklich eine Kostenquote fest, die Berechnung der festgesetzten Kosten basiert jedoch auf einer Kostenquote von 100%.

Der Prozessbevollmächtigte der Kläger legte gegen den Kostenfestsetzungsbescheid vom 11.05.2009 am 11.05.2009 Widerspruch ein und erklärte, dass eine Vollmacht bereits vorliege.

Die Beklagte forderte mit Schreiben vom 25.06.2009 einen Nachweis über die Bevollmächtigung des Prozessbevollmächtigten im Original an. In der Betreffzeile dieses Schreibens führt sie an, dass es um das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 11.05.2009 ginge. Als Widerspruchsführer führt sie lediglich den Namen der Klägerin zu 1. an. Der Prozessbevollmächtigte schickte am 12.07.2009 eine Vollmacht in Form eines Telefaxes. Diese Vollmacht hatte die Klägerin zu 1. unterschriebenen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.08.2009 wies die Beklagte den Widerspruch als unzulässig, da keine Vollmacht im Original vorgelegt worden und ein Telefax nicht ausreichend sei, begründet diese Entscheidung auf fast fünf DIN-A 4 Seiten. Am Ende der Begründung des Widerspruchsbescheides führt die ...

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