Entscheidungsstichwort (Thema)

Absenkung des Arbeitslosengeld II. Nichterfüllung von Pflichten aus Eingliederungsvereinbarung -fehlender Nachweis von Eigenbemühungen. Auswirkungen einer unvollständigen Akte

 

Orientierungssatz

Eine Überprüfung der gesetzlichen Voraussetzungen eines Sanktionsbescheides gem § 31 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst b SGB 2 wegen fehlenden Nachweises von Eigenbemühungen kann nur erfolgen, wenn die Eingliederungsvereinbarung vorgelegt wird und die Akten des Grundsicherungsträgers vollständig sind.

 

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 30.07.2009 gegen den Sanktionsbescheid vom 21.07.2009 wird angeordnet.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin zu 30 % zu erstatten.

 

Gründe

I. Die 1954 geborene Antragstellerin begehrt die Auszahlung bereits bewilligter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II). Zudem wendet sie sich gegen eine Sanktion. Sie ist brasilianische Staatsangehörige und erhält von der Antragsgegnerin laufende Leistungen nach dem SGB II.

Angeblich mit Eingliederungsvereinbarung vom 28.11.2008 (nicht in der Leistungsakte) soll sich die Antragstellerin verpflichtet haben, an monatlichen Eigenbemühungen zwei Bewerbungsnachweise vorzulegen.

Mit Bewilligungsbescheid vom 28.05.2009, geändert durch Änderungsbescheid vom 24.06.2009, bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin für den Zeitraum 01.06.2009 bis 30.11.2009 Arbeitslosengeld II in Höhe von um die 730,00 Euro monatlich.

Anlässlich einer persönlichen Vorsprache der Antragstellerin am 19.06.2009 stellte die Antragsgegnerin fest, dass die Antragstellerin bisher ihren Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung nicht nachgekommen sei. Ausweislich eines Gesprächsvermerks des zuständigen Arbeitsvermittlers wurde die Antragstellerin über die Möglichkeit der Sanktionierung informiert.

In einer Eingliederungsvereinbarung ebenfalls vom 19.06.2009 (nicht in der Leistungsakte - von der Antragstellerin aber im abgeschlossenen Verfahren S 26 AS 998/09 ER vorgelegt, vgl. dort Bl. 10 ff. der Gerichtsakte) heißt es unter dem Punkt “Bemühungen […] zur Eingliederung in Arbeit„: “Wird versuchen, sich beim Arzt krank schreiben zu lassen und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dem Arbeitsvermittler bis zum 28.06.09 einzureichen„. Zu weitergehenden Eigenbemühungen verpflichtete sich die Antragstellerin nicht.

Mit Sanktions- und Änderungsbescheid vom 21.07.2009 senkte die Antragsgegnerin die Leistungen der Antragstellerin für den Zeitraum August bis Oktober 2009 um monatlich 108,00 Euro mit der Begründung ab, die Antragstellerin habe ihre Eigenbemühungen nicht hinreichend nachgewiesen.

Mit Schreiben vom 30.07.2009 (nur als Anlage zum Eilantrag in der Leistungsakte der Antragsgegnerin, vgl. Bl. 549 der Leistungsakte) legte die Antragstellerin gegen den Sanktionsbescheid vom 21.07.2009 Widerspruch ein.

Am 28.08.2009 hat sie den vorliegenden Eilantrag gestellt. Sie behauptet, ihre Augustleistung sei noch nicht ausgezahlt worden. Zudem sei die Sanktion zu Unrecht erfolgt.

Die Antragsgegnerin ist dem Eilantrag entgegen getreten. Die Augustleistungen seien bereits am 31.07.2009 auf das Konto der Antragstellerin überwiesen worden. Die Sanktion sei gerechtfertigt. Die Antragstellerin sei ihren Eingliederungsverpflichtungen nicht nachgekommen.

Die Antragsgegnerin hat die Leistungsakten nicht innerhalb der zunächst gesetzten Frist vorgelegt. Mit Hinweisschreiben vom 15.09.2009 hat das Gericht die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin ausnahmsweise die Möglichkeit erhalte, bis spätestens 21.09.2009 die Leistungsakte vorzulegen. Es verstehe sich von selbst, dass die vorzulegende Akte die Eingliederungsvereinbarung und bisher vorgelegte Nachweise über Eigenbemühungen, den ursprünglichen Bewilligungsbescheid sowie etwaige Änderungsbescheide, das Anhörungsschreiben sowie eine eventuelle Reaktion der Antragstellerin, den Sanktionsbescheid sowie den Widerspruch der Antragstellerin und eventuell bei der Antragsgegnerin geführte Gesprächsvermerke enthalten müsse. Am 18.09.2009 hat die Antragsgegnerin ihre restlichen Aktenunterlagen vorgelegt. Ausweislich einer handschriftlichen Notiz wohl der zuständigen Sachbearbeiterin (Bl. 588) seien die Eingliederungsvereinbarungen vorne in der Akte vorgeheftet. Tatsächlich befindet sich in den beiden bereits bei Gericht befindlichen Bänden der Leistungsakte keine Vorheftung mit Vorgängen der Arbeitsvermittlung.

II.1. Soweit die Antragstellerin die Auszahlung bereits bewilligter Leistungen begehrt, ist der nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG- statthafte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht begründet. Die Antragsgegnerin hat unter Vorlage entsprechender Zahlungsanweisungen dargelegt, diese Leistungen an die Antragstellerin überwiesen zu haben. Auf die gerichtliche Aufforderung zur Stellungnahme hat die Antragstellerin ...

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