Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Kosten der Unterkunft. Kostentragung bei einer Heizkostennachzahlung. Zulässigkeit einer pauschalen Festlegung von Richtwerten zur Höhe der Heizungskosten

 

Orientierungssatz

1. Ein Träger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende kann die Übernahme der Kosten für eine Heizkostennachforderung nicht mit Verweis auf pauschalierte Richtwerte für die Übernahme von Heizungskosten verweigern. Vielmehr ist die Angemessenheit der Heizungskosten und einer Nachforderung des Versorgungsunternehmen jeweils im Einzelfall zu beurteilen.

2. Einzelfall zur Beurteilung der Angemessenheit von Heizungskosten (hier: Annahme von 1,94 Euro je Quadratmeter als angemessene monatliche Ausgaben für die Heizung).

 

Tenor

Die Antragsgegnerin wird im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, der Antragstellerin für die Heizkostennachzahlung vom 23. Mai 2009 weitere 233,68 Euro zu gewähren. Die Zahlung erfolgt vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung.

Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 62 vom Hundert.

 

Gründe

I.

Die Antragsstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die weitergehende Übernahme einer Heizkostennachzahlung.

Die 1956 geborene Antragstellerin steht im laufenden ergänzenden Leistungsbezug bei der Antragsgegnerin. Sie bewohnt eine ca. 46 qm große Zweizimmerwohnung in einem 1957 errichteten Dreifamilienhaus, das insgesamt eine Wohnfläche von 152 qm aufweist. Für das Abrechnungsjahr 2005/2006 erhielt sie eine Heiz- und Nebenkostenabrechnung, nach der sie 116,05 Euro nachzahlen musste. Dabei waren im gesamten Haus 3.266,00 m 3 Gas verbraucht worden, wobei bei einem Verbrauch von 162,1 Einheiten 61,5 Einheiten (37,9 %) auf die Antragstellerin entfielen. Die Nachforderung wurde in voller Höhe von der Antragsgegnerin übernommen (Bl. 60). Im Abrechnungsjahr 2006/2007 wurden insgesamt im ganzen Haus 2.425 m 3 Gas verbraucht, von dem bei 161,2 Einheiten 64 auf die Antragstellerin entfielen (39,7 %). Auch diese Nachzahlung übernahm die Antragsgegnerin (Bl. 76). Im Abrechnungsjahr 2007/2008 betrug der Verbrauch des gesamten Hauses 3106 m 3 , wobei von 154,9 Einheiten 60,1 auf die Antragstellerin entfielen (38,7 %). Auch diese Nachzahlung übernahm die Antragsgegnerin (Bl. 95). Am 23. Mai 2009 fertigte der (private) Vermieter der Antragsstellerin die Neben- und Heizkostenabrechnung für das Jahr 2008/2009. Insgesamt sind danach 3.424 m 3 Gas verbraucht worden. Von 169,3 Verbrauchseinheiten entfallen nun auf die Antragstellerin 86,1 (= 50,8 %). Auf die Antragstellerin entfallen damit Heizkosten in Höhe von 1.211,53 Euro sowie Betriebskosten in Höhe von insgesamt 621,63 Euro, mithin insgesamt Kosten von insgesamt 1.833,00 Euro. Diese waren durch die geleisteten Abschläge in Höhe von insgesamt (12 mal 105,00 Euro) 1.260,00 Euro nicht voll abgedeckt, so dass eine Nachzahlung von 573,16 Euro fällig wurde. Mit Schreiben vom 28. Mai 2009 bat die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin um Übernahme der Abrechnung. Mit Bescheid vom 10. Juni 2009 übernahm die Antragsgegnerin die Übernahme der Betriebskosten in Höhe von 63,99 Euro und Heizkosten in Höhe von 134,84 Euro. Zugleich lehnte sie die Übernahme der restlichen Heizkostennachforderung in Höhe von (573,16 Euro - 63,99 Euro minus 134,84 gleich) 374,33 Euro ab. Sie erklärte, dieser Betrag sei auf überhöhte Heizkosten zurückzuführen. Am 16. Juni 2009 erhob die Antragstellerin Widerspruch. Sie machte geltend, sie hätte keinen Einfluss auf die Höhe der Heizkosten. In der Rechtsprechung sei allgemein anerkannt, dass Heizkosten in voller Höhe zu übernehmen wären, sofern nicht unwirtschaftliches Heizverhalten nachgewiesen wäre. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2009 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wird darin ausgeführt, für eine weitergehende Leistungserbringung bestünde kein Raum. Am 20. Juli 2009 hat die Antragstellerin Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist (S 23 AS 1346/09).

Ebenfalls am 20. Juli 2009 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Sie begehrt die (restliche) Übernahme der Nachzahlung (374,33 Euro). Die Nachforderung sei nicht durch unwirtschaftliches Heizverhalten, sondern durch die Gaspreiserhöhung und den kalten Winter sowie durch eine Veränderung des Heizverhaltens der anderen Mieter entstanden. Sie fürchte eine Kündigung durch ihren Vermieter, falls sie die Nachforderung nicht zeitnah ausgleiche.

Die Antragsgegnerin ist dem Eilantrag entgegengetreten. Sie meint, es läge unwirtschaftliches Heizverhalten vor. Die Antragstellerin habe Heizkosten in Höhe von 2,19 Euro je Monat und Quadratmeter, während die übrigen Mieter nach der Abrechnung des Vermieters lediglich durchschnittlich 1,21 Euro zahlten. Damit könnten die von der Antragsstellerin vorgetra...

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