Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. staatliche Umwelt- bzw Abwrackprämie. keine zweckbestimmte Einnahme. kein Surrogat für das angemessene Kraftfahrzeug als Schonvermögen. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Bei der sogenannten Umwelt- oder Abwrackprämie handelt es sich um anrechenbares Einkommen iS des SGB 2, nicht um eine zweckgerichtete Einnahme iS des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2.
Orientierungssatz
1. Bei der Umweltprämie handelt es sich auch nicht um ein Surrogat für ein nach § 12 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB 2 dem Schonvermögen unterfallendes angemessenes Kraftfahrzeug, da nach dieser Vorschrift der Hilfebedürftige zwar ein angemessenes Kraftfahrzeug behalten können soll, was jedoch nicht bedeute, dass die mit der Anschaffung eines derartigen Fahrzeuges zufließenden Mittel ebenfalls geschützt seien (vgl LSG Essen vom 3.7.2009 - L 20 B 59/09 AS ER).
2. Verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG bestehen nicht (vgl LSG Essen aaO).
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über die Frage, ob die sogenannte “Umwelt-„ oder “Abwrackprämie„ als Einkommen im Sinne des § 11 zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB-II) anzusehen ist, oder nicht.
Die Antragsteller beziehen von der Antragsgegnerin Leistungen nach dem SGB-II. Zuletzt wurden ihnen mit Bescheid vom 07.06.2009 für den Bewilligungszeitraum 01.07.2009 bis 31.10.2009 Leistungen in Höhe von monatlich 826,02 € bewilligt, und zwar jeweils 323,00 € zur Sicherung des Lebensunterhaltes, sowie 90,01 € zur Deckung der Kosten der Unterkunft.
Im August 2009 erhielt die Antragstellerin zu 2) im Zusammenhang mit dem Erwerb eines neuen PKW‚s die sogenannte “Umweltprämie„ in Höhe von 2.500,00 € ausgezahlt. Die Zahlung erfolgte direkt an das Autohaus. Der zugrundeliegende Vertrag wurde am 11.06.2009 geschlossen. Der Kaufpreis wurde teilweise finanziert, teilweise durch eine Zahlung aus vorhandenem Schonvermögen, teilweise - in Höhe von 2.500,00 € - durch die “Umweltprämie„ abgedeckt.
Mit Änderungsbescheid vom 12.08.2009 berechnete die Antragsgegnerin daraufhin die Leistungen für die Monate September und Oktober 2009 neu. Den Antragstellern wurden monatlich 134,72 € bzw. 134,71 € zur Sicherung des Lebensunterhalts, sowie 72,13 € bzw. 72,14 € zur Deckung der Kosten der Unterkunft neu bewilligt. Der Änderungsbescheid erhielt den Hinweis, dass eine Anrechnung der “Umweltprämie„ als Einkommen in den Monaten September 2009 bis Februar 2010 erfolgen werde. Bei der Berechnung der Leistungen wurde von einem Grundbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts von jeweils 323,00 €, sowie jeweils weiteren 72,13 bzw. 72,14 € zur Deckung der Kosten der Unterkunft zugrunde gelegt. Als Einkommen wurden monatlich 416, 67 €, bereinigt um einen Freibetrag von 40,10 €, gegengerechnet.
Mit Schreiben vom 17.08.2009 legte der Antragsteller zu 1) Widerspruch gegen den Änderungsbescheid ein, über den noch nicht entschieden ist.
Mit Schreiben vom 21.08.2009 begehrten die Antragsteller, die die Ansicht vertreten, es handele sich bei der “Umweltprämie„ um anrechnungsfreie zweckgerichtete Einkünfte, einstweiligen Rechtsschutz mit dem sinngemäßen Antrag,
die Antragsgegnerin zu verpflichten ihnen, vorläufig Leistungen nach dem SGB-II ohne Berücksichtigung der Umweltprämie zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen,
da es sich bei der “Umweltprämie„ um anzurechnendes Einkommen handele.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, insbesondere auf die Schriftsätze und die eingereichten Unterlagen der Parteien verwiesen. Das Gericht hat die Verwaltungsakte zur Sachverhaltsaufklärung beigezogen.
II.
Der zulässige Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist im Ergebnis unbegründet, da die von der Beklagten vorgenommene Anrechnung der Umweltprämie als Einkommen zu recht erfolgt ist.
Nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, hier infolge gegebener sachlicher und örtlicher Zuständigkeit das Sozialgericht Chemnitz, auch wenn wie hier noch kein Hauptsacheverfahren anhängig ist, bei Gefahr der Veränderung eines bestehenden Zustandes, mit der Folge einer möglichen Gefährdung oder Erschwerung der Durchsetzbarkeit eines Rechts des Antragstellers eine vorläufige Regelung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen. Möglich ist auch eine einstweilige Regelung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich ist. Letzteres begehren die Antragsteller, da sie von der Antragsgegnerin weitere Leistungen begehren.
Begründet wäre ein solcher Antrag, wenn ein Anordnungsgrund und ein Anordnungsanspruch bestünden.
Ein Anordnungsgrund liegt dann vor, wenn dem Antragsteller ohne eine vorläufige Regelung wesentliche Nachteile drohen würden. Ein Anordnungsanspruch liegt dann vor, wenn dem Antragsteller der materiellrechtliche Anspruch der ...