Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Sperrzeit bei Arbeitsablehnung. Arbeitsangebot. fehlende Angaben über die Höhe der Vergütung
Orientierungssatz
Enthält ein Vermittlungsvorschlag keine Angaben zum Lohn bzw Gehalt, sondern lediglich einen Hinweis auf eine Bezahlung nach Eignung und Qualifikation, dann entspricht der Vermittlungsvorschlag nicht den Grundsätzen einer sachgerechten Arbeitsvermittlung, sodass die Voraussetzungen für eine Sperrzeit gem § 159 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB 3 nicht vorliegen.
Tenor
1. Der Sperrzeitbescheid der Beklagten vom 28. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2015 (Aktenzeichen) wird aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Änderungsbescheid vom 21. Juli 2015 Arbeitslosengeld (fortan: Alg) im Zeitraum vom 1. Juni 2015 bis 5. März 2017 mit unterschiedlich hohen täglichen Leistungssätzen, wobei 22,70 €/Tag nicht überschritten wurden. Mit drei Schreiben vom 18. Juni 2015 unterbreitete die Beklagte dem Kläger insgesamt drei Vermittlungsvorschläge, u.a. auch einen für eine Beschäftigung bei der Firma H B GmbH (fortan: H B GmbH). Dabei verlangte die Beklagte eine umgehende schriftliche Bewerbung. Dieser Vermittlungsvorschlag enthielt bei „Lohn/Gehalt“ nur die Angabe „nach Eignung und Qualifikation“.
Der Kläger bewarb sich auf diesen Vermittlungsvorschlag zunächst nicht; auf die beiden anderen VV bewarb er sich jeweils am 21. Juni 2015 und am 30. Juni 2015. Nachdem die H B GmbH der Beklagten mit Schreiben vom 30. Juni 2015 mitgeteilt hatte, dass sich der Kläger nicht beworben habe, hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 6. Juli 2015 zur beabsichtigten Verfügung einer Sperrzeit an. Daraufhin teilte der Kläger der Beklagten mit Faxschreiben vom 8. Juli 2015 mit, dass er sich am 7. Juli 2015 schriftlich beworben habe und laut telefonischer Auskunft der H B GmbH vom 8. Juli 2015 die Stelle bereits besetzt worden sei.
Daraufhin erließ die Beklagte mit Schreiben vom 28. Juli 2015 einen Sperrzeitbescheid, der folgenden Regelungen enthielt: Sperrzeit vom 22. Juni 2015 bis 12. Juli 2015 (drei Wochen), Aufhebung von Alg-Leistungen für denselben Zeitraum sowie eine Erstattungsforderung i.H.v. 125,64 € für den Zeitraum vom 22. Juni 2015 bis 30. Juni 2015, wobei hinsichtlich dieses Betrages die Aufrechnung mit dem Anspruch des Klägers auf Alg verrechnet wurde, und eine Minderung des Alg-Anspruches um 21 Tage. Gegen diesen Sperrzeitbescheid erhob der Kläger am 3. August 2015 sowie sein Prozessbevollmächtigter (fortan: Bevollmächtigter) erneut am 7. August 2015 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. August 2015 (Aktenzeichen) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor, dass sich der Kläger auf ein Beschäftigungsnagebot nicht wie gefordert „umgehend“ beworben habe. Ein Eingehen auf die Zumutbarkeit des Arbeitsangebotes enthält der Widerspruchsbescheid nicht. Die Bewerbung vom 7. Juli 2015 sei erkennbar zu spät erfolgt. Ferner liege kein wichtiger Grund vor.
Die Bevollmächtigte hat am 24. August 2015 Klage erhoben. Er ist u.a. Bezug nehmend auf ein Urteil des SG Chemnitz vom 15. November 2007 (S 6 AL 253/06) der Auffassung, dass das Vermittlungsangebot hinsichtlich der Beschäftigung bei der H B GmbH nicht den Grundsätzen einer sachgerechten Arbeitsvermittlung entspreche, weil die Höhe des Lohnes/Gehaltes nicht angegeben worden sei.
Der Kläger beantragt,
den Sperrzeitbescheid der Beklagten vom 28. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2015 (Aktenzeichen) aufzuheben.
Die Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf den Widerspruchsbescheid. Darüber hinaus ist sie der Auffassung, dass dem seitens des Bevollmächtigten zitierten Urteils des SG Chemnitz nicht zu folgen sei.
Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten betreffend den Kläger beigezogen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg.
I. Die gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im Übrigen gem. §§ 54 Abs. 1 Satz 2, 78 Abs. 1 Satz 1, 87, 92 Abs. 1 SGG zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Sperrzeitbescheid vom 28. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2015 (Aktenzeichen) (fortan: streitgegenständlicher Bescheid) ist rechtswidrig und beschwert den Kläger i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
1. Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 159 Abs. 1 Nr. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), sog. Sperrzeit bei Arbeitsablehnung. Danach gilt: Hat der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rec...