Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Tod des Kindes im Bezugszeitraum. Ende des Elterngeldanspruchs nach drei Wochen

 

Orientierungssatz

Wenn das Kind im Zeitraum des Bezugs von Elterngeld verstirbt, endet der Anspruch auf Elterngeld nicht gemäß § 4 Abs 4 BEEG mit Ablauf des Sterbemonats, sondern gemäß der Sonderregelung des § 16 Abs 4 BEEG drei Wochen nach dem Tod des Kindes.

 

Tenor

Der Bescheid vom 02.02.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2011 wird dahingehend abgeändert, dass die Bewilligung von Elterngeld ab dem 03.02.2011 aufgehoben wird.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

 

Tatbestand

Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 26.11.2010 Elterngeld für den 4. - 12. Lebensmonates ihrer 2010 geborenen Tochter. Am 26.01.2011 zeigte die Klägerin der Beklagten an, dass ihre Tochter am 12.01.2011 gestorben sei.

Mit Bescheid vom 02.02.2011 hob die Beklagte die Bewilligung von Elterngeld ab dem 24.01.2011 nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Verbindung mit § 4 Abs. 4 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) auf. Der Anspruch auf Elterngeld ende mit Ablauf des Lebensmonates, in dem das Kind verstorben sei (§ 4 Abs. 4 BEEG). Am 24.01.2011 seien 1.740,33 EUR für den 6. Lebensmonat gezahlt worden. Dieser Betrag sei zu erstatten.

Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie machte geltend, dass die Elternzeit nach § 16 Abs 4 BEEG am 02.02.2011 ende. Eine vorzeitige Beendigung der Elternzeit mit Zustimmung des Arbeitgebers, wie sie § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG vorsehe, sei ihr in Folge des Todes ihres Kindes und einer dadurch bedingten psychosomatischen Erkrankung nicht möglich gewesen. Das Elterngeld bezwecke, die durch die erforderliche Kinderbetreuung entgangenen Einkünfte teilweise auszugleichen und stelle insofern einen Einkommensersatz dar, folge man der Auffassung der Beklagten, würde sie in Folge des Wegfalls des Elterngeldanspruchs und des noch nicht eingetretenen wieder Auflebens des Arbeitsverhältnisses in der Zeit vom 25.01.2011 bis 02.02.2011 weder einen Einkommensersatz in Form von Elterngeld noch ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit beziehen. Dieses Ergebnis sei sowohl in rechtlicher Hinsicht als auch in seinen tatsächlichen Folgen untragbar. § 4 Abs. 4 BEEG verstoße in seiner schematischen Lösung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung gegen den in Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz verankerten Gleichheitssatz und dem aus diesem hergeleiteten Willkürverbot, denn aus der praktischen Auswirkung der Norm ergebe sich eine sachlich nicht mehr zurechtfertigende Ungleichheit, die gerade auf die rechtliche Gestaltung der Norm zurückzuführen sei. In Folge der schematischen Anwendung von § 4 Abs. 4 BEEG werde der Anspruch auf Elterngeld je nach Geburts- und Sterbedatum des Kindes bei einem Zusammenfall dieser Daten (Geburtsdatum = Sterbedatum) auf 0 Tage reduziert oder bestehe in anderen Konstellationen bis zu 30 Tage (Geburtsdatum des Kindes Ende des Monats, Sterbedatum am 01.01. eines Bezugsmonats) fort.

Überdies werde in § 4 Abs. 4 BEEG der Fall, in dem der Elterngeld beziehende Elternteil seinen Anspruch aufgrund einer Erhöhung seiner wöchentlichen Arbeitszeit verliere mit dem Fall, dass der Anspruch auf Elterngeld aufgrund des Versterbens des Kindes entfalle, gleichgesetzt. Im ersteren Fall liege der Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen im Einflussbereich des Anspruchsberechtigten, im Falle des Versterbens eines Kindes dagegen nicht. Im Falle des Versterbens eines Kindes und der damit verbundenen Sondersituation der Mutter gebiete es das Sozialstaatsprinzip vielmehr, dass Elterngeld solange zu gewähren, wie die Einkommenssicherung noch nicht durch das Wiederaufleben des Arbeitsverhältnisses in Folge des Ablaufs der Elternzeit gewährleistet sei. Es bestehe daher ein Anspruch auf Fortzahlung des bewilligten Elterngeldes bis einschließlich 02.02.2011.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.03.2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3 Grundgesetz könne in dieser Regelung nicht erkannt werden. Das Gleichheitsgebot des Artikels 3 Grundgesetz verbiete Ungleichbehandlung von im Wesentlichen gleichen Sachverhalten. Der Gleichheitsgrundsatz bedeute aber nicht die absolute Gleichheit aller Menschen. Vielmehr bedeute der Gleichheitsgrundsatz das Verbot einer grundlosen Ungleichbehandlung. Es stelle damit einen Schutz von begünstigender oder belastender Ungleichbehandlung dar, erlaube aber durchaus auch die Berücksichtigung von unterschiedlichen Verhältnissen. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes liege dann vor, wenn im Wesentlichen Aspekte ungleiche Sachverhalte gleichbehandelt werden. Dies sei hier nicht geschehen.

Am 04.04.2011 hat die Klägerin Klage erhoben. Zusätzlich zu den Ausführungen im Widerspruchsverfahren weist die Klägerin darauf hin, dass für die in § 4 Abs. 4 BEEG angelegte willkürliche Behandlung der hier aufgezeigten Fallkonstellationen von u...

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