Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Kostenübernahme für eine Magenbypass-Operation bei Adipositas des Versicherten
Orientierungssatz
1. Die Verpflichtung der Krankenkasse zur Übernahme der Kosten für eine adipositasbedingte Magenbypassoperation setzt voraus, dass die Krankenhausbehandlung unter Berücksichtigung von Behandlungsalternativen wie diätetische Therapie, Bewegungstherapie, medikamentöse Therapie oder Psychotherapie notwendig und wirtschaftlich ist. Die Magenbypass-Operation kommt nur als ultima ratio in Betracht. Der Body-Mass-Index muss entweder größer als 40 oder bei erheblichen Begleiterkrankungen größer als 35 sein. Konservative Behandlungsmethoden müssen ausgeschöpft sein oder dürfen keine Aussicht auf Erfolg haben.
2. Das Ausschöpfen konservativer Behandlungsmethoden setzt voraus, dass eine wenigstens sechs Monate dauernde ärztliche Begleitmaßnahme der Gewichtsreduktion durchlaufen wird, welche durch ein Konzept der psychologischen Begleitung und Ernährungsberatung sowie Bewegungsanregung begleitet wird.
3. Hat der Versicherte ein solches multimodales Konzept bisher nicht durchlaufen, so kommt die adipositas-chirurgische Maßnahme dennoch als ultima ratio in Betracht, wenn neben weiteren erheblichen Begleiterkrankungen, wie Schlafapnoe-Syndrom, Refluxerkrankung, hohe Cholesterinwerte, ein Diabetes mellitus vorliegt, bei dem eine ausgeprägte periphere Insulinresistenz besteht, welche die Gabe von hohen Insulindosen erforderlich macht.
Tenor
1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 01.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2013 verurteilt, an den Kläger 10.303,66 € zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Kostenerstattung für eine Adipositas chirurgische Maßnahme (Magenbypass) in Höhe von insgesamt 10.303,66 €.
Der 1969 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Am 15.03.2012 beantragte der Kläger die Kostenübernahme für eine Magenbypass-Operation unter Vorlage eines Arztbriefes des Prof. Dr. C. vom Krankenhaus S. sowie einer Verordnung von Krankenhausbehandlung.
Der Kläger wog zu diesem Zeitpunkt 129,2 kg bei einer Körpergröße von 178 cm (Bodymaßindex 40,77 kg pro qm). Der Kläger litt zu diesem Zeitpunkt an Diabetes mellitus, Schlafapnoe-Syndrom, Refluxerkrankung und hohen Cholesterinwerten. Im Rahmen des Diabetes mellitus bestand eine ausgeprägte periphere Insulinresistenz welche die Gabe von hohen Insulineinzeldosen von 120 Einheiten erforderlich machte.
Mit Bescheid vom 01.08.2012 lehnte die Beklagte die beantragte Kostenübernahme für eine Adipositas chirurgische Maßnahme ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) sei zu dem Ergebnis gekommen, dass noch nicht alle konservativen Behandlungsmaßnahmen ausgeschöpft worden seien.
Hiergegen erhob der Kläger am 16.08.2012 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, er werde auf herkömmlichem Weg, d.h. ohne Adipositas Chirurgie nicht signifikant und nachhaltig an Gewicht verlieren. Sowohl der Langzeiterfolg der chirurgischen Therapien als auch der langfristige Misserfolg der herkömmlichen Therapien sei nachgewiesen. Die S3-Leitlinie der Deutschen Adipositasgesellschaft sehe auch dann eine chirurgische Therapie der Adipositas als erforderlich an, wenn die konservative Therapie ohne Aussicht auf Erfolg sei. Ein solcher Ausnahmefall liege beim Kläger vor. Auch sei die chirurgische Therapie der konservativen Behandlung der Adipositas im Hinblick auf eine deutliche und rasche Besserung des Diabetes mellitus Typ II deutlich überlegen.
Am 27.08.2012 wurde beim Kläger die Magenbypass-Operation durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt wog der Kläger 119 kg; dies entspricht bei einer Körpergröße von 178 cm einem Bodymaßindex von 37,56 kg pro qm.
Mit dem Widerspruchsbescheid vom 13.05.2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, ausweislich des Ergebnisses der sozialmedizinischen Begutachtung hätten die Voraussetzungen eines chirurgischen Eingriffs nicht vorgelegen. Eine multimodale Behandlungsmaßnahme sei nicht erfolgt und die tiefenpsychologisch fundierte Gruppentherapie sei nicht abgeschlossen gewesen. Auch habe der Kläger zwischen der Antragstellung und der Operation ca. 10 kg an Gewicht verloren, was weitere positive Ergebnisse durch eine konservative Behandlung der Adipositas habe erwarten lassen.
Am 17.06.2013 hat der Kläger hiergegen Klage erhoben. Zur Begründung verweist der Kläger auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte Aufhebung des Bescheides vom 01.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2013 zu verurteilen, an den Kläger 10.303,66 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist die Beklagte auf die angefochtenen Bescheide.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung von Befundberichten von Dr. F., Dr. D...