Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheitsprüfung. Methodenfreiheit. schlüssiges Konzept für den Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Festlegung des Vergleichsraums. Bildung von Wohnungsmarkttypen. Zusammenfassung vergleichbarer Kommunen
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Bestimmung der abstrakten Angemessenheit von Unterkunftskosten gilt Methodenfreiheit.
2. Zu unterscheiden ist zwischen der Datenerhebung im festgelegten Vergleichsraum einerseits und der Datenauswertung andererseits. Bei der Datenauswertung im ländlichen Raum ist die Clusteranalyse (Bildung von Wohnungsmarkttypen) eine geeignete Methode.
Orientierungssatz
Zum schlüssigen Konzept im Landkreis Anhalt-Bitterfeld und zur Festlegung des Vergleichsraums.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander Kosten nicht zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch für den Zeitraum vom 01.08.2013 bis zum 30.09.2013 unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Unterkunftskosten.
Die Klägerin zu 1) lebt gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten, dem Kläger zu 2), sowie den minderjährigen Kindern, dem 2006 geborenen Kläger zu 3) und dem 2010 geborenen Kläger zu 4), in einer 120 Quadratmeter großen Wohnung in Z ... Die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für diese Wohnung betragen monatlich insgesamt 655,00 Euro. Die Kosten setzen sich zusammen aus der Grundmiete in Höhe von 480,00 Euro, den Betriebskosten in Höhe von 35,00 Euro sowie den Heizkosten in Höhe von 140,00 Euro. Die Kläger beheizen ihre Wohnung mit Erdgas.
Mit einem auf den 23.01.2013 datierten Schreiben wies der Beklagte die Kläger darauf hin, dass die tatsächlichen Unterkunftskosten unangemessen hoch seien. Unter Bezugnahme auf die für den Beklagten geltende Richtlinie zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung im Landkreis Anhalt-Bitterfeld aus April 2012 seien ab 01.08.2013 nur noch die angemessenen Kosten für Unterkunft für einen Vier-Personen-Haushalt in Höhe von 329,00 Euro sowie Heizkostenvorauszahlungen nach dem bundesweiten Heizkostenspiegel in Höhe von 122,00 Euro zu berücksichtigen.
Der im Jahr 2012 durch die von dem Beklagten beauftragte Firma "A." erstellte Bericht über die "Mietwerterhebung zur Ermittlung von KdU-Richtwerten im Landkreis Anhalt-Bitterfeld" sieht vier Wohnungsmarkttypen vor. Der Wohnort der Kläger gehört danach zum "Wohnungsmarkttyp I", zu welchem außerdem die Gemeinden A. und O. zählen.
Mit Bescheid vom 21.03.2013 bewilligte der Beklagte den Klägern zunächst vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 01.04.2013 bis zum 30.09.2013. Der Bescheid erging vorläufig aufgrund des noch nicht endgültig feststehenden Einkommens. Bei der Anspruchsberechnung berücksichtigte der Beklagte die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 01.04.2013 bis zum 31.07.2013 in tatsächlicher Höhe. Für den Zeitraum vom 01.08.2013 bis zum 30.09.2013 berücksichtigte der Beklagte die monatlichen Aufwendungen in Höhe von insgesamt 473,50 Euro. Dabei kürzte er die Bruttokaltmiete (Grundmiete zuzüglich der Nebenkosten) um 123,00 Euro auf 392,00 Euro. Die Aufwendungen für die Heizung erkannte der Beklagte in Höhe von monatlich 122,00 Euro an. Dies bedeutet eine Kürzung der tatsächlichen Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von monatlich 18,00 Euro.
Den gegen die vorgenommene Kürzung der Kosten für Unterkunft und Heizung für die Monate August 2013 und September 2013 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2013 zurück. Zur Begründung führt der Beklagte aus, die Aufwendungen der Kläger für ihre Unterkunft und Heizung seien unangemessen hoch. Die Richtlinie, die die Werte für die Angemessenheit der Unterkunftskosten je nach Wohnort und Anzahl der Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft festlegt, sei für den Beklagten verbindlich.
Die Kläger haben Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben.
Die Kläger tragen vor, ihre Unterkunftskosten seien in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen. Die Kürzung sei rechtswidrig. Für die Beurteilung der Angemessenheit der Unterkunftskosten sei auf die Werte des Wohngeldgesetzes abzustellen. Das durch den Beklagten 2012 erstellte Konzept sei nicht schlüssig. Es widerspreche der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Bestimmung des Vergleichsraums, wenn laut Konzept Gemeinden eines Wohnungsmarkttyps zusammengefasst werden, die nicht zwingend räumlich nebeneinander liegen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müsse der Vergleichsraum aufgrund seiner räumlichen Nähe und seiner Infrastruktur, insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit, einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. Nach Auffassung der Kläger sei bei einer Zusammenfassung der Gemeinde Z. mit den Gemeinden A. und O. eine räumliche Nähe nicht gegeben. Insbesondere sei Z. von A. durch die Elbe getrennt. Auch könnte...