Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheit der Unterkunftskosten. Einpersonenhaushalt im Landkreis Wittenberg. Fehlen eines schlüssigen Konzepts
Leitsatz (amtlich)
Anforderungen an ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten im Landkreis Wittenberg.
Tenor
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 29.05.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2014 (W ...) verurteilt, der Klägerin für die Monate Juni bis November 2013 weiteres Arbeitslosengeld II für die Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 53,33 EUR zu gewähren.
Der Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt höheres Arbeitslosengeld II für die Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum Juni bis November 2013.
Die am ... 1955 geborene Klägerin ist alleinstehend und steht seit 2005 beim Beklagten im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Sie übte im streitgegenständlichen Zeitraum eine Nebenbeschäftigung mit einem monatlichen Brutto- und Nettoeinkommen von 100,00 EUR aus. Bis zum 31.03.2011 wohnte die Klägerin zusammen mit ihrem Sohn D. L. in einer 62 m² großen Wohnung in S. in B., für die eine Gesamtmiete von 423,34 EUR (Bruttokaltmiete 316,00 EUR; Vorauszahlung für Heiz- und Warmwasseraufbereitungskosten 107,34 EUR) zu zahlen war. Am 09.01.2011 stellte sie einen Antrag auf Wohnungswechsel nach G. Sie wollte dort eine 45 m² große Wohnung beziehen. Zur Begründung führte sie an, sie wolle ihre in G. lebende Mutter pflegen. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 07.03.2011 ab mit der Begründung, der Umzug sei nicht erforderlich. Die Klägerin zog gleichwohl zum 01.04.2011 in eine 45 m² große Wohnung in M. mit einer Gesamtmiete von 279,50 EUR (Bruttokaltmiete 232,50 EUR, Heizkosten 45,00 EUR). Sie bezog im April und Mai 2011 vom Jobcenter Landkreis G. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, wobei Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe von 279,50 EUR berücksichtigt wurden.
Am 17.05.2011 stellte die Klägerin beim Beklagten einen neuen Leistungsantrag. Sie gab an, dass sie ab dem 01.06.2011 in einer 60 m² großen Wohnung in der K. Straße in B. wohne. Für die Wohnung war nach der eingereichten Mietbescheinigung eine Gesamtmiete von monatlich 380,00 EUR (Grundmiete 260,00 EUR, Vorauszahlung kalte Betriebskosten 44,00 EUR, Vorauszahlung Heiz- und Warmwasseraufbereitungskosten 76,00 EUR) zu entrichten. Die Beheizung der Wohnung erfolgt über Erdgas. Das Haus, in dem sich die Wohnung befindet, hat eine Gebäudefläche von insgesamt 340 m². Die Warmwasseraufbereitung erfolgt über die Heizungsanlage. Der Beklagte bewilligte der Klägerin ab Juni 2011 zunächst nur Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe der zuvor vom Jobcenter Landkreis G. übernommenen Kosten von 279,50 EUR.
Die Klägerin beantragte am 24.04.2013 die Weiterbewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit ab 01.06.2013. Der Beklagte bewilligte ihr darauf hin mit Bescheid vom 29.05.2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für Juni bis November 2013 in Höhe von monatlich 703,67 EUR. Dabei berücksichtigte er nunmehr Unterkunfts- und Heizkosten in der von ihm als angemessen erachteten Höhe von monatlich 321,67 EUR (Grundmiete und kalte Betriebskosten 255,00 EUR, Heizkosten 66,67 EUR). Bei der Kürzung der kalten Unterkunftskosten stützte sich der Beklagte auf die Verwaltungsvorschrift des Landkreises Wittenberg zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites und Zwölftes Buch (II und XII). In dieser Verwaltungsvorschrift wird der Landkreis Wittenberg in drei Wohnungsmarkttypen unterteilt. Im Wohnungsmarkttyp III, der aus den Städten Annaburg, Bad Schmiedeberg, Jessen, Kemberg und Zahna-Elster besteht, wird für den streitigen Zeitraum für einen 1-Personen-Haushalt eine Bruttokaltmiete von maximal 255,00 EUR als angemessen angesehen. Hinsichtlich der Heizkosten wandte der Beklagte den Bundesweiten Heizspiegel 2012 an und multiplizierte ausgehend von einer Beheizung mit Erdgas und einer Gebäudefläche von 251 bis 500 m² den Wert der rechten Spalte mit der nach der Verwaltungsvorschrift für einen 1-Personen-Haushalt angemessenen Wohnungsgröße von 50 m², um das Ergebnis anschließend auf 12 Monate aufzuteilen.
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin legte am 17.06.2013 Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.05.2013 ein (W ...). Zur Begründung führte sie an, die Verwaltungsvorschrift des Landkreises Wittenberg zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung beruhe nicht auf einem schlüssigen Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), sodass der Klägerin in Anlehnung an die Werte der Wohngeldtabelle weitere Leis...