Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. angemessene Unterkunftskosten. Landkreis Wittenberg. Nichtvorliegen eines schlüssigen Konzepts. Festlegung des Vergleichsraums. Clusteranalyse. fehlende Repräsentativität der Datenerhebung
Leitsatz (amtlich)
Grundsicherung für Arbeitsuchende - Unterkunft und Heizung - Angemessenheit der Unterkunftskosten - Fünfpersonenhaushalt im Landkreis Wittenberg - Nichterfüllung der Anforderungen an ein schlüssiges Wohnkonzept
Orientierungssatz
1. Der Landkreis Wittenberg verfügt über kein schlüssiges Konzept, da einerseits nicht gewährleistet ist, dass Substandardwohnungen nicht doch in die Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten eingeflossen sind, und anderseits Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern aus der Datenerhebung herausgenommen worden sind.
2. Die vorgenommene Clusteranalyse kann nicht die Festlegung eines Vergleichsraums ersetzen, wenn die Kriterien für einen homogenen Lebens- und Wohnbereich wie räumliche Nähe und verkehrstechnische Verbundenheit gerade keine Berücksichtigung gefunden haben.
3. Die erhobenen und in das Verfahren eingeführten Daten sind nicht dazu geeignet, den gesamten relevanten Mietwohnungsmarkt zuverlässig abzubilden, wenn eine Konzentration der Leistungsberechtigten auf bestimmte Stadtbezirke (sog Ghettobildung) nicht auszuschließen ist.
Tenor
Unter Abänderung des Bescheides vom 3. Juli 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 6. Dezember 2013 und 14. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2014 wird der Beklagte verurteilt, den Klägern weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für August 2013 bis Dezember 2013 in Höhe von monatlich 142,75 Euro und für Januar 2014 in Höhe von 123,58 Euro zu gewähren.
Der Beklagte hat den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Die Kläger begehren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für den Zeitraum vom 1. August 2013 bis 31. Januar 2014.
Die 1980 geborene Klägerin zu 1) und ihre am ... 1997, ... 1999, ... 2001 und ... 2010 geborenen Kinder, die Kläger zu 2) bis 5), standen bei dem Beklagten im fortlaufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Für die Kläger zu 2) bis 5) wurde jeweils Kindergeld bezogen. Der Kläger zu 5) erhielt zudem Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von 133,00 Euro. Die Klägerin zu 1) hatte keine anderweitigen Einkünfte.
Die Kläger bewohnten seit 2006 eine ca. 121 m² große 4-Raum-Wohnung in der Lutherstadt Wittenberg zur Miete. Dafür waren 783,00 Euro zu zahlen (Grundmiete: 480,00 Euro, sonstige Nebenkosten: 133,00 Euro, Heizkosten [Gas]: 170,00 Euro), welche der Beklagte zunächst als Bedarf berücksichtigte. Warmwasser wird durch Strom separat bereitet. Dafür gewährte der Beklagte jeweils einen Mehrbedarf für die Warmwasseraufbereitung.
In der Anlage zum Bewilligungsbescheid vom 29. August 2011, in welchem Leistungen für alle Kläger bewilligt worden waren, wies der Beklagte darauf hin, dass die Kosten für den angemieteten Wohnraum sowie die Heizkosten als unangemessen anzusehen seien. Die Kläger würden aufgefordert, die derzeitigen Kosten der Unterkunft unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 29. Februar 2012 auf ein angemessenes Maß zu senken. Sollte eine Senkung nicht erfolgen, wäre der Differenzbetrag zwischen den tatsächlichen und den angemessenen Kosten durch die Kläger selbst zu tragen. Für einen 5-Personen-Haushalt würden die angemessenen Kosten der Unterkunft (Grundmiete und kalte Betriebskosten) derzeit monatlich 470,25 Euro betragen. Als angemessene Heizkosten sei der Wert entsprechend des aktuellen Heizspiegels mit einer angemessenen Wohnfläche von 95 m² anzusetzen. Ab März 2012 berücksichtigte der Beklagte dann einen Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe von 470,25 Euro sowie 127,46 Euro und ab August 2012 in Höhe von 470,25 Euro sowie 126,67 Euro.
Mit Bescheid vom 3. Juli 2013 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft für den Zeitraum vom 1. August 2013 bis 31. Januar 2014 Leistungen (August 2013 bis Oktober 2013: monatlich 1300,03 Euro, November 2013: 1318,69 Euro, Dezember 2013 und Januar 2014: monatlich 1335,02 Euro). In der Bedarfsberechnung legte der Beklagte bei den Unterkunftskosten einen Betrag von 470,25 Euro und bei den Heizkosten von 126,67 Euro zugrunde. Die Kürzung belief sich damit auf 142,75 Euro und 43,33 Euro monatlich. Auf den Kindesbedarf rechnete der Beklagte das jeweilige Kindergeld bzw. die UVG-Leistungen an.
Gegen den Bewilligungsbescheid vom 3. Juli 2013 legten die Kläger am 6. August 2013 Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, dass die Absenkung der Kosten der Unterkunft aufgrund der Richtlinie rechtswidrig sei. Diese beruhe nicht auf einem schlüssigen Konzept. Die erhobenen Daten seien nicht ausreichend. Die Angemessenheitsprüfung habe nach den Werten der Wohngeldtabelle sta...