Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Beitragsrecht. Baugewerbe. Beitragshaftung des Generalunternehmers gem § 150 Abs 3 Alt 2 SGB 7 idF vom 23.7.2002. Exkulpationsmöglichkeit. Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung

 

Orientierungssatz

1. Eine Haftung des Generalunternehmers gem § 150 Abs 3 Alt 2 SGB 7 idF vom 23.7.2002 entfällt, wenn dieser nachweist, dass er bei der Auswahl des Nachunternehmers die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmanns angewandt hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Generalunternehmer zum Zeitpunkt der Auswahl des Nachunternehmers eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des zuständigen Unfallversicherungsträgers vorlegen konnte (vgl BSG vom 27.5.2008 - B 2 U 11/07 R = BSGE 100, 243 = SozR 4-2700 § 150 Nr 3).

2. Die Vorlage einer Originalunbedenklichkeitsbescheinigung ist nur dann erforderlich, wenn im konkreten Fall der Verdacht einer Fälschung besteht.

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 08.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2009 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin und die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 17.441,50 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides, mit dem die Beklagte die Klägerin für rückständige Unfallversicherungsbeiträge der Firma T GmbH in Haftung nimmt.

Die Firma T GmbH war seit dem 04.07.2001 Mitglied der Beklagten.

Mit Beschluss vom 07.03.2005 lehnte das Amtsgericht Bielefeld einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der T GmbH mangels Masse ab.

Am 22.06.2005 erteilte die Beklagte für die Firma T GmbH drei Beitragsbescheide für die Jahr 2001, 2002 und 2003. Dabei verlangte die Beklagte von der Firma T GmbH für das Jahr 2001 einen Gesamtbeitrag in Höhe von 8.302,84 EUR, für das Jahr 2002 in Höhe von 18.482,27 EUR und für das Jahr 2003 in Höhe von 25.442,53 EUR. Diese Beiträge wurden von der Firma T GmbH nicht gezahlt.

Mit Schreiben vom 06.11.2007 wandte sich die Beklagte an die Klägerin und teilte ihr mit, seit dem 01.08.2002 haftet derjenige Unternehmer des Baugewerbes, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen beauftrage, für die Erfüllung der Zahlungspflicht dieses Unternehmers wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Nach Kenntnis der Beklagten habe die Firma T GmbH im Auftrag der Klägerin auf den Baustellen Altenheim T1 in N, A AG & Co in X, C in I Bauleistungen im Sinne des § 175 Abs. 2 SGB III erbracht. Die Firma T GmbH sei ihren Zahlungsverpflichtungen der Beklagten gegenüber trotz Mahnung und Zwangsvollstreckung nicht nachgekommen. Das Amtsgericht Bielefeld habe ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma T GmbH mangels Masse abgelehnt. Damit bestehe Zahlungsunfähigkeit. Daher werde ein Haftungsanspruch aus dem Auftragsverhältnis dem Grunde nach geltend gemacht. Es bestehe Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30.11.2007.

Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 08.11.2007 mit, eine Inanspruchnahme aufgrund von § 150 Abs. 3 SGB VII werde abgelehnt. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg habe mit Urteil vom 18.06.2007 entschieden, dass die fehlende Verweisung in § 150 Abs. 3 SGB VII auf die Exkulpationsmöglichkeiten des § 28 e Abs. 3 b - f SGB IV auf einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers beruhe und dass diese Exkulpationsmöglichkeiten bei der Anwendung des § 150 Abs. 3 SGB VII heranzuziehen seien. Es werde davon ausgegangen, dass diese Rechtssprechung durch das Bundessozialgericht bestätigt werde. Da die Beklagte der Firma T GmbH in der Zeit vom 04.07.2001 bis zum 13.11.2003 nicht weniger als fünf Unbedenklichkeitsbescheinigungen ausgestellt habe und diese auf Nachfrage der Klägerin von der Firma T zur Verfügung gestellt worden seien, habe die Klägerin sich im ausreichenden Maße vergewissert, dass die Firma T ihren Verpflichtungen gegenüber der Beklagten nachgekommen sei. Die Regelung des § 28 e Abs. 3b SGB IV sei daher vorliegend anwendbar und eine Inanspruchnahme der Klägerin komme nicht in Betracht.

Mit Schreiben vom 30.01.2008 wandte sich die Beklagte erneut an die Klägerin. Sie vertrat darin die Auffassung, die in den § 28 e Abs. 3b ff. SGB IV aufgeführten Entlastungsmöglichkeiten beträfen nicht den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Firma T sei ihren Zahlungsverpflichtungen der Beklagten gegenüber trotz Mahnung und Vollstreckung nicht nachgekommen und für das Jahr 2003 einen Beitrag in Höhe von 35.345,65 EUR schuldig geblieben. Die Firma T habe im Jahr 2003 Bauleistungen im Auftrag der Klägerin ausgeführt. Es sei daher beabsichtigt, die Klägerin nach § 150 Abs. 3 SGB VII für den nicht gezahlten Beitragsanteil in Höhe von 17.441,50 EUR haftbar zu machen und einen entsprechenden Bescheid zu erteilen. Es bestehe Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von vier Wochen.

Am 08.05.2008 erteilte die Beklagte einen "Bescheid über Beitragshaftung als Auftraggeber" nach § 150 Abs. 3 SGB VII in Verbindun...

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