Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Prüfverfahrensvereinbarung. materiell-rechtliche Ausschlussfrist. gesetzliche Ermächtigungsgrundlage
Leitsatz (amtlich)
1. Aus der Prüfverfahrensvereinbarung (juris: PrüfvVbg) folgen keine materiell-rechtlichen Ausschlussfristen, weil es insofern an einer dem Vorbehalt des Gesetzes genügenden hinreichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage fehlt. § 17c Abs 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) genügt diesen Anforderungen nicht. Dies ergibt sich aus einer grammatikalischen, systematischen, historischen und teleologischen Auslegung der Regelungen in § 17c Abs 2 KHG und §§ 275 ff Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
2. Ungeachtet dessen ist § 7 Abs 2 S 3 PrüfvV seitens der Vertragspartner auch nicht als materiell-rechtliche Ausschlussfrist konzipiert.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.943,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.10.2015 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für eine Krankenhausbehandlung.
Der am 00.00.1965 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Herr N C wurde in der Zeit vom 15.08.2015 bis 08.09.2015 im Krankenhaus der Klägerin stationär behandelt. Die Aufnahme erfolgte notfallmäßig wegen des Verdachts auf eine Rezidivpneumonie.
Die Klägerin stellte der Beklagten am 13.10.2015 für diesen Aufenthalt auf Grundlage der DRG A09F (Beatmung ) 499 Stunden, ohne komplexe OR-Prozedur, ohne Polytrauma, Alter ) 15 Jahre, ohne komplizierende Konstellation, ohne intensivmedizinische Komplexbehandlung ) 1470/1380/1380 Aufwandspunkte, ohne komplexe Diagnose oder Prozedur) Kosten in Höhe von 32.826,45 EUR in Rechnung, woraufhin die Beklagte am 30.10.2015 einen Betrag von 24.883,37 EUR beglich.
Mit einem Schreiben vom 29.10.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die DRG A11G (Beatmung ) 249 Stunden, ohne komplexe oder bestimmte OR-Prozedur, ohne intensivmedizinische Komplexbehandlung ) 588/828/1104 Aufwandspunkte, ohne kompliz. Konstellation, Alter ) 15 Jahre, ohne komplexe Diagnose od. Prozedur, mit äußerst schweren CC) lauten müsse. Daher habe sie nur 24.883,37 EUR überwiesen.
Die Beklagte leitete ein Prüfverfahren durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. In einem Schreiben vom 30.10.2015 zeigte der MDK gegenüber der Klägerin die Prüfung des Falles an. Konkret führte er aus, dass er die medizinische Notwendigkeit und die Dauer der stationären Behandlung sowie die DRG und Beatmungsstunden überprüfen solle. Er bat um Übersendung sämtlicher Behandlungsunterlagen, die geeignet seien, die Fragestellungen der Beklagten beantworten zu können bzw. die zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt würden. Unabhängig von der von der Klägerin vorzunehmenden Auswahl an Fallunterlagen werde auf jeden Fall um Überlassung einer Kopie des Entlassungsberichts und ggf. des OP- bzw. Interventionsberichtes gebeten. Der MDK setzte der Klägerin eine Frist bis zum 27.11.2015.
Der MDK führte in einem Gutachten vom 09.05.2016 durch Dr. L aus, dass die stationäre Aufnahme und die Verweildauer nicht zu beanstanden seien. Abzurechen sei jedoch auf Grundlage der DRG E77F (Infektionen und Entzündungen der Atmungsorgane mit komplexer Diagnose oder äußerst schweren CC). Die von der Klägerin mitgeteilten Beatmungsstunden seien zudem nicht korrekt. Die Klägerin habe keine Beatmungsprotokolle zur Beurteilung eingereicht. In den vorgelegten intensivmedizinischen Kurvenblättern finde sich keine Dokumentation der Beatmung. Die von der Klägerin geltend gemachten 566 Beatmungsstunden seien auf Grundlage der eingereichten Unterlagen daher nicht plausibel. Schließlich sei auch die Prozedur 8-987.13 (Komplexbehandlung nicht auf spezieller Isoliereinheit: Mindestens 21 Behandlungstage) nicht zu bestätigen. In dem MDK-Gutachten wurde mitgeteilt, dass der Entlassungsbericht, die Patientenakte in Auszügen, OPS-301-Datensätze sowie die Krankenhausabrechnung zur Begutachtung vorgelegen hätten.
In einem Schreiben vom 24.05.2016 teilte die Beklagte der Klägerin das Ergebnis des MDK-Gutachtens mit und bat um entsprechende Rechnungskorrektur. Dem kam die Klägerin nicht nach.
Mit der am 04.09.2018 erhobenen Klage begehrt die Klägerin ihrerseits die noch offene Zahlung aus dem streitigen Behandlungsfall in Höhe von 7.943,08 EUR. Zur Begründung führt sie aus, dass die Abrechnung nicht zu beanstanden sei. Die Beatmungsstunden ergäben sich aus den Beatmungsprotokollen. Ferner habe die Beklagte gegen § 8 Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) verstoßen, weil sie in ihrer Leistungsentscheidung pauschal auf das MDK-Ergebnis Bezug genommen habe, ohne die wesentlichen Gründe ihrer Leistungsentscheidung darzulegen. Aus der PrüfvV ergebe sich weder eine Einschränkung der gerichtlichen Amtsermittlung noch ein materiell-rechtlicher Ausschlu...