Entscheidungsstichwort (Thema)
Genehmigungsfiktion eines Leistungsanspruchs des Versicherten bei nicht rechtzeitiger Bescheidung des Antrags
Orientierungssatz
1. Erfolgt bei einem Leistungsantrag des Versicherten innerhalb der in § 13 Abs. 3a SGB 5 genannten Fristen keine schriftliche Mitteilung des hinreichenden Grundes für eine nicht rechtzeitige Bescheidung, so gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.
2. Die hinreichende Mitteilung über die Gründe der Verzögerung setzt zwingend eine ausdrückliche schriftliche Klarstellung voraus, welche gesetzliche Entscheidungsfrist einschlägig ist und warum diese nicht eingehalten werden kann.
3. Durch die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB 5 gilt die Genehmigung der beantragten Leistung durch einen fingierten Verwaltungsakt als erlassen. Die Krankenkasse ist mit allen Einwendungen ausgeschlossen, insbesondere im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB 5.
4. Die Genehmigungsfiktion gilt sowohl für einen Sachleistungs- als auch einen Kostenerstattungsanspruch.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 07.08.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2015 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Antrag des Klägers auf Kostenübernahme für eine bariatrische Operation vom 28.10.2013 als genehmigt gilt.
Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme für eine bariatrische Operation.
Der 1968 geborene Kläger ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Er leidet unter u.a. an Adipositas und einer Erkrankung des Bewegungsapparates. Bei einer Körpergröße von ca. 180 cm beträgt sein Gewicht ca. 190 kg.
Mit Schreiben vom 28.10.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine bariatrische Operation (Magenbypass). Er gab an, konventionelle Maßnahmen der Gewichtsreduzierung hätten bisher keinen Erfolg gehabt.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 05.11.2013 mit, man beabsichtige den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) einzuschalten. Vorher solle der Kläger weitere Unterlagen in Form von ausgefüllten Fragebögen einreichen.
Die geforderten Unterlagen reicht der Kläger bei der Beklagten im April bzw. Mai 2014 ein.
Am 12.05.2014 wurde der Kläger zu einer Untersuchung beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) eingeladen.
Dr. X (MDK) kam in seinem Gutachten vom 04.07.2014 nach persönlicher Untersuchung des Klägers am 27.05.2014 zu dem Ergebnis, der Kläger könne weiterhin auf konventionelle Methoden zur Gewichtsreduzierung verwiesen werden.
Mit Bescheid vom 07.08.2014 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag des Klägers ab.
Hiergegen hat der Kläger Widerspruch eingelegt und ärztliche Stellungnahmen von Prof. Dr. G (St.-G1-Hospital C) und von Dr. O vorgelegt, die die streitige Operation befürworteten.
Dr. M (MDK) bestätigte in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 23.10.2014 die Einschätzung von Dr. X vom 04.07.2014
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.2015 als unbegründet zurück. Sie führt aus, der Kläger könne auf konventionelle Behandlungsmethoden zur Gewichtsreduzierung entsprechend eines Basisprogramms nach den Leitlinien der Deutschen Adipositas Gesellschaft verwiesen werden.
Am 25.02.2015 hat der Kläger Klage erhoben. Er vertritt die Auffassung, der Leistungsantrag gelte als genehmigt, da die Beklagte nicht innerhalb der gesetzlichen Fristen hierüber entschieden habe.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 07.08.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2015 aufzuheben und festzustellen, dass sein Antrag auf Kostenübernahme für eine bariatrische Operation vom 28.10.2013 als genehmigt gilt.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages bezieht sich die Beklagte auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide. Darüber hinaus macht sie geltend, eine verspätete Entscheidung über den Leistungsantrag führe nicht zu einem Anspruch auf eine nicht notwendige bariatrische Operation.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen. Die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten waren Gegenstand der Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.
Die Klage ist zulässig. Richtige Klageart ist gemäß §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung, dass sein Antrag auf Kostenübernahme für eine bariatrische Operation als genehmigt gilt. Als berechtigt gilt ein Interesse jeglicher wirtschaftlicher und ideeller Art. Es besteht insbesondere bei U...