Entscheidungsstichwort (Thema)
Fiktion der Genehmigung einer beantragten Leistung bei Versäumung der Entscheidungsfrist durch die Krankenkasse
Orientierungssatz
1. Durch die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a SGB 5 gilt ein Antrag des Versicherten auf Kostenübernahme für eine Leistung als genehmigt, wenn die Krankenkasse nicht innerhalb der in den Sätzen 1 bis 7 dieser Vorschrift benannten Fristen entscheidet. Notwendig ist, dass der Antrag vollständig, hinreichend bestimmt und bei der zuständigen Krankenkasse gestellt ist. Die Krankenkasse ist gemäß § 20 SGB 10 zur umfangreichen Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet.
2. Um die Entscheidungsfristen des § 13 Abs. 3a SGB 5 wahren zu können, ist die Krankenkasse gehalten, den MDK unverzüglich einzuschalten und dies dem Versicherten auch unverzüglich anzuzeigen.
3. Bei Versäumung der Frist ist die Krankenkasse durch die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB 5 mit allen Einwendungen ausgeschlossen, insbesondere im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB 5.
4. Die Genehmigungsfiktion gilt nicht nur für Kostenerstattungsansprüche. § 13 S. 6 und 7 SGB 5 gewähren mittels der Genehmigungsfiktion sowohl einen Sachleistungs- als auch einen Kostenerstattungsanspruch.
Tenor
Unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 01.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2015 wird festgestellt, dass der Antrag der Klägerin vom 25.11.2013 auf Kostenübernahme für eine Verkleinerung der Brüste als genehmigt gilt.
Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme für eine operative Verkleinerung der Brüste.
Die 1954 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Sie leidet unter einer Makromastie beider Brüste.
Unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung beantragte die Klägerin am 25.11.2013 bei der Beklagten die Gewährung einer operativen Verkleinerung beider Brüste.
Mit Schreiben vom 26.11.2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass weitere Auskünfte zu den bisher durchgeführten Therapien der diagnostizierten Rückenbeschwerden benötigt würden. Erst wenn diese Angaben vorliegen würden, könnte der Antrag zur Stellungnahme an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) weitergeleitet werden.
Mit Schreiben vom 28.11.2013 begründete die Klägerin ihren Antrag weiter, verwies auf die Feststellungen der sie behandelnden Ärzte und stellte der Beklagten anheim, Befundberichte einzuholen.
Nach einem Vermerk bat die Beklagte am 03.12.2013 die Klägerin um Übersendung einer Fotodokumentation.
Mit Schreiben vom 08.09.2014 überreichte die Klägerin weitere ärztliche Unterlagen.
Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schriftsatz vom 15.09.2014 mit, dass sie über den Antrag auf Kostenübernahme innerhalb von 5 Wochen zu entscheiden habe, da mittlerweile der MDK eingeschaltet worden sei.
In einem Gutachten vom 24.09.2014 kam Dr. M (MDK) zu der Einschätzung, bei der Klägerin bestehe keine Indikation für eine operative Verkleinerung der Brüste.
Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 01.10.2014 ab.
Am 15.10.2014 hat die Klägerin Klage erhoben.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.2015 als unbegründet zurück.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 01.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2015 festzustellen, dass ihr Antrag auf Kostenübernahme vom 25.11.2013 für eine Verkleinerung der Brüste als genehmigt gilt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend, eine Genehmigungsfiktion sei nicht eingetreten, da die Klägerin nur einen unvollständigen Antrag vorgelegt habe und selber davon ausgegangen sei, dass die Nachreichung weiterer Unterlagen notwendig wäre. Darüber hinaus sei eine operative Verkleinerung der Brüste medizinisch nicht indiziert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten waren Gegenstand der Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.
Richtige Klageart ist gemäß §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage. Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung, dass ihr Antrag vom 25.11.2013 als genehmigt gilt. Als berechtigt gilt ein Interesse jeglicher wirtschaftlicher und ideeller Art. Es besteht insbesondere bei Unsicherheit über die Rechtslage. Hier bestreitet die Beklagte einen Leistungsanspruch der Klägerin, was ein Feststellungsinteresse begründet.
Die Klage ist auch begründet. Durch die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 Sozialgesetzbuch ...